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20.000 Menschen demonstrierten in Berlin gegen Corona-Auflagen

Von nachrichten.at/apa   02.August 2020

Nach Schätzungen der Polizei schlossen sich bis zu 17.000 Menschen einem Demonstrationszug an, rund 20.000 beteiligten sich anschließend an einer Kundgebung. Die Demonstranten forderten ein Ende aller Auflagen.

Da bereits während der Demonstration die Hygiene-Regeln nicht eingehalten wurden, stellte die Polizei Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung. Der erklärte den Demonstrationszug am Nachmittag für beendet. Weil auch auf der anschließenden Kundgebung viele Demonstranten weder die Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, begann die Polizei am frühen Abend, die Versammlung aufzulösen. Die Veranstalter seien nicht in der Lage, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, sagte ein Polizeisprecher.

Großdemo gegen Corona-Auflagen in Berlin

Zu der Demonstration unter dem Motto "Das Ende der Pandemie - Tag der Freiheit" hatte die Initiative "Querdenken 711" aufgerufen. In Stuttgart hat diese Initiative bereits wiederholt demonstriert. Kritiker dieser Proteste befürchten eine Vereinnahmung durch Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten. Den Titel "Tag der Freiheit" trägt auch ein Propagandafilm der Nazi-Ikone Leni Riefenstahl über den Parteitag der NSDAP 1935.

Michael Ballweg, Gründer der Initiative, sagte zum Auftakt der Kundgebung unter dem Jubel der Teilnehmer: "Das Freiheitsvirus hat Berlin erreicht." Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn schrieb dagegen auf Twitter: "Ja, Demonstrationen müssen auch in Corona-Zeiten möglich sein. Aber nicht so." Abstand, Hygieneregeln und Alltagsmasken dienten dem Schutz aller.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schrieb auf Twitter: "Tausende Covidioten feiern sich in Berlin als "die zweite Welle", ohne Abstand, ohne Maske." Gefährdet würden damit auch Erfolge im Kampf gegen die Pandemie wie die Belebung von Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Der italienische EU-Kommissar Paolo Gentiloni twitterte, eine solche Idee von Freiheit sei nicht zum Lachen. "Das ist beängstigend."

Am Abend war die Lage in Berlin noch unübersichtlich. Die Polizei erklärte die Kundgebung für beendet, von der Bühne aus rief ein Polizist die Teilnehmer mehrfach dazu auf, nach Hause zu gehen. Dabei wurde er immer wieder von lautem Buh-Geschrei unterbrochen. Später wurden die Teilnehmer darauf hingewiesen, dass sie eine Ordnungswidrigkeit begingen.

Großdemo gegen Corona-Auflagen in Berlin

Viele Demonstranten wanderten ab oder verteilten sich auf den Wiesen des angrenzenden Tiergartens. Etwa 3.000 versammelten sich zwischenzeitlich vor dem nahen Reichstag und am Bundeskanzleramt. Vor der Bühne der Kundgebung hielt sich zunächst noch ein harter Kern der Teilnehmer, gegen den die Polizei in kleinen Gruppen von beiden Seiten vorging. Demonstranten wurden angesprochen, aber auch abgeführt oder weggetragen. Am Abend rechnete die Polizei mit einem baldigen Ende des Einsatzes.

Während der mehrstündigen Demonstration waren Einsatzkräfte zunächst mit Lautsprecherdurchsagen oder Einzelansprachen vorgegangen. "Darüber hinaus werden Verstöße dokumentiert, so dass auch im Nachgang die Ahndung von Verstößen möglich ist", kündigte die Polizei an. Als die Demonstration für beendet erklärt wurde, hatte der Zug sein Ziel nahe des Brandenburger Tores bereits erreicht.

Die Polizei ging "in der Spitze" von etwa 17.000 Teilnehmern bei dem Protestzug aus. "Eine exorbitant höhere Zahl, die laut verschiedener Tweets durch uns genannt worden sein soll, können wir nicht bestätigen", erklärte sie. Veranstalter hatten zunächst 500.000 Teilnehmer angekündigt und für die Demonstration 10.000 angemeldet. Am Nachmittag wurde auf der Kundgebungsbühne erst von 800.000, dann von 1,3 Millionen Menschen gesprochen.

In dem Protestzug durch weite Teile von Berlin-Mitte waren trotz Hinweisen von Polizei und Veranstaltern kaum Menschen mit Mund-Nasen-Schutz zu sehen. Passanten mit entsprechendem Schutz wurde von den Demonstranten "Masken weg" entgegengerufen.

Zu größeren Zwischenfällen kam es zunächst nicht. An mehreren Stellen wurden Protestzug und Gegendemonstranten von Polizeieinheiten abgeschirmt, an einer Stelle demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen den Protestmarsch. Gegendemonstranten unter dem Motto "Omas gegen rechts" riefen dem Zug "Nazis raus" entgegen, der Spruch schallte als Echo zurück.

Bei den Demonstranten waren Ortsschilder und Fahnen verschiedener Bundesländer zu sehen. Ihrem Unmut über die Schutzmaßnahmen machten die Menschen mit Trillerpfeifen und Rufen nach "Freiheit" oder "Widerstand" Luft. Auch Parolen wie "Die größte Verschwörungstheorie ist die Corona-Pandemie" waren zu hören.

18 Polizisten bei Auflösung von Demo verletzt

Bei der Auflösung der Kundgebung von Gegnern staatlicher Corona-Auflagen in Berlin sind am Samstag 18 Polizeibeamte verletzt worden. 

Drei Polizisten mussten im Krankenhaus behandelt werden, wie die Polizei Sonntagfrüh über Twitter mitteilte.

Trotz steigender Infektionszahlen hatten Tausende Menschen gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie protestiert. Nach Schätzungen der Polizei schlossen sich bis zu 17.000 Menschen einem Demonstrationszug an, rund 20.000 beteiligten sich anschließend an der Kundgebung. Weil dort viele Demonstranten weder die Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, begann die Polizei am frühen Abend, die Versammlung aufzulösen. Insgesamt waren laut Polizeiangaben 1.100 Beamte im Einsatz.

Großdemo gegen Corona-Auflagen in Berlin

Verärgerte Reaktionen aus der Politik

Nach der Großdemonstration von Corona-Leugnern in Berlin herrscht in der deutschen Politik Ärger und Unverständnis über die Teilnehmer. Zugleich wurden Forderungen nach einer härteren Gangart bei Verstößen gegen Corona-Auflagen laut.

CSU-Chef Markus Söder sprach sich angesichts der steigenden Infektionszahlen gegen weitere Lockerungen und für höhere Bußgelder aus. "Wir müssen damit rechnen, dass Corona mit voller Wucht wieder auf uns zukommt", sagte Söder der "Bild am Sonntag".

Bei der Demonstration von gut 20.000 Corona-Leugnern am Samstag wurden Abstandsregeln und Maskenpflicht bewusst missachtet. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte, Demonstrationen müssten zwar auch in Corona-Zeiten möglich sein. "Aber nicht so. Abstand, Hygieneregeln und Alltagsmasken dienen unser aller Schutz", schrieb er auf Twitter. SPD-Chefin Saskia Esken twitterte: "Tausende Covidioten feiern sich in Berlin als 'die zweite Welle', ohne Abstand, ohne Maske."

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte in der RBB-"Abendschau", es ärgere ihn maßlos, dass Menschen aus anderen Teilen Deutschlands nach Berlin kämen, um hier ein Demonstrationsrecht auf Grundlage von Hygieneregeln wahrzunehmen, die sie dann missachteten.

Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe): "Mir fehlt jedes Verständnis für Demonstranten, die sich hierüber selbstherrlich hinwegsetzen." Es sei gut, dass die Polizei "konsequent durchgegriffen" habe.

"Zweite Welle praktisch schon da"

Söder warnte, "wenn wir nicht aufpassen, kann bei uns wieder eine Situation wie im März entstehen". Gefragt sei "absolute Wachsamkeit", deshalb sei "jetzt nicht die Zeit für neue Lockerungen oder naive Unvorsichtigkeit". Viele Menschen seien im Umgang mit dem Virus leider leichtsinniger geworden, sagte der CSU-Chef weiter. Dazu gehörten auch die "extremen Lockerer und Verschwörungstheoretiker, die alle Maßnahmen schnellstens aufheben wollten".

Die zweite Welle sei "praktisch doch schon da", sagte der bayerische Ministerpräsident. "Sie schleicht durch Deutschland. Je schneller wir handeln, desto geringer sind die Folgen." Vor diesem Hintergrund lehnte Söder Fußballspiele mit Zuschauern zum Start der neuen Saison ab. Die Deutsche Bahn forderte er auf, dafür zu sorgen, dass die Fahrgäste die Maskenpflicht einhalten. Auch Rückkehrer aus einem Risikogebiet, die sich einem Corona-Test verweigerten, sollten mit einem Bußgeld belegt werde.

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25. April 2024