TikTok: Gute Laune, böse Absichten?
Chinesische App immer beliebter, aber politische und Datenschutzbedenken häufen sich.
In der Welt von TikTok ist alles gut. Junge, attraktive Menschen singen und tanzen, führen Zaubertricks vor oder versuchen, einen Basketball mit Bierflasche darauf fallenzulassen und das Getränk dann aufzufangen und zu trinken. Das Grundprinzip sind kurze Videos mit Musikuntermalung, die den Nutzer unterhalten, ohne die Aufmerksamkeitsspanne zu überfordern. Wie bei anderen sozialen Netzwerken werden verwandte Inhalte über Hashtags gruppiert, man kann Nutzern folgen und Inhalte, die einem gefallen, "liken". Anhand dieser Likes und Nutzer, denen man folgt, erstellt ein schlauer Algorithmus einen Feed, der dem Nutzer Inhalte vorschlägt, die ihm zusagen könnten. Selbst suchen ist nicht notwendig, die App weiß schnell, was einem gefällt und was nicht.
Rasanter Aufstieg
Im September 2016 wurde die App in China veröffentlicht, seit bald zwei Jahren ist TikTok auch im Westen verfügbar. In dieser kurzen Zeit hat TikTok eine Nutzerbasis von mehr als 800 Millionen Usern aufgebaut, Tendenz steigend. Auch die Corona-Krise hat der Plattform einen enormen Nutzeransturm beschert. Besonders beliebt ist die App bei Teenagern und jungen Erwachsenen, mehr als 40 Prozent der User sind jünger als 25 Jahre. Laut einer kürzlich veröffentlichten Liste von BrandZ ist TitTok nun mit einem geschätzten Wert von 1,19 Billionen Dollar eine der hundert wertvollsten Marken der Welt.
Doch mit dem kometenhaften Aufstieg steigt auch die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. So hat Indien die App am Montag verboten. Ein schwerer Schlag, denn der chinesische Nachbar war für einen großen Teil des rasanten Nutzerzuwachses verantwortlich. Hintergrund für den Bann sind die politischen Spannungen zwischen China und Indien. Doch hinter der offiziellen Begründung, in der die nationale Sicherheit und Datenschutzbedenken als Gründe angeführt wurden, steckt mehr als nur ein Vorwand.
Politische Inhalte unerwünscht
Wie vielen erfolgreichen chinesischen Firmen wird ByteDance, dem in Peking ansässigen Unternehmen hinter TikTok, eine Nahbeziehung zur chinesischen Regierung nachgesagt. So verschwinden etwa Beiträge, die das Tian’anmen-Massaker erwähnen. Auch Inhalte, die mit den Protesten in Hong Kong zu tun haben, werden unterbunden. Dies geschieht entweder durch direkte Sperren, oder durch den allmächtigen Algorithmus, der die betreffenden Inhalte einfach nicht im Feed anderer Nutzer auftauchen lässt.
Diese Kontrolle, was Nutzer über politisch brisante Inhalte – vor allem China betreffend – posten können, ist auch der Grund, warum TikTok in anderen Staaten zunehmend Kritik erntet.
Hinzu kommen Datenschutzbedenken. Ein Reddit-Nutzer, der die App nach eigenen Angaben untersucht hat, berichtet in einem Beitrag, dass die App wesentlich mehr Daten sammeln würde als Facebook, Instagram oder Twitter. Bereits im März hatte die Website mysk.co berichtet, dass TikTok neben anderen Apps auf iOS-Geräten kopierte Texte aus der Zwischenablage auslesen würde.
Ob TikTok nun eine harmlose Social-Media-App oder ein chinesischer Angriff auf die globale Meinungsfreiheit ist, lässt sich aktuell nicht beantworten. Die Debatte um TikTok macht allerdings wieder einmal deutlich, dass Handlungsbedarf besteht, was die Regulierung von Macht und Einfluss sozialer Netzwerke in unserer globalen Gesellschaft betrifft.