Wenig Schutz bei Hass im Netz
LINZ / WIEN. Beleidigungen und sexistische Postings sind nicht vom Strafrecht abgedeckt. Änderungen werden diskutiert, wie sie erfolgen sollen, ist umstritten
Eine junge Frau wird auf Facebook aufs Übelste beleidigt und erhält sexuell erniedrigende Nachrichten. Als sie die Botschaften öffentlich macht, klagt sie der Lokalbesitzer, von dessen Computer die Zeilen geschickt wurden, erfolgreich wegen Verleumdung. Der Fall der Ex-Grünen-Abgeordneten Sigrid Maurer hat in den vergangenen Wochen viel Aufsehen erregt. Hass im Internet, Menschen, die unter dem Deckmantel der Anonymität Beleidigungen in Sozialen Netzwerken, per E-Mail oder in Zeitungsforen aussprechen, sind aber allgegenwärtig.
Wer sich gegen Drohungen und sexistische Postings zur Wehr setzen möchte, hat gemäß der aktuellen Rechtslage kaum Möglichkeiten: "Eine Beleidigung liegt nur vor, wenn sie vor mindestens drei Personen ausgesprochen wurde. Bei Hasspostings oder E-Mails fehlt daher die Mindestpublizität. Dasselbe gilt für den Tatbestand der üblen Nachrede", sagt Renè Haumer. Er ist Rechtsanwalt in der Linzer Kanzlei Haslinger/Nagele. Beim Cybermobbing werde vom Täter eine gewisse Beharrlichkeit gefordert. Eine einzelne Nachricht sei deshalb zu wenig.
Der Tatbestand der sexuellen Belästigung sei ebenfalls nicht erfüllt, weil dafür ein körperlicher Übergriff vorausgesetzt werde. Auch eine gefährliche Drohung liegt laut Haumer zumeist nicht vor: Der Beleidiger wünsche dem Betroffenen zwar etwas Schlimmes, drohe aber zumeist nicht damit, selbst tätig zu werden.
Ergebnisoffene Diskussion
Den Opfern mehr Möglichkeiten in die Hand zu geben, um sich zur Wehr zu setzen, scheint also notwendig. Eine mögliche Änderung des Strafrechts sehen Rechtsanwälte aber kritisch: "Das Strafrecht ist die schärfste Waffe, die der Staat einsetzen kann", sagt Oliver Plöckinger. Er ist Rechtsanwalt in der Linzer Kanzlei SCWP. Eine Weiterentwicklung des Strafrechts müsse man sich gut überlegen. Auch Renè Haumer ist dafür, die aktuelle Diskussion ergebnisoffen zu führen: Ein entsprechender Tatbestand könne auch im Verwaltungsstrafrecht verankert werden. Möglichkeiten biete zudem das Zivilrecht: "Ich kann auch gemäß § 1330 ABGB Widerruf, Unterlassung und Schadenersatz aufgrund von Ehrenbeleidigung fordern." Allerdings trage der Kläger hier das volle Kostenrisiko: Geht der Prozess verloren, müssen dem Gegner die Kosten ersetzt werden.
Ein weiteres Problem: Die Poster, die anonym ihre Botschaften absetzen, sind zumeist schwer auszuforschen. Plöckinger kann sich in diesem Zusammenhang vorstellen, auch bei den Privatanklagedelikten ein Ermittlungsverfahren durch Gericht oder Staatsanwaltschaft zuzulassen.
Stichworte
Privatanklagedelikt: Beleidigung und üble Nachrede sind Privatanklagedelikte. Das heißt, dass das Opfer selbst gegen den Täter einen Strafantrag einbringen muss. Es gibt kein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft (StA). Wird der Täter freigesprochen, trifft den Privatankläger das Kostenrisiko. Alle anderen Delikte sind Offizialdelikte: Polizei und StA ermitteln selbstständig. Dem Opfer drohen keine Kosten.
Sonderfall Medienrecht: Liegt ein Straftatbestand in einem elektronischen Medium, etwa dem Forum einer Zeitung, vor, kommen die Sonderbestimmungen des Mediengesetzes zur Anwendung.
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Um jetzt wieder nach dieser hitzigen Zeit zur Vernunft zu kommen, sei auf einige Dinge hingewiesen.
Auch jetzt kann man sich erfolgreich gegen Beleidigung und üble Nachrede wehren.
Wenn es elektronische Beweise gibt, dann ist ein Schuldspruch sehr wahrscheinlich.
Hasskommentare sind selbstverständlich abzulehnen. Auch in der realen Welt. Doch wie will man das exekutieren?
Das ist wie bei Deutsch am Pausenhof. Was kann da beleidigt. gehasst und gemobbt werden ohne Konsequenzen?
Es sollte das Verwaltungsstrafrecht ausreichend sein, denn in dieser Zeit würde wahrscheinlich die Polizei mit zusätzlichen Aufgaben überfordert.
Abzulehen ist einen "Kontobesitzer" für Taten anderer haftbar zu machen. Das geht in Richtung "Sippenhaft".
Im speziellen Fall hat Fr. Maurer neben der DSGVO auch gegen das Mediengesetz verstossen. Sie ist also nicht nur Opfer, sondern auch Täterin. Sie hat den Namen des Weinhändlers öffentlich gemacht und ihm dem Spott und Hass preisgegeben.
Der Händler wurde sogar bedroht! Das geht in der Diskussion leider wieder unter.
Die Prominenz von Frau Maurer nützt ihr in den Medien.
Was macht die Justiz, wenn von einem "Facebookkonto" aus dem fernen Ausland oder einem mit falschen Daten aus beflegelt wird?
Dieser Ansatz es müsse wieder das Strafrecht bemüht werden ist wohl überschießend.
Man sollte sich lieber einmal um die kümmern, die sich in der realen Welt nicht wehren können und tagtäglich Aghressionen ausgesetzt sind.
Diese Opfer interessieren niemand, denn die sind nicht prominent, für die wird nicht gespendet und die geben auch in den Medien nichts her - was bedeutet, dass sie für die Medien uninteressant sind.
Hasskommentare sind selbstverständlich abzulehnen. Auch in der realen Welt. Doch wie will man das exekutieren? ---
Das Klima, aus dem sie kommen, nicht zusätzlich fördern. Bei uns keine Effen und RR anderswo mehr an die Macht.