"Wie sag ich’s meinem Vater?"
Angehörige im Dilemma: Die Älteren sind fahruntauglich, doch wer nimmt ihnen den Zündschlüssel weg? Vor allem Demenzkranke fallen bei Eignungstest durch.
Das Durchschnittsalter steigt und steigt. Im Vorjahr lag die Lebenserwartung bei 79,5 (Männer) bzw. 84,2 (Frauen) Jahren. Eine Begleiterscheinung dieses Trends ist, dass der Anteil der Senioren im Straßenverkehr kontinuierlich steigt. Stellt sich die Frage: Wann ist ein Mensch noch fahrtauglich – und wann nicht? "Das ist unabhängig vom Alter", sagt ein Arzt. "Es kommt auf den körperlichen und geistigen Zustand des Lenkers bzw. der Lenkerin an."
Das Problem wird ausgelagert
"Bei uns melden sich immer mehr Angehörige", erzählt Edith Grünseis-Pacher, die Gründerin des Club Mobil. Der Club bietet Fahr-Eignungstests nicht nur für beeinträchtigte Menschen, sondern auch Senioren an. Denn viele Kinder fragen sich: "Wie sag ich’s meinem Vater, dass er nicht mehr fahrtauglich ist?" Und lagern das Problem aus – an den Club Mobil. Denn schließlich wollen die Kinder ja ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben.
Drei Viertel der etwa 500 Kursteilnehmer pro Jahr hatten einen Schlaganfall oder eine Gehirnblutung erlitten oder sind an Parkinson, MS oder einer Muskeldystrophie erkrankt. Die restlichen 25 Prozent leiden an Demenz. Und gerade diese Gruppe nehme zahlenmäßig stark zu, sagt Grünseis-Pacher.
79,1 Jahre im Durchschnitt
Das Durchschnittsalter der Demenzkranken lag bei 79,1 Jahren, der Rest pendelte sich bei 60 Jahren ein.
Auf den standardisierten Praxis-Eignungstest werden die Teilnehmer mit 16 Punkten vorbereitet: Wie verhalte ich mich in einem Kreisverkehr (Vorrang, Blinken)? Fährt der Teilnehmer in der Mitte seiner Fahrspur ("Teilnehmer mit einer neurologischen Erkrankung haben meist einen Linksdrall")? Werden Verkehrszeichen wahrgenommen ("Welches Taferl war da eben zu sehen?")? Und so weiter.
Während 44 Prozent der jüngeren Gruppe (Schlaganfall, Parkinson usw.) den Eignungstest bestehen, fallen bei den Demenzkranken praktisch alle durch. Die Erfolgsquote liegt bei lediglich 1,7 Prozent.
"Wir hatten in der Vorwoche vier Teilnehmer aus dieser Gruppe. Alle haben ihre Fahrkünste selbst mit ‚Sehr gut‘ oder ‚Gut‘ beurteilt, dabei waren alle glatt durchgefallen", sagt Grünseis-Pacher. Bemerkenswert ist, dass alle Teilnehmer ihre Fahrt über die Autobahn sehr gut in Erinnerung hatten. "Die Route hatte allerdings nicht über die Autobahn geführt."
Der Club Mobil
Nach ihrem katastrophalen Verkehrsunfall Anfang der 1990er-Jahre gründete Edith Grünseis-Pacher 1997 den Club Mobil. In den Anfangsjahren nahmen vor allem Patienten mit einer neurologischen Akuterkrankung (Schlaganfall, Gehirnblutung etc.) am Eignungstest teil, seit drei Jahren starten immer mehr Demenzkranke. Anmeldung über die Homepage des Clubs Mobil (clubmobil.at), per E-Mail (office@clubmobil.at) oder Handy (0664/213304).