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"Zu wenig Strom" und andere Hindernisse

Von Carsten Hebestreit   23.Februar 2019

Seit mehr als 110 Jahren entwickeln Techniker Verbrennungsmotoren. Trotz der langen Zeit sind weder der Benziner noch der Diesel in puncto Effizienz ausgereizt. Sowohl beim Verbrauch als auch bei den Abgasen kann noch nachjustiert werden. Und zwar entscheidend, wie Ingenieure versichern.

Doch Kraftstoff verheizende Triebwerke sind in Zeiten der Luftreinhaltung nicht mehr opportun. Wer Auto fährt, fühlt sich immer öfter wie ein Verbrecher, der die Allgemeinheit – vor allem Städter – vorsätzlich schädigt.

Auf der untadeligen Seite der Welt freilich fährt, wer mit einem E-Auto unterwegs ist, so die unverblümte Botschaft. Keine lokalen Emissionen sowie leises Fahren – das hat Zukunft. Wird zumindest von einer lautstarken Minderheit vermittelt.

Die Topografie beschert Österreich einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien. Das ist auf den ersten Blick gut für die Öko-Bilanz von E-Autos. Wie der ökologische Fußabdruck von E-Modellen mit großen Akkus tatsächlich ausschaut, darüber lässt sich vorzüglich diskutieren. Studien liegen für Gegner als auch für Befürworter der E-Mobilität zuhauf auf.

Acht Jahre lang fahre ein E-Auto einem Diesel ökologisch hinterher, weil die Produktion des Akkus arg viele Ressourcen verbrauche, besagt eine plakative skandinavische Expertise. Der Konter des heimischen Umweltbundesamtes (UBA) folgte prompt. Da seien falsche Parameter verwendet worden, lautet der Einwand. Das E-Auto (inklusive Akku-Fertigung) sei viel sauberer, als die Skandinavier weismachen möchten. Ping-Pong-Spiele wie diese verunsichern Kunden.

In dieser aufgeheizten Stimmung ist trotzdem klar, wer böse und wer gut ist. Nach dem Diesel-Skandal hat ausnahmslos der Verbrenner den Schwarzen Peter, die E-Mobilität hingegen genießt Vorfahrt. Das Erdöl-Land Norwegen gilt als Vorzeige-Staat in Sachen E-Autos. Finanzielle wie praktische Anreize (Befahren von Busspuren, Gratis-Parken usw.) befeuern den Absatz. Doch alle Versuche, dieses skandinavische Modell zumindest in Teilen zu kopieren, erreichten nicht oder nur kaum die Erfolge von Oslo.

Österreich knackte dank Steuervorteilen und konkreten Förderungen zumindest den Zwei-Prozent-Marktanteil in der Zulassungsstatistik 2018 – was als riesiger Erfolg gefeiert wird. Freilich gilt auch hier der Umkehrschluss: 98 Prozent der neu zugelassenen Pkw werden von Verbrennern angetrieben. Das relativiert den Jubel.

Was auch die E-Mobilität bremst, ist das eingeschränkte Angebot an Elektro-Modellen. Die OÖN-Motor-Redaktion testete jüngst sechs verschiedene E-Autos: vom e-Smart über den Jaguar I-Pace bis hin zum Renault Zoe. Die Erfahrungen waren teils ernüchternd.

Wo laden? Dies ist die erste Frage, mit der E-Automobilisten konfrontiert sind. Daheim, lautet die Standardantwort. Weil daheim der Strom billig und die Standzeit lang ist. Doch was ist, wenn das Daheim in der Stadt liegt? Dann muss an öffentlichen Ladepunkten Energie gezapft werden.

Mehr als 18 Stunden Ladezeit zeigte der Hyundai Kona an. Laut Prospekt hätten’s 14 sein dürfen. Der Strom-Lieferant, die Linz AG, überprüfte auf OÖN-Bitte die Wallboxen. Alles in Ordnung, hieß es. Die Ursache für die verlängerte Ladezeit bleibt also rätselhaft. Das Phänomen trat übrigens auch bei zwei anderen Modellen auf.

Unterwegs helfen Schnelllader – wie jene von Smatrics. In Loosdorf an der A1 funktionierte die Jaguar-Ladekarte nicht ("Kein Smatrics-Partner" – inzwischen wurde aber ein Pakt geschlossen), die Smatrics-App akzeptierte den QR-Code an der Ladesäule nicht, die Dame der Smatrics-Hotline schaltete nach einigem Hin und Her den CCS-Stecker dann frei. Der geladene Strom wurde bis heute nicht verrechnet.

Smatrics, diesmal die Säule gegenüber der Linzer Tabakfabrik: "Zu wenig Strom vorhanden!" Wenn der E-Mobilist, der nebenan den CHAdeMO-Stecker verwendet, fertig geladen hat, dann wird die Elektrizität für den CCS-Stecker freigegeben. Das kann dauern...

Ein Linzer Mediziner versucht in der Tiefgarage der Ärztekammer eine Wallbox auf seine Kosten installieren zu lassen. Die Kammer lehnt ab. Denn sie müsste auch andere Maßnahmen ergreifen, die Kosten müsste die Kammer tragen. Tatsächlich bremsen Verordnungen den nachträglichen Einbau von Ladestationen in privaten wie genossenschaftlichen Tiefgaragen. Wohnungsgenossenschaften blocken regelmäßig ab. "Reine Willkür", lautet die Kritik. Verkehrsminister Norbert Hofer versprach bei der Eröffnung der Vienna Autoshow 2019 Abhilfe.

Noch ein Hindernis wurde im OÖN-Test offenkundig: Welcher Ladepunkt ist frei? Und: Wie viel kostet exakt eine Kilowattstunde? Eine App könnte helfen. Das wäre das Fachgebiet der E-Control, die schon den Spritpreisrechner verlässlich organisiert. Umsetzung? Ungewiss!

Und dann wäre da noch die Reichweite, die oft nur die Hälfte der Werksangabe erreicht. Der Ankaufspreis von E-Autos wiederum kann rasch eine Schnappatmung hervorrufen. Und der Vergleich macht indes (noch) sicher: Verbrenner sind deutlich billiger als E-Modelle.

Fazit: Das Leben als E-Mobilist muss minutiös durchstrukturiert werden – wegen der Suche nach Ladesäulen und der überschaubaren Reichweiten. Spontanität? Fehlanzeige! So bleibt die E-Mobilität weiter in einer Nische.

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23. April 2024