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Weltverbesserung als Franchisesystem

03.Oktober 2020

Sozialpädagoge und Referent für Nachhaltigkeit Hans Glück vom Verein "Katholisches Kreisbildungswerk Traunstein" im Gespräch.

OÖN: Wie sind Sie auf den Begriff "enkeltauglich leben" gestoßen?

Hans Glück: Nachhaltig leben, das ist schon sehr fad, das Wort ist verbrannt, wir brauchten etwas Neueres. Der bekannte Ökonom Niko Paech hat den Begriff verwendet und bringt es auf den Punkt: So leben, dass die Enkel noch eine schöne Welt haben.

Wie sind Sie auf die Idee zum Enkeltauglich-Spiel gekommen?

Wir hatten Christian Felber, Gründer der Gemeinwohl-Ökonomie, eingeladen und der hat uns ein bisserl angefixt. Wir wollten in der Region etwas machen. Franz Galler, Tobias Trübenbach und ich haben bei uns im Verein und bei sieben anderen Unternehmen die Gemeinwohlbilanz etabliert. Wir wollten das aber auch auf Privatleute herunterbrechen. Deshalb haben wir das spielerische Projekt "Enkeltauglich leben" geplant.

Erklären Sie uns bitte, wie das Spiel funktioniert!

Es gibt eine Gruppe von fünf bis zehn Teilnehmern, die treffen sich einmal im Monat über ein halbes Jahr und diskutieren vorerst über verschiedene Themen wie ökologische Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Demokratie, Solidarität, Menschwürde. Dann packt sich jeder selbst beim Schopf und nimmt sich eine Aufgabe vor, die er bis zum nächsten Mal machen will. Zum Beispiel mit dem Rad statt dem Auto in die Arbeit fahren. Das wird dann bewertet.

Wie verbreitet sich das Spiel?

Wir haben uns ein soziales Franchisesystem überlegt. Jeder, der das Spiel schon einmal durchgespielt hat, kann zu uns zu einem Ausbildungswochenende kommen und dann das Spiel anbieten. 2018 haben wir die ersten drei Leute ausgebildet und jetzt sind’s vierzig.

Die Erfolgsbilanz bisher?

60 Spiele, 400 Mitstreiter, 2000 weltverändernde Aktionen.

Tatsächlich weltverändernd?

Natürlich muss sich strukturell auch einiges verändern, um zu einem enkeltauglichen Leben zu kommen, aber wenn jeder bei sich selbst anpackt, ist das schon ein riesiger Hebel.

Braucht es nicht eine Veränderung der übergeordneten Struktur, sprich des Wirtschaftssystems, damit das Ruder im Sinne des Klimaschutzes herumgerissen werden kann?

Definitiv. Aber wenn man bei sich selbst ansetzt und gemeinsam Sachen umsetzt, ist man eine Gruppe, die auch Forderungen in die Welt posaunen kann. Beispiel: Eine Spielerin von uns hat durch Gespräche erreicht, dass in ihrer Stadt Glyphosat nicht mehr eingesetzt wird.

Ist Wachstum weiterhin die Zukunft oder geht es jetzt ums Downsizing, ums Schrumpfen, zumindest in der ersten Welt – zugunsten der dritten Welt?

Aus meiner Laiensicht müsste das so sein. Wenn man die Glücksforschung ansieht, erkennt man, dass das Glück nur so lange steigt, bis die Grundbedürfnisse befriedigt sind, und das ist in der ersten Welt für die meisten Menschen gegeben, im globalen Süden aber nicht.

Provokant gefragt: Wäre es für die überbevölkerte Erde nicht am allerbesten, wenn man auf Kinder und Enkel überhaupt verzichten würde?

Naja, wenn es keinen mehr gäbe, der die Welt bevölkert, wäre das auch sinnlos. Die Prognosen lauten, dass sich die Zahl der Menschen auf hohem Niveau bei elf Milliarden einpendelt. Das Problem ist weniger die Anzahl der Menschen, sondern das, was jeder für sich in Anspruch nimmt. Laut einer neuen Studie von Oxfam ist die Hälfte des Ressourcenverbrauchs nicht, wie man bisher geglaubt hat, auf die globale Mittelschicht zurückzuführen, sondern auf die reichsten zehn Prozent.

Welche politischen Forderungen leiten sie daraus ab?

Dass das Privatvermögen gerechter verteilt werden muss. Mit dem Betriebsvermögen ist das eine andere Geschichte. Aber wenn die Jachten herumstehen, dann hat der Mensch definitiv schon zu viel des Guten.

www.enkeltauglich-leben.org

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28. März 2024