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Frühling mitten im Winter: "Der ganze Zyklus der Natur ist am Kippen"

Von Alfons Krieglsteiner   10.Jänner 2020

Wie das alte Jahr geendet hat, so beginnt das neue: Auch im Jänner war es bisher um zwei Grad zu warm, dazu gibt es bei den Niederschlägen ein Minus von mehr als 60 Prozent. Und es wird noch frühlingshafter: Kommende Woche erreichen die Höchstwerte zwölf Grad, es bleibt trocken. Eine nachhaltige Umstellung der Wetterlage hin zu einem Kaltluftvorstoß mit Schneefall bis in tiefe Lagen ist laut Meteorologen nicht in Sicht.

Das hat gravierenden Folgen für die Natur. Elf Grad hatte es gestern Mittag beim Grünberg in Gmunden. "Ein Wahnsinn!", sagt der Naturbeobachter Heinrich Metz: "Das Gras wächst und wächst, die Schafe mit ihren Lamperln sind schon auf den Weiden."

Oleander auf der Veranda

Winterweizen und Wintergerste waren noch nie so weit entwickelt wie heuer: "Normalerweise sind sie um die Zeit durch den Schneedruck fahlgelb, heuer ganz dunkelgrün." Und der Oleander verbringt den Winter bisher durchgängig auf der Veranda im Freien.

Der Eindruck, dass die Natur schon in Aufbruchstimmung ist, verstärkt sich beim Gang durch den Garten. "Der Winterling, der sonst frühestens um den 30. Jänner blüht, schiebt schon seine gelben Blütenknospen heraus", sagt Metz. Anfang kommender Woche wird er seine Blüte voll entfalten. Und an den Süßkirschen sind die "Potzen" (= Knospen) schon so dick wie noch nie um diese Zeit.

Keine guten Aussichten für die Früchte: "Die frühen Jahre sind die Katastrophenjahre", zitiert Metz einen überlieferten Spruch aus der Kirschenregion Traunstein. Weil sie dann für Spätfröste besonders anfällig sind. Noch prekärer wird es für die Marillen: Kommt nicht bald eine die Entwicklung hemmende Kältephase, werden sie viel zu früh aufblühen. Dann ist die Gefahr eines Totalausfalls groß.

Ähnlich das Bild im Botanischen Garten und beim Linzer Biologiezentrum. "Auch bei uns lassen sich schon die Winterlinge sehen, die Schneeglöckchen kommen heraus", sagt Botaniker Martin Pfosser. Besonders an sonnenverwöhnten Südhängen sei die Entwicklung weit fortgeschritten.

Auch für die Tierwelt birgt das Extremwetter Gefahren. Fledermäuse erwachen frühzeitig aus dem Winterschlaf, dann droht ihnen der Hungertod. Das gilt auch für den Igel: "Ihm kann man über die Notzeit hinweghelfen, wenn man ihm Katzenfutter oder spezielles Igelfutter anbietet", sagt Pfosser.

"Wir erleben jetzt, wie der ganze Zyklus der Natur am Kippen ist", sagt Metz. Als Beispiel nennt er die Weiden: Ihre Kätzchen sind im Vorfrühling die wichtigsten Pollenquellen für die Fluginsekten.

Normalerweise erscheinen die Palmkätzchen um den 20. Februar. Diesmal ist es anders: Schon jetzt ragen die Kätzchen halb aus den Blütenschalen. Demnächst werden sie aufblühen und Pollen bilden, viel zu früh für die Bienen. "Wenn sie ausschwärmen, sind die Weiden abgeblüht und es fehlt den Bienen an Tracht für die Brut", so Metz. Auch die Weidenraupen werden zu der Zeit, wenn die Meisen damit ihre erste Brut füttern wollen, ihren Entwicklungszyklus bereits abgeschlossen haben.

Die Pollen sind im Anflug

Schon in ein, zwei Wochen erwartet Roland Schmidt, der mit seiner Frau Jutta den Pollenwarndienst des Landes OÖ. leitet, bei Hasel und Schwarzerle erste Pollenbelastungen besonders im Zentralraum. Das ist um einen Monat früher als noch in den 1990er-Jahren. Die gute Nachricht für Allergiker: Bei milden Temperaturen hält sich die Pollenmenge in Grenzen, erst nach einer Kältephase schnellt die Produktion in die Höhe.

 
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