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Sterbenden Partner getötet: Schuldspruch wegen Mordes

23.Oktober 2019

Es war ein bewegender Prozess, der gestern im Wiener Landesgericht zu Ende ging. Eine 53 Jahre alte Wienerin musste sich wegen Mordes verantworten, weil sie im April 2018 im Wiener AKH bei ihrem im Sterben liegenden, 70 Jahre alten Lebensgefährten den Beatmungsschlauch und die Magensonde entfernt hatte.

"Das ist ein bewegender Fall, der für die Gesellschaft spannend ist. Was darf man mit einem Sterbenden tun?", hatte Staatsanwalt Martin Ortner am Ende der Verhandlung erklärt.

Die Angeklagte habe keine Sterbehilfe geleistet, sondern "im Rausch Unfug getrieben" (sie hatte sich kurz vor dem Besuch am Spitalsbett aus einer Wodkaflasche betrunken, Anm.) und "einen absurden Mord" begangen. Ein derartiges Verhalten sei nicht zu tolerieren: "Dann können S’ auf jeder Intensivstation in Österreich einen Wega-Beamten hinstellen. Und zu einer Erbtante zwei."

Der Verteidiger meinte demgegenüber: "Für sie war es eine Frage der Ehre, der Liebe, das zu tun." Der 70-Jährige – von einem schweren Herzleiden, einer Herzoperation und zwei Nierentransplantationen gezeichnet – habe seiner Partnerin das Versprechen abgenommen, ihn von seinem Leiden zu erlösen, sollte es mit ihm zu Ende gehen. Als er auf die Intensivstation verlegt und die Frau angerufen wurde, damit sie sich von dem Sterbenden verabschieden könne, habe sie "das Versprechen erfüllt". Als gläubige Katholikin habe die 53-Jährige wirklich sehr schwer mit sich gerungen.

Wie der Sachverständige für Intensivmedizin, Rudolf Likar, ausführte, war der Patient zum Zeitpunkt, als die Schläuche gezogen wurden, nicht mehr bei Bewusstsein: "Der Sterbeprozess war im Gange." Der Mann wäre auch ohne Zutun der 53-Jährigen gestorben. Man habe ihn nur noch mit Schmerzmitteln versorgt, um Angehörigen die Möglichkeit zu geben, sich von ihm zu Lebzeiten zu verabschieden.

Auf Basis dieser Ausführungen bemerkte der Staatsanwalt: "Sie hat ihm zwei Stunden seines Lebens genommen, ohne Sinn." Die Angeklagte sei wegen Mordes zu verurteilen. In diesem Fall sei aber Platz für die vom Gesetz vorgesehene außerordentliche Strafmilderung.

"Würde es wieder machen"

Davon machte das Schwurgericht dann auch Gebrauch und verhängte eine deutlich unter der Mindeststrafe angesiedelte Strafe. Eine gänzlich bedingte Strafnachsicht kam für das Gericht nicht infrage, weil die 53-Jährige angegeben hatte, sie würde – wäre sie noch einmal in derselben Situation – "es wieder machen".

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnte der Frau das Gefängnis erspart bleiben. Sie wäre eine geeignete Fußfessel-Kandidatin: Wenn die zu verbüßende Strafzeit zwölf Monate nicht übersteigt, kann ein Antrag auf den elektronisch überwachten Hausarrest gestellt werden.

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