Partner in Niederösterreich vergiftet: 20 Jahre Haft und Unterbringung
KORNEUBURG. Eine 32-Jährige ist am Mittwochabend am Landesgericht Korneuburg wegen zweifachen Mordversuchs an ihrem ehemaligen Lebensgefährten zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.
Der Artikel wurde zuletzt um 20:25 Uhr aktualisiert.
Ausgesprochen wurde auch die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Die Angeklagte hatte die Mordversuche bestritten.
Die Beschuldigte soll 2022 im Bezirk Gänserndorf ihren damaligen Lebensgefährten vergiftet haben, der in der Folge fast erblindete. Später dürfte sie dem 42-Jährigen mit Schlafmittel versetzte Muffins gegeben und Schnitte am Unterarm zugefügt haben. Mit einer fingierten Messerattacke gegen sich selbst soll die Frau in der Folge versucht haben, den Niederösterreicher zu belasten.
Die Geschworenen bejahten die beiden Hauptfragen nach Mordversuch im Verhältnis von 6:2 bzw. 8:0. Einstimmig schuldig gesprochen wurde die 32-Jährige auch wegen falscher Beweisaussage und Verleumdung. Mildernd wurde bei der Strafbemessung gewertet, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Hinzugekommen sind laut der vorsitzenden Richterin das teilweise Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und die leichte Herabsetzung der Dispositionsfähigkeit. Als erschwerend galten das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen, die massiven Folgen beim Opfer sowie dass die Taten gegen einen Angehörigen gerichtet wurden.
Laut einem psychiatrischen Gutachten von Peter Hofmann, ist die Niederösterreicherin zwar zurechnungsfähig, leidet aber an einer Persönlichkeitsstörung. Bei der 32-Jährigen sei das "Lügen hochkrankheitswertig", es liege "eine sehr schwere Form des Lügens" vor, sagte Hofmann. Ausgegangen werden müsse davon, dass in absehbarer Zeit und mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut strafbare Handlungen mit schweren Folgen von der Frau gesetzt werden könnten. Angeführt wurden vom Gutachter hier schwere absichtliche Körperverletzungen bis hin zu Tötungsdelikten. Gegen eine positive Prognose sprechen laut Hofmann die mangelnde Krankheitseinsicht sowie die schlechte soziale Perspektive.
"Spezialgetränk" und Muffins
Im Kern ging es in dem Schwurprozess um drei Punkte, die beiden Mordversuche und eine fingierte Messerattacke. Zunächst soll die Beschuldigte bei einer privaten Party am 8. Juli 2022 ihrem damaligen Partner Methanol und psilocybinhaltige Pilze (Magic Mushrooms) in einem "Spezialgetränk" verabreicht haben. Der 42-Jährige wurde fast blind und erlitt eine Methanolvergiftung. Der Tod sei nur durch eine intensivmedizinische Therapie mit Vornahme einer Blutwäsche verhindert worden, betonte die Staatsanwältin am ersten Prozesstag in der Vorwoche. Die Sehleistung des Mannes sei "nicht verbesserbar", befand ein Gutachter am Mittwoch. Der 42-Jährige könne sich lediglich "grob orientieren", so der Augenarzt.
Zu einem weiteren Mordversuch soll es in der Nacht auf den 3. November 2022 gekommen sein. Nach dem Verzehr von Muffins und Tabletten - verabreicht wurden ihm auf diese Weise größere Mengen der Medikamente Rohypnol und Sirdalud - wurde der 42-Jährige mit Schnittverletzungen am Unterarm ins Krankenhaus gebracht.
Drei Millionen Euro Erbe?
Die Angeklagte hatte im Zusammenhang mit dem Vorfall einen Suizidversuch des 42-Jährigen infolge des von ihr zuvor verkündeten Beziehungs-Aus ins Treffen geführt. Tatsächlich soll sie selbst dem Mann die Wunden zugefügt haben, so der Vorwurf. Das Opfer überlebte abermals nur knapp. Als Motiv gilt, dass die Beschuldigte im Testament ihres Lebensgefährten vorübergehend als Alleinerbin eingesetzt war und bei seinem Tod ein Vermögen von rund drei Millionen Euro erhalten hätte.
Erhebungen gegen die 32-Jährige nahmen später ihren Lauf. Mitte Mai 2023 war die Angeklagte dann mit Bauchverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden und hatte von einer Messerattacke ihres nunmehrigen Ex-Partners berichtet. Belastet wurde dieser u.a. auch durch Spuren, die von seiner ehemaligen Lebensgefährtin gelegt und präpariert worden waren.
Der Mann wurde festgenommen und kam in U-Haft. Ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes wurde in der Folge aber eingestellt. Laut einem Gutachten hätte der 42-Jährige aufgrund seiner massiv beeinträchtigten Sehleistung nicht entsprechend agieren können. Umfangreiche Ermittlungen ergaben, dass die 32-Jährige den Mordversuch an ihr fingiert haben soll, sich Bauchstiche sowie weitere Verletzungen selbst zugefügt haben dürfte. Die Frau wurde schließlich am 14. Juli des Vorjahres festgenommen.
"Unglaubliche Meisterschaft, sehr authentisch zu lügen"
Rund um die fingierte Messerattacke habe die Beschuldigte ein "Lügengebäude" samt mehreren instrumentalisierten Personen aufgebaut, führte der Sachverständige Hofmann aus. Bei der Tatrekonstruktion habe die Angeklagte anwesende Experten "über Stunden angelogen", sodass ihr vorerst geglaubt worden sei. Vorliegend sei eine "unglaubliche Meisterschaft, sehr authentisch zu lügen".
Von der Beschuldigten wurden die beiden Mordversuche indes dezidiert bestritten. Zu Vorwürfen der falschen Beweisaussage und der Verleumdung - die 32-Jährige soll auch ihre Tochter sowie Bekannte zu falschen Behauptungen angestiftet haben - bekannte sich die Niederösterreicherin in weiten Teilen schuldig. "Ich könnt' nie in meinem Leben einem Menschen was antun. Ich würde sowas nie übers Herz bringen", sagte die Frau am Ende der Verhandlung.
"Eine Meisterin der Manipulation"
Mehr als 30 Zeugen und vier Sachverständige seien in den nunmehr fünf Prozesstag gehört worden, blickte die Staatsanwältin in ihrem Schlussvortrag zurück. "Die Angeklagte ist eine Meisterin der Manipulation", resümierte sie. "Fallen Sie nicht auch auf die Angeklagte hinein", sagte die Staatsanwältin in Richtung der Geschworenen. "Sagen Sie Ja zur Verurteilung", appellierte auch Opferanwalt Arthur Machac. Er selbst habe eine "derartige kriminelle Energie" in seiner juristischen Laufbahn "noch nie gesehen".
Verteidiger Sascha Flatz hielt dagegen, dass seine unbescholtene Mandatin dem 42-Jährigen bei beiden inkriminierten Vorfällen das Leben durch die Alarmierung der Rettung gerettet habe. "Das zeigt für mich, dass sie ihn eben nicht umbringen wollte." Darüber hinaus sei kein schlüssiges Motiv dargelegt worden, die Beschuldigte sei kein materieller Mensch. Insgesamt gebe es in dem Fall "viel zu viele Widersprüche".