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Frauenmorde Nummer zehn und elf: "Schrecklich, was hier passiert ist"

Von Robert Stammler   07.Mai 2021

Eine propere Einfamilienhaussiedlung westlich der Landeshauptstadt Salzburg mit gepflegten Gärten. Da und dort sieht man einen Swimmingpool. Vis-à-vis liegt ein Feld, das einen freien Blick auf die Berchtesgadener Alpen bietet. Wer hier in Wals-Siezenheim wohnt, gehört nicht zur Unterschicht.

Vor dem cremefarbenen Haus in der Edelweißstraße ist das Gartentor sperrangelweit offen, doch das rot-weiß-rote Absperrband der Polizei verhindert den Zugang zu dem Anwesen – auf dem in der Nacht auf Donnerstag zwei Frauen, die 50-jährige Helga B. und ihre gleichnamige Mutter (76), erschossen worden sind.
Sie sind die Opfer Nummer zehn und elf in einer Serie von mutmaßlichen Frauenmorden, die seit Jahresanfang in Österreich begangen wurden. „Ich kannte sie seit vielen Jahren“, sagt eine 81-jährige Anrainerin im Gespräch mit den „Salzburger Nachrichten“. „Schrecklich, was da passiert ist.“

Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um einen Privatdetektiv (51) aus Salzburg. Er soll der Ex-Freund der 50-Jährigen gewesen sein. Die Tatwaffen, zwei Pistolen, dürfte er legal besessen haben. Nachbarn hörten gegen 23.45 Uhr einen lautstarken Streit und daraufhin Schüsse. Ein Zeuge sah, wie ein Mann weglief. Die Polizei fand die beiden Leichen im Eingangsbereich des Hauses der Tochter. Die Mutter wohnte im Gebäude nebenan.

Am Wolfgangsee festgenommen

Sofort wurde eine Alarmfahndung nach dem 51-jährigen Gottfried O. eingeleitet. Inzwischen flüchtete dieser mit dem Auto Richtung Wolfgangsee. Am Handy rief er eine Bekannte an und sprach ihr auf die Mobilbox: Er habe die Frauen erschossen und wolle sich nun selbst das Leben nehmen, sagte er.

Auch den Polizei-Notruf wählte er. „Er hat in dem Gespräch mit der Leitstelle die Taten gestanden und Suizidabsichten geäußert“, sagt Hans Wolfgruber von der Pressestelle der Salzburger Polizei. Im Verlauf des Gespräches versuchten speziell geschulte Beamte, den 51-Jährigen zur Aufgabe zu überreden. Schließlich wurde er auf einem Campingplatz in Abersee zwischen Strobl und St. Gilgen aufgespürt. Er saß auf einer Parkbank und ließ sich widerstandslos festnehmen. Die zwei geladenen Glock-Pistolen samt Munition wurden sichergestellt. Der Verdächtige sei nicht durch Alkohol oder Drogen beeinträchtigt gewesen. „Er hat den Tatablauf gestanden, aber keine Angaben zum Motiv gemacht“, so Wolfgruber. Der 51-Jährige sei zwar „amtsbekannt“, die Anschuldigungen gegen ihn stünden aber in beruflichem Zusammenhang. So sei der Privatdetektiv zum Beispiel von überführten Ladendieben angezeigt worden.

Anzeige wegen Stalking

Bei den Sicherheitsbehörden schlug die problematische Beziehung bereits zu Jahreswechsel auf, wie Elena Haslinger von der Staatsanwaltschaft Salzburg im OÖN-Gespräch mitteilte. Demnach hatte Helga B. den späteren Mordverdächtigen im Jänner 2021 wegen Stalking angezeigt. Zuvor hatte der Detektiv eine Anzeige gegen ihren Bruder eingebracht: Dieser würde sich in die Beziehung „einmischen“ und sei „aggressiv“. Doch beide Anzeigen seien eingestellt worden, sagt die Sprecherin. Denn aus beiden Anzeigen sei kein Anfangsverdacht hervorgegangen. Heuer im Jänner habe es dann bei der Polizei in Wals ein „klärendes Gespräch“ zwischen den beiden Parteien gegeben, beide Seiten hätten daraufhin „Abstand von ihren Anzeigen“ genommen, sagte Haslinger.

„Was muss eigentlich noch passieren, damit endlich ernsthaft, seriös und nachhaltig gehandelt wird?“, fragte gestern Klaudia Frieben, die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings. Die Regierung habe die „Dramatik noch nicht erkannt“. Zahlreiche Frauenorganisationen seien zu dem Runden Tisch der Bundesregierung, der nächste Woche stattfinden soll, nicht eingeladen worden, kritisierte Frieben.

„Problem mit Männergewalt“

Der Fall löste zahlreiche Reaktionen aus. Kanzler Sebastian Kurz (VP) twitterte: „Jede Frau muss in Österreich sicher leben können.“ Es müsse mehr Geld für Gewaltschutz, Opferschutz und Gewaltprävention“ geben, sagte die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski. „Die Regierung darf keine weitere wertvolle Zeit verlieren“, sagte SP-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek. NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter forderte, das Problem der Männergewalt „klar als solches zu identifizieren und zu benennen“. Gewaltschutzeinrichtungen fordern eine Aufstockung des Budgets von 14,5 auf 228 Millionen Euro. „Es darf keinesfalls am Geld scheitern. Nur so kann es gelingen, Frauenleben zu retten“, sagte FP-Frauensprecherin Rosa Ecker.

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19. April 2024