Causa "Bierwirt": Prozess gegen Sigi Maurer vertagt
WIEN. Der viel diskutierte Prozess rund um die Privatklage gegen die Politikerin Sigrid Maurer wegen übler Nachrede wurde am Montag am Straflandesgericht wiederholt.
Maurer wurde von dem Besitzer eines Bier-Geschäftes geklagt, weil sie ihn – wie berichtet – als Absender obszöner Nachrichten titulierte. Er bestritt, der Verfasser zu sein, die ehemalige Grünen-Politikerin wurde der üblen Nachrede schuldig gesprochen. Das Wiener Oberlandesgericht hob das Urteil auf und ordnete eine Neuauflage an.
Der Prozess wurde am Montagnachmittag auf unbestimmte Zeit vertagt. Einige Zeugen waren nicht erschienen, sie sollen erst am vergangenen Freitag ihre Ladung erhalten haben. Wie der Richter durchblicken ließ, dürfte das Verfahren im Oktober fortgesetzt werden.
Zwei Zeugen vernommen
Zwei Zeugen wurden vernommen, darunter ein Mann, von dem der Bierwirt behauptet hatte, er sei an jenem Tag im Lokal gewesen, an dem Maurer zunächst im Vorbeigehen und später via Facebook beleidigt wurde. Der Mann - eine Zeit lang Stammkunde - stellte das in Abrede, indem er auf eine ganztägige Fortbildung in seiner Firma verwies und ein entsprechendes Zeugnis vorlegte.
Eine Bekannte des Gastronomen, die offenbar über gewisse IT-Kenntnisse verfügt, sagte aus, es sei in der Vergangenheit "von außen" auf das private Facebook-Profil des Lokal-Betreibers zugegriffen worden. Sie habe dessen Account am 31. Dezember 2018 überprüft und dabei festgestellt, "dass zehn oder elf andere Computer in seinem Account angemeldet waren". Die entsprechenden IP-Adressen habe sie notiert. Die Nachfrage des Richters, ob ihr darüber hinausgehende Aktivitäten aufgefallen seien, verneinte die Frau.
Der Anwalt des Wirten, Adrian E. Hollaender, beantragte zum Abschluss die zeugenschaftliche Befragung eines Richters des Landesgerichts für Strafsachen und einer Gerichtsbediensteten, die offenbar regelmäßig Gäste in dem Bierlokal waren. Sie könnten bestätigen, dass auch "Laufkundschaft" Zugriff auf den Computer im Geschäft hatte, meinte Hollaender.
Der Anwalt behauptete weiters, die beiden hätten den Computer "selbst benutzt". Die Entscheidung, ob die zwei angehört werden, behielt sich Richter Hartwig Handsur vor.
Zu Beginn der Verhandlung hatte Hollaender die Anklage gegen Maurer in Richtung Beleidigung ausgedehnt. Begründung: Maurer habe seinen Mandanten wiederholt "Arschloch" genannt.
Die Hintergründe des Verfahrens sind bekannt: Maurer veröffentlichte am 30. Mai 2018 via Twitter eine private Facebook-Nachricht, die sie tags zuvor vom Account des Bierwirten bekommen hatte. Sie habe diese Nachricht "nicht so stehen lassen" wollen, rechtfertigte sich Maurer dazu nun vor Richter Hartwig Handsur. Der Inhalt war grob obszön, außerdem sei sie wenige Stunden vor Erhalt der Nachricht an dem Lokal vorbeigegangen und von dem draußen stehenden Betreiber und zwei anderen Männern "blöd angeredet" worden. Ähnliches sei in der Vergangenheit öfters passiert, sie habe am Weg zur Arbeit täglich das Lokal passiert. "Es ist dort so, dass man angestarrt wird als Frau, angepöbelt wird", berichtete Maurer. Weil sie keine rechtliche Möglichkeit sah, gegen die obszönen Anzüglichkeiten vorzugehen, habe sie diese publik gemacht.
Nachricht vom Vorbesitzer verfasst?
Der Rechtsvertreter des Lokalbetreibers warf Maurer vor, diese habe den Mann "öffentlich angeprangert" und ihm "grob unehrenhaftes Verhalten" vorgeworfen. Für den Gastronomen habe das gravierende Folgen gehabt, sagte Hollaender: "Verwandte sind abgesprungen, Kunden ausgeblieben, es hat Angriffe von erbosten Bürgern auf sein Geschäft gegeben." Dabei habe der Wirt die gegenständliche Nachricht gar nicht geschrieben, verwies Hollaender auf "Sachbeweise, dass er im Zeitpunkt der Versendung gar nicht am Computer im Lokal war", sondern ein Telefonat geführt habe.
"Mehrere Andere" hätten sich extern in den Computer einloggen können, speziell der Vorbesitzer des Lokals, der als Netzwerk-Administrator grundsätzlich in der Lage sei, auf den Computer zuzugreifen, argumentierte Hollaender. Es sei "nach allen Beweisergebnissen" davon auszugehen, "dass die Nachricht vom Vorbesitzer verfasst wurde". Folglich sei die "öffentlich vorgetragene Anprangerung" des Wirten nicht rechtens gewesen, weshalb Hollaender die Verurteilung Maurers beantragte, und zwar auch wegen Beleidigung, weil diese seinen Mandanten in einer WhatsApp-Nachricht und laut Medienberichten als "Arschloch" bezeichnet habe.
"Keine Handhabe gegen 'grauslige Nachricht'"
Letzteres sei verjährt, hielt dem Maria Windhager entgegen, die Rechtsvertreterin Maurers. Im Übrigen zeigte sich Windhager überzeugt, dass der Wirt der Verfasser der Nachricht war: "Die Indizien sprechen ganz eindeutig für die Täterschaft des Privatanklägers." Maurer habe die Nachricht nur deshalb publik gemacht hat, weil sie keine rechtliche Handhabe hatte, um gegen "diese wirklich grauslige Nachricht" vorzugehen: "Sie hat auf ein Rechtsschutzdefizit hingewiesen."
Im ersten Rechtsgang war Maurer im vergangenen Oktober vom Wiener Landesgericht wegen übler Nachrede zu einer Strafe von 3.000 Euro verurteilt worden. Weitere 4.000 Euro für die "erlittene Unbill" sollten an den Kläger gehen. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hob diese Entscheidung jedoch auf und ordnete eine Neudurchführung des Verfahrens an. Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier.
Irgendwie interessant, dass jetzt, nachdem der Wirt ein paar Monate Zeit hatte, sich seine Version zusammenzureimen, auf einmal ausgefeilte Theorien auftauchen, wie und warum eventuelle irgend jemand anderer Zugriff auf seinen Computer gehabt haben könnte.
Warum hat er das nicht schon beim ersten Prozess gesagt?
Reiner Kindergarten und solche sind Politiker. Sowas soll man Wehlen.
Sie hat bewiesen, dass sie die Tat bis heute nicht bereut hat, indem sie nach dem ersten Urteil so richtig zum verbalen Austeilen und gleichzeitigem Geldsammeln angefangen hat.
Ein paar Fakten und tolle Fotos...
https://www.derstandard.at/story/2000108702744/bierwirt-will-sigi-maurer-nun-auch-wegen-a-wort-klagen
https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000108662400/neuauflage-prozess-bierwirtgegen-sigi-maurer?responsive=false
Sie hat auch nichts zu bereuen.
Sie wurde beleidigt.
Sie hat nur den Fehler gemacht, dass sie diesen Wirt als Täter bezeichnet hat. Hätte sie gesagt "von seinem Computer", hätte ihre Meldung (fast) den gleichen Effekt gehabt, aber sie hätte sich den Prozess erspart.
Die könnte doch glatt als Double für die Rendi-Wagner auftreten.
Der Liveticker auf Standard.at war heute sehr unterhaltsam.
Hab mir den in der Presse gegeben. Putzig, als das grüne Ding jene Zeugin ohne Grund anpatzen wollte, welche von den 12 IP-Adressen berichtete. Echt mies, echt Stinkefinger
So hat jeder seine eigene Interpretation.
Das mit den 10-12 IP-Adressen war übrigens fachlich ein kompletter Schaß.
Passt eh - "statische IPs" - mach Dich lieber einmal schlau, Cowboy...
AMHA ist der Meinung, dass ein und derselbe Computer 10-12 IP-Adressen haben kann? Warum wundert mich das nicht?
Andererseits, das ist der Beweis, dass jemand von überhaupt nix eine Ahnung haben kann.
War ja die nette grüne Abgeordnete die beim Rausflug aus dem Parlament den Stinkefinger zeigte um sich vom Wähler zu verabschieden.
Ob sie es zusammen mit den Grünen wieder in Verantwortung schafft?
Vielleicht in einer ÖVP-Grüne -Neos Regierung als Innenministerin?
So unsympathisch diese geste so, so wenig hat sie mit der Causa zu tun. Und die Urteile werden auch nicht davon beinflusst.
Hab ich auch nicht geschrieben, aber trotzdem danke für ihre profunde Klarstellung.
Wenn der Wirt einen Facebook-Account macht "Gäste vom Pub", dann kann man/frau davon ausgehen, dass es nicht der Wirt persönlich verbockt hat.
Ansonsten würde ich einen Facebook-Mitgliedsnamen und damit die Verantwortlichkeit eher der Person selbst zuordnen.
Ich lasse ja auch nicht Briefpapier und Stempel liegen oder behaupte gegenüber der Bank, dass ich meine TAN-Liste liegengelassen hätte und wer anderer hätte die Überweisung getätigt... Da würde es dann schnell heißen: Selber schuld, wenn du nicht auf Deine Zugänge aufpasst!
Das mit der TAN-Liste ist ein sehr lahmer Vergleich (der hinkt nicht einmal). Das mit dem Briefpapier geht eher in die Richtung, sagen wir einmal: Jemand klaut in der Rezeption eines Hotels ein Papier mit Hotel-Logo, aber OHNE Stempel, schreibt darauf Obszönitäten und verschickt diese. Wird das Hotel bestraft?
Oder noch realitätsnäher: An der Rezeption eines Hotels liegen Leerformulare für eventuelle Buchungsanfragen auf – natürlich mit Firmenlogo und zur FREIEN Entnahme. Darauf schreibe ich Grauslichkeiten und verschicke diese. Wird jetzt das Hotel bestraft?
Und vergiss den Schmarrn mit den TAN-Codes.
Wenn das Hotel seiner Sorgfaltspflicht nicht nachkommt, wird es zurecht bestraft werden.
Wenn sie mit dem Auto ins Radar fahren, sind auch sie als Fahrzeughalter in der Nachweispflicht, wer das Auto gesteuert hat. Sie können nicht einfach sagen, dass es jederzeit von jedem in Betrieb genommen werden kann.
Deine Versuche der Rechtfertigung sind es, die gewaltig hinken!
Von erwachsenen Menschen kann man erwarten, dass sie ihr Haus abschließen, das Auto versperren, aber auch, dass sie für ihre Online-Zugänge verantwortlich sind.
Welche Möglichkeit hatte die unflätig angepöbelte, zu erkennen, welche Körperöffnung diese Verbalflatulenz abgesondert hat?
Da sieht man wieder einmal, dass unser "so geliebtes" Datenschutzgesetz die "bösen Buben" mehr schützt als die Opfer ! Und in diesem Fall ist die Frau das Opfer !!
Die Frau das Opfer?
Und wieso steht sie dann als Beklagte dort....
Weils goschert war, de Kretzn!
"Und wieso steht sie dann als Beklagte dort...."
In welcher Schule haben Sie verabsäumt, das Lesen zu lernen? Ach ja, jetzt wird's mir wieder klar. Blauwähler!
Gut so.
Weil sonst wäre das ein absoluter Freibrief für Hetze und Drohungen jeder Art geworden.
Ich denke, du hast da irgendwas nicht verstanden.
Es geht um die Wiederholung der Privatklage gegen Maurer, die immer noch nicht beweisen kann, dass ihre Behauptungen und Vorwürfe zutreffen. Dann ist auch noch die wiederholte Beleidigung dazu gekommen.
Das Ausmaß der Entschädigung wird speziell angesichts der eingesammelten Spenden sicher nicht niedriger ausfallen als beim ersten Prozess. Die Aufhebung des Urteils erfolgte nach der ersten Korrektur durch eine einzelne Richterin, und beim nächsten Prozess dürfte bis auf das Entschädigungsausmaß das Urteil ziemlich klar ausfallen.
Das ist vielleicht dein feuchter Traum, alles andere als ein Freispruch wäre aber ein Skandal.
@Alfred
Du hast selber nicht sehr viel verstanden.
Bereits im ersten Urteil (es war auszugsweise zu lesen) hat der damalige Richter selber deutlich gemacht, dass er die Aussagen von Frau Maurer für plausibel hält. Aber er hatte zu wenig Mumm, dann auch ein entsprechendes Urteil zu fällen.
Deswegen hat das OLG das Urteil wieder aufgehoben mit dem Hinweis, dass der verlangte Schuldnachweis durch Frau Maurer faktisch gar nicht erbringbar ist.