Autist wegen Widerstands gegen Staatsgewalt vor Gericht
WIEN. Ein Autist - nach Auskunft seiner Mutter, von der er zur Verhandlung begleitet wurde, leidet er am Asperger-Syndrom und spricht nur in bestimmten Situationen - hat sich am Dienstag wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter Körperverletzung am Wiener Landesgericht verantworten müssen.
"Er hat kein Wort gesagt. Zu dem Zeitpunkt war mir nicht bekannt, dass er an Autismus leidet. Ich hab' ihn unzählige Male aufgeklärt, dass er eine Verwaltungsübertretung begangen hat und wir einen Ausweis sehen müssen", schilderte der dienstälteste der drei Polizisten dem Richter. Er habe vermutet, dass der Mann unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stand "oder mit der Polizei nicht gut steht", wie sich der Beamte ausdrückte. Eine jüngere Kollegin hielt den Mann für einen Staatsverweigerer, wie sie zu Protokoll gab. Als klar war, dass man die Identitätsfeststellung durchsetzen müsse, sei der Mann "zurückgegangen", meinte die Beamtin: "Das hat auf uns sehr aggressiv gewirkt. Sein Gesicht ist rot geworden. Er hat die Hände erhoben, die Fäuste geballt."
Darauf hin wurde der 30-Jährige zu Boden gebracht und in Bauchlage fixiert, wobei er sich eine Platzwunde zuzog, die später genäht werden musste, und ein Zahn ramponiert wurde. Beim Anlegen der Handfesseln hatten die drei Polizisten dann insofern Schwierigkeiten, als die Beamtin "leider nicht die Stärkste ist", wie sie vor Gericht einräumte, und der dritte ein Aspirant war, der erst seit drei Wochen Dienst auf der Straße versah.
Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, in Bauchlage und am Boden fixiert mit den Füßen um sich getreten und sich dergestalt gegen seine Festnahme gewehrt zu haben. Als später die Verstärkung eintraf, soll er noch versucht haben, einem zugezogenen Polizeibeamten eine gezielten Tritt gegen das Knie zu verpassen.
Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Zunächst war unklar, ob mit ihm überhaupt eine Kommunikation stattfinden würde. Vermutlich nicht zuletzt aufgrund der bedächtigen Verhandlungsführung von Richter Philipp Schnabel beantwortete der 30-Jährige dann sehr leise, aber durchaus verständlich die an ihn gerichteten Fragen. "Dass ich versucht habe, einen Polizisten zu schlagen, stimmt nicht", meinte er. Weshalb er auf den Zuruf der Polizei "Es ist rot!" nicht reagiert und danach seinen Ausweis nicht hergezeigt habe, könne er nicht sagen. Einer der Polizisten sei auf ihn zugekommen und habe eine Hand auf seine Schulter gelegt bzw. ihn gestoßen: "Ich habe seine Hand weggeschoben, weil ich das nicht als gerechtfertigte Handlung gesehen habe." Dann habe man ihn zu Boden gebracht: "Ich habe nicht getreten."
Polizist: "Ein heftiges Einschreiten"
Der dienstälteste Polizist gestand zu, dass die Amtshandlung "ein heftiges Einschreiten" war: "Aber ich konnte nicht wissen, wie er reagiert. Der Angeklagte sei "nicht am Boden zu halten" gewesen: "Er hat sich so gewehrt. Er hat mit den Füßen ausgeschlagen, aber nicht gezielt." Auch der Polizeischüler sprach von einem "wilden Herumtreten mit beiden Beinen". Zu Boden habe man den Mann gebracht, "weil er vor dem Gesicht des Inspektors herumgefuchtelt hat".
Verhandlung vertagt
Jener zur Verstärkung gerufene Beamte, gegen den der Angeklagte später gezielt getreten haben soll, war aufgrund einer Fortbildung verhindert. Zur zeugenschaftlichen Einvernahme dieses Polizisten wurde die Verhandlung auf Ende Juni vertagt.
Aufgrund der Verletzungen, die der 30-Jährige bei der Amtshandlung erlitten hatte, war auch gegen die drei ersteinschreitenden Beamten ermittelt worden. Das Verfahren wegen Körperverletzung wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
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