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Einsparungen: Justiz warnt vor "dramatischen Folgen"

Von Gabriel Egger   29.März 2018

Wenn alle vier Präsidenten der Oberlandesgerichte (OLG) gemeinsam eine Pressekonferenz geben, muss etwas Gravierendes vorliegen. "Üblicherweise machen wir das nicht. Wir sind keine Politiker und auch keine Mediensprecher. Wir sind loyale Justizmanager, die mit den vorhandenen Mitteln für funktionierende Gerichte sorgen", sagte Gerhard Jelinek, Präsident des Wiener OLG. Denn genau diese funktionierenden Gerichte seien durch "die unverantwortliche Sparpolitik" der Regierung nun nicht mehr zu garantieren.

2018 keine Rechtspraktikanten

Die Sparmaßnahmen, die der Justiz im Doppelbudget 2018/2019 verordnet wurden, hätten dramatische Folgen, warnten die Präsidenten: Verfahren werden zwangsweise länger dauern, die Qualität werde wegen der Kürzung der Fortbildungsgelder sinken, und Digitalisierungsprojekte müssten eingestellt werden. Auch auf Anfragen und Anliegen der Bürger werde man weniger eingehen können. "Für junge Menschen wird es deutlich weniger Beschäftigungsmöglichkeiten geben", sagte Katharina Lehmayer, Präsidentin des Linzer OLG.

Die Auswirkungen bekommen Jus-Absolventen ab sofort zu spüren. Wie von den OÖN berichtet, sollen wegen der Sparmaßnahmen heuer keine Rechtspraktikanten mehr aufgenommen werden. Das "Gerichtsjahr" ist aber Voraussetzung für die Ausbildung als Rechtsanwalt, Notar oder Richter. Damit verlängert sich die Wartezeit für junge Juristen. Schon jetzt warten 180 Absolventen auf das Praktikum. Die Dauer der Gerichtspraxis soll zudem von sieben auf fünf Monate verkürzt werden.

In den nächsten zwei, drei Jahren werden außerdem keine fertig ausgebildeten Anwärter mehr als Richter übernommen. "Die Budgetpläne der Regierung trocknen den Arbeitsmarkt für den richterlichen Nachwuchs völlig aus", sagten die OLG-Präsidenten.

Auch in der Rechtsanwaltskammer ist man alarmiert. In der Justiz Ausdünnung zu betreiben, sei "Sparen am falschen Ende", sagt der Präsident der oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, Franz Mittendorfer, im OÖN-Gespräch. Er nennt die Pläne der Regierung unverantwortlich.

Felix Bodingbauer studiert Jus an der Linzer Johannes-Kepler-Universität. Er plant, sein Studium im September zu beenden. Wie es dann weitergeht, wisse er nun nicht mehr. "Ein Freund von mir hatte vor einer Woche seine abschließende Prüfung und wollte mit dem Gerichtsjahr beginnen. Der hängt jetzt in der Luft", sagt der 23-Jährige.

Video: Justiz protestiert gegen Einsparungen

Die Kürzungen im Detail: 

Der Sparkurs der Regierung sieht vor, dass im Kanzleibereich 82 Planstellen wegfallen, im Jahr 2019 sollen es 94 weitere sein.

42 Richter- und Staatsanwaltsstellen sollen nicht nachbesetzt werden, 40 Planstellen für Richter und Richteramtsanwärter werden gestrichen.

Das Budget für die Fortbildung wird um 40 Prozent gekürzt. Im Jahr 2018 können keine Rechtspraktikanten mehr aufgenommen werden.

"Verdacht, dass die Justiz an die Kandare genommen werden soll"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (VP) trage nicht nur die Verantwortung für die Freuden eines "Null-Defizits", sondern auch für die "Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats". Die Präsidenten der vier Oberlandesgerichte machten  schnell klar, an wen sie ihren Appell richten: An Bundeskanzler Kurz, den für das Personal im Öffentlichen Dienst zuständigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FP) sowie an Finanzminister Hartwig Löger (VP).

Noch zähle die heimische Justiz zu den Spitzenreitern Europas in Sachen Qualität, Sparsamkeit, Modernität und Automation. Mit den geplanten Einsparungen sei die Funktionsfähigkeit nur eingeschränkt möglich, sagten die OLG-Präsidenten.

Man könnte, merkte Klaus Schröder (OLG Innsbruck) an, den Verdacht bekommen, dass "mit den Mitteln des Haushaltsrechts und der Finanzen versucht wird, eine Justiz an die Kandare zu nehmen, die man eben nicht parteipolitisch steuern kann und die eben nicht dem politischen Einfluss von Regierung oder Parteien unterstellbar ist". Dabei verlange man keine Almosen: Mit den Gerichtsgebühren seien die Kosten zu 111 Prozent gedeckt.

Auf die Pressekonferenz der OLG-Präsidenten reagierte Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. Es sei selbstverständlich Anliegen der Regierung, dass die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit gewährleistet bleibe, sagt er. Er sehe sie durch das Doppelbudget 2018/19 aber auch nicht gefährdet. Kurz, Strache oder Löger äußerten sich zum Appell der OLG-Präsidenten vorerst nicht.

Sparkurs: Das sagen angehende Juristen aus Oberösterreich zum Aufnahmestopp für Rechtspraktikanten

"Das ist extrem unangenehm. Ich plane mein Gerichtsjahr für Anfang 2019. Hoffentlich klappt das." - Christina Geissler, 22 Jahre

"Es ist schade, dass gerade in diesem Bereich gespart wird. Absolventen werden nach ihrem Studium einfach aufgehalten." - Felix Bodingbauer, 23 Jahre

"Wenn beim Budget gekürzt wird, darf das auf gar keinen Fall zu Lasten von jungen Menschen fallen, die sich für einen Rechtsberuf entschieden haben." - Magdalena Neuhofer, 19 Jahre

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25. April 2024