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"Eine Schwarze im Dirndl, jetzt hab ich alles gesehen"

Von nachrichten.at   12.Juli 2018

Das Bild zeigt eine junge Frau in einem roten Dirndlkleid, in der Hand eine große Portion Zuckerwatte, um den Hals ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift "Prinzessin", auf dem Kopf eine Blumenkrone. Auf den ersten Blick sieht sie glücklich aus, aber ihr Lächeln täuscht.

Es ist das Foto der 25-jährigen Imoan, hundertfach wurde das Bild und der dazugehörende Text in den vergangenen Tagen auf Facebook geteilt. Die Worte der jungen Frau zeichnen ein trauriges Bild von Alltagsrassimus in Österreich. 

Imoan wurde in Bayern geboren und lebt nun in Wien. Sie trug in ihrer Kindheit schon gerne Dirndl, war Ministrantin und beim Trachtenverein. Viele würden sie als Musterbeispiel gelungener Integration in zweiter Generation bezeichnen.

 

Einige Gäste des Traiskirchner Weinfestes, das die junge Frau am vergangenen Wochenende gemeinsam mit Freundinnen besuchte, waren wohl anderer Ansicht. "Voll motiviert haben wir Mädels uns in die Tracht geworfen. Ich habe mich wunderschön und stark gefühlt. Als ich heimkam, war ich den Tränen nahe", schreibt sie in ihrem vielbeachteten Facebookbeitrag, der mittlerweile als Blog erschienen ist.

Aussagen wie "Jetzt hab ich alles gesehen, ein N*ger im Dirndl, das kann ich jetzt abhaken" schlagen ihr schon beim Aussteigen aus der Badnerbahn entgegen. "Ich kann keinen Schritt machen ohne das Gerede und Gelächter zu hören. Ich fühle mich wie eine Aussätzige. Beobachtet und exponiert. Ja ich weiß, einige haben sich sicherlich gedacht, wie hübsch ich heute aussehe. Ich habe mich gefühlt wie ein Alien, als wäre ich hier verboten", erzählt sie. 

"Ich kenne nur Bayern und Österreich"

Und weiter fragt sie sich: "Was habe ich getan? Das ist meine Kultur. Ich kenne nur Bayern und Österreich. Lederhosen und Bier. Ich fühle ich mich meiner selbst beraubt. Für diese Leute ist ein 'N*ger in Tracht' eine Karikatur, für den ein oder anderen gar eine Beleidigung". 

Sie wolle derartige Veranstaltungen in Zukunft meiden, schreibt die 25-Jährige weiter. Aber eine Ausnahme macht sie. Noch am Donnerstagabend wollte sie mit dem Traiskirchner Bürgermeister, der sie bei ihr entschuldigt hat, nachdem das Posting viral ging, auf das Weinfest zurückkehren. "Es hat mich sehr gefreut, dass er sich persönlich bei mir gemeldet hat, das könnte ich niemals ablehnen", so die junge Frau. 

"Die Solidarität lebt"

Damit, dass der Facebook-Beitrag eine derartige Resonanz auslösen würde, hätte Imoan nicht gerechnet. "Mein Handy stand nicht mehr still, es dauert sicher noch Tage bis ich alle Nachrichten beantworten kann. Das nehme ich mir fest vor. Ich freue mich sehr über jeden einzelnen, der mir geschrieben hat und den Beitrag geteilt hat. Die Solidarität lebt. Ich möchte mich auf jeden Fall stärker für eine vorurteilsfreie Gesellschaft einsetzten", erzählt sie auf OÖN-Anfrage. 

Dass das Posting gelöscht wurde, ist für viele Beobachter nicht nachvollziehbar. Es widerspreche den Gemeinschaftsstandards der "Hate Speech", so die Begründung seitens Facebook. "Ich habe das bereits befürchtet. Es wird davon ausgegangen, dass ein Melde-Mob dahinter steckt. Facebook prüft die Inhalte nur maschinell", so die Verfasserin. Aber: "Meine Stimme ist dadurch noch lauter geworden". 

Der ganze Beitrag ist als Blog hier nachzulesen

 

Der ganze Beitrag im Wortlaut:

Mein Lachen täuscht.

Wir haben spontan beschlossen mit unseren Nachbarn auf das Weinfest in Traiskirchen zu fahren.

Voll motiviert haben wir Mädels uns in die Tracht geworfen. Ich habe mich wunderschön und stark gefühlt, als ich heimkam war ich den Tränen nahe.

Als gebürtige Bayerin trage ich immer schon Dirndl. Besonders stolz war ich, weil meine Oma einige Kleider selbst genäht hat (Luxus!!!). 

Im Trachtenverein war ich der Star, eh klar, „ma wia liab“ und 927272 Fotos mit Touristen waren Standard. 

Standesgemäß sind wir mit der Badener Bahn angereist. Als wir in Traiskirchen aussteigen kommen wir keine 10 Meter ohne den ersten rassistischen Vorfall. „Jetzt hab ich alles gesehen, ein N*ger im Dirndl, das kann ich jetzt abhaken“. Eine Gruppe von 16-17 jährigem Jungs. Als ich sie angefahren bin ob sie ein Foto zwecks Glaubwürdigkeit wollen, stammeln sie Entschuldigung und rennen peinlich berührt an uns vorbei. 

Beim Fest angekommen. Alle Augen sind auf uns gerichtet. Nein auf MICH! 

Ich höre die Leute reden. „Eine schwarze im Dirndl!“. Augenpaare blicken mich verwirrt, böse oder belustigt an. An den Nachbartischen wird geredet und gestarrt. Wir holen essen, nein auch da keine 2 Minuten Ruhe. 
Ich kann keinen Schritt machen ohne das Gerede und Gelächter zu hören. 

Ich fühle mich wie eine Aussätzige. Beobachtet und exponiert. Ja ich weiß, einige haben sich sicherlich gedacht wie hübsch ich heute aussehe. Ich habe mich gefühlt wie ein Alien, als wäre ich hier verboten. 
Ich resigniere und schaffe es bis zum Heimgehen nicht auszurasten. In mir kocht es, ich will mit meinen Freunden einfach nur einen feinen Abend haben. 

Eine Dame auf der Toilette, erfahre ich später, freute sich über den Anblick meiner blonden Freundin in Lederhosen, aber als sie mich sah wurde ihr wohlwollender Omablick eiskalt. 

Was habe ich getan? DAS ist meine Kultur. Ich kenne nur Bayern und Österreich. Lederhosen und Bier. Ich fühle ich mich meiner selbst beraubt. Für diese Leute ist ein „N*ger in Tracht“ eine Karikatur, für den ein oder anderen gar eine Beleidigung. Am liebsten möchte ich gar nichts mehr damit zu tun haben, ich schäme mich für Seehofer und Söder, wo ist eure gmiadlicheid zefix? 

Ihr zwingt jeden Menschen mit klarem Verstand quasi dazu diese „Leitkultur“ abzulehnen. 
Ich für meinen Teil bin tief verletzt und werde in Zukunft gezielt auf Veranstaltungen gehen wo wir mit weniger Anfeindung zu rechnen haben. 
Ich fühle mich ausgeschlossen und eingeschränkt. Strache und Co haben recht, es gibt No-Go Areas, für mich Mittlerweile definitiv. Am liebsten würde ich mir die Decke über den Kopf ziehen, mich verstecken und nicht mehr raus gehen. 

Dieser antrainierte Hass zerfrisst mich innerlich....

 

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