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Brutaler Kredithai vor Gericht

Von nachrichten.at/apa, 03. April 2018, 14:24 Uhr

WIEN. Am Wiener Straflandesgericht hat am Dienstag der Prozess gegen einen brutalen Kredithai begonnen.

Der 45-Jährige soll private Kredite mit horrenden Zinsen an Menschen in prekären finanziellen Lebenslagen verliehen haben. Wenn sie nicht zahlen konnten, wurden sie eingeschüchtert, bedroht und zum Teil auch geschlagen. Der Burgenländer muss sich u.a. wegen schwerer Erpressung verantworten.

Der Mann begann seine Machenschaften vor über zehn Jahren, als er als selbstständiger Inkasso-Unternehmer und als privater Geldverleiher fungierte. Der 45-Jährige gewährte laut Anklage vermögens- und mittellosen Schuldnern Darlehen - vier- bis fünfstellige Beträge in mindestens 66 Fällen - und verlangte Wucherzinsen in der Höhe von zehn bis 25 Prozent monatlich. Bei den Opfern handelte es sich um verzweifelte Menschen, die nirgends mehr einen Kredit bekamen. Einige waren spiel- oder drogensüchtig oder standen kurz vor der Zwangsdelogierung.

Um "wenige Spuren zu hinterlassen" wurden die Vereinbarungen zu den Darlehen in der Regel mündlich abgeschlossen, sagte Staatsanwältin Viktoria Berente. Die Schuldner wussten nichts über die Laufzeit bzw. über Verzugszinsen. Der 45-Jährige legte nur die monatlichen Zahlungen fest. Im Falle von Verzug setzte der Burgenländer auch Strafzinsen an, deren Höhe er laut Anklägerin willkürlich festsetzte. "Er wollte das Geld von den Schuldnern so lange wie möglich kassieren und die Schuldner in ein Abhängigkeitsverhältnis bringen", sagte Berente.

"Unersättliche Geldgier"

Die Opfer durften den geschuldeten Betrag auch nicht nach und nach abstottern, sondern sollten alles auf einmal zurückzahlen - was sie natürlich nicht konnten. Damit häuften sich die Schulden weiter an. So bekam ein Schuldner von dem Burgenländer im Sommer 2012 ein Darlehen von 1.500 Euro. Fünf Jahre lang zahlte er 150 Euro monatlich, sodass er am Ende 9.000 Euro allein an Zinsen an den 45-Jährigen übergeben hatte. Die Staatsanwältin sprach von einer "unersättlichen Geldgier" und "skrupellosen Machenschaften" des Burgenländers.

Wenn die Schuldner nicht zahlen konnten, übte der Burgenländer Druck auf seine Opfer aus, indem er persönlich, in Anrufen und per SMS stets betonte, er könne sie und ihre Familien leicht aufspüren. Ein Schuldner versuchte sich sogar das Leben zu nehmen, weil er nicht mehr weiter wusste. Er ist bis heute in psychologischer Behandlung. "Der war doch selber ein Kredithai. Er hat sich selber 30.000 Euro ausgeborgt, um ins Geschäft einzusteigen. Dann hat er das meiste selber ausgegeben und jetzt ist er untergetaucht", rechtfertigte sich der Angeklagte, der sich vor dem Schöffengericht (Vorsitz: Julia Matiasch) für teilweise schuldig bekannte. "Das mit den Wucherzinsen war illegal", gab der Beschuldigte zu. Doch er habe die Leute weder bedroht noch verletzt.

Sein Anwalt Andreas Reichenbach betonte, dass die Schuldner von Zinsen in Höhe von zehn bis 15 Prozent gewusst hätten. Der 45-Jährige sei für viele "der letzte Rettungsanker" gewesen. Er habe den Leuten in Not geholfen, damit sie nicht ihre Wohnung verlieren, "aber das hatte seinen Preis".

Junge Schuldnerin sollte auf den Strich gehen

Ein ganz anderes Bild des Angeklagten zeichnete eine junge zweifache Mutter aus Niederösterreich, die als erste Zeugin vor Gericht aussagte. Sie wurde von dem 45-Jährigen mehrfach unter Druck gesetzt, da sie ihre Raten nicht zahlen konnte. Entweder kam er mit einem durchtrainierten Bekannten zu den Treffen oder er zeigte der Frau seine Schusswaffe, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen.

"Wenn ich nicht pünktlich zahle, dann muss ich das abarbeiten, sagte er", berichtete die 28-Jährige. "Wie darf ich das verstehen?", fragte Richterin Julia Matiasch. "Na, am Strich." Der 45-Jährige betonte auch stets, dass er wüsste, wo ihr Sohn in den Kindergarten gehe. Dort würde dann ein Fahrzeug sie und das Kind erfassen. Die Frau hatte sich im Mai 2015 bei dem 45-Jährigen in mehreren Raten insgesamt 5.400 Euro ausgeliehen, um die Kaution für eine neue Wohnung zu bezahlen. 700 Euro erhielt die junge Mutter in der Karenz monatlich. 540 zahlte sie an den Burgenländer. "Ich hab meine Miete nicht mehr zahlen können und bin im Frauenhaus gelandet."

Im Jänner 2016 fügte er der Frau eine Quetschung am kleinen Finger zu. "Ich hab ihm die Rate nur zum Teil geben können. Da hat er gesagt: 'Gehen wir vor die Tür.'" Am Weg zum Auto verdrehte er ihr den Finger "ohne Vorwarnung". Er begleitete die verletzte Frau noch ins Krankenhaus, bläute ihr dabei jedoch ein zu sagen, dass sie gegen eine Tür gelaufen sei.

Anstiftung zu Versicherungsbetrug

Damit nicht genug, zwang er die junge Mutter dazu, den vorgeblichen Unfall ihrer Versicherung zu melden, um für die Verletzung auch noch Geld zu kassieren. Somit erhielt der 45-Jährige 1.458 Euro von der Unfallversicherung der Frau. Bei einem weiteren Versicherungsbetrug auf eine ähnliche Art und Weise bekam er 1.900 Euro. Sie habe sich nicht getraut, ihn anzuzeigen, sagte die 28-Jährige. "Er sagte, es muss jeder dran glauben, der die Anzeige macht", berichtete die junge Frau.

Als der 45-Jährige mitbekam, dass Mitte 2017 bereits die Polizei gegen ihn ermittelte, engagierte er zwei Tschetschenen, die für ihn als Geldeintreiber fungierten und den Schuldnern weiter Furcht einflößen sollten. Die Polizei fand bei einer Hausdurchsuchung einen vom 45-Jährigen erstellten Sparplan. Bis zum 1. März 2020 hätte er mit seinen Machenschaften 450.000 Euro erwirtschaften wollen.

Auch nach seiner Festnahme ließ er sich nicht davon abhalten, seine Klienten aus der Haftzelle mit illegal beschafften Mobiltelefonen zu kontaktieren. Kurz vor Prozessbeginn soll die Frau des Angeklagten versucht haben, die Zeugen dahin gehend zu beeinflussen, dass sie für den 45-Jährigen aussagen.

Die Verhandlung wird noch sieben weitere Prozesstermine in Anspruch nehmen. Bis zum 20. April soll ein Urteil gefällt werden. Dem 45-Jährigen werden neben schwerer Erpressung auch Geldwucher, Körperverletzung, Betrug, gefährliche Drohung und falsche Beweisaussage vorgeworfen.

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2  Kommentare
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Floh1982 (2.354 Kommentare)
am 03.04.2018 15:32

Traurig, dass die heimischen Banken mit ihren Milliardengewinnen oft nicht in der Lage sind, ihren Kunden in schwierigen finanziellen Situationen zu helfen. Dadurch werden verzweifelte Menschen überhaupt erst dazu genötigt, sich Geld bei solchen "Kredithaien" zu auszuborgen.

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Gugelbua (31.890 Kommentare)
am 03.04.2018 18:16

Banken sind keine Sozialen Einrichtungen zwinkern

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