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Architekturkritik: Architektur als Landschaft

Von Georg Wilbertz, 27. Juli 2024, 13:00 Uhr
Architektur als Landschaft
Aufgegliederter Baukörper mit Bezügen zum Umfeld Bild: Loxone GmbH

KOLLERSCHLAG. Die Büros Arkform und Tomhimmelgrün realisierten für Loxone einen aufwendigen IT-Campus, der die Symbiose mit der Landschaft sucht.

Architektur und Landschaft. Häufig werden diese beiden Begriffe als schwer vereinbarer Gegensatz wahrgenommen. Architektur verdrängt Landschaft, verbraucht Flächen, ist häufig Fremdkörper im Landschaftsfluss. Besonders schmerzlich wird dies an Ortsrändern bewusst, die von maßstäblich unpassenden Gewerbearealen mit oft eher einfallslos gestalteten Großbauten, Lagerhallen und Verkehrserschließungen besetzt sind.

Ein ambitioniertes Projekt, das das Linzer Architekturbüro Arkform in enger Zusammenarbeit mit dem Landschaftsplanungsbüro Tomhimmelgrün (St. Marienkirchen/Polsenz) entwickelt hat, setzt ein Zeichen gegen diese verbreitete Praxis. Fairerweise muss allerdings erwähnt werden, dass das Investitionsvolumen für den direkt bei Kollerschlag 2023 fertiggestellten Loxone-Campus den Etat einer "normalen" Betriebsansiedlung deutlich übersteigen dürfte.

Dies ist den durchaus heterogenen Zielsetzungen des für Oberösterreich ungewöhnlichen Projekts geschuldet. Das Technologieunternehmen Loxone wurde 2009 in Kollerschlag gegründet. Das Kerngeschäft bildet die smarte Gebäudeautomation (Energieeffizienz, Sicherheit etc.). Das Obere Mühlviertel ist nicht gerade das Silicon Valley Österreichs. Trotzdem bzw. gerade deshalb hielt Loxone am Standort Kollerschlag (rund 1500 Einwohner) fest.

Die Ansiedlung des Unternehmens mit rund 250 Beschäftigten im ländlichen Raum ermöglichte eine relativ freie Entwicklung der architektonischen Gestalt und eine baulich-symbolische Konzentration der verschiedenen Unternehmensabteilungen in einem anspruchsvoll aufgegliederten Gebäudekomplex. Neben Forschung, Verwaltung, Produktion und Lager treten auf den ersten Blick ungewöhnliche Funktionen wie Seminarzentrum, Hotel oder die aufwendige Gastronomie. Alle Aufgaben und Bereiche, die produktionstechnisch und für die Repräsentation notwendig sind, werden im neuen Campus inmitten von Feldern und Wäldern gebündelt.

Architektur als Landschaft
Fließende Verbindung von Architektur und Landschaft Bild: Foto Stoebich e.U.

Zeitgemäßes Markenzeichen

Es ist ein international zu beobachtendes Thema der IT-Branche, ihren Firmensitzen ein ikonisches Aussehen zu geben. Architektur wird genutzt, um vermeintliche oder tatsächliche Kernwerte der Firmenphilosophie publikumswirksam sichtbar zu machen. Die Planer von Arkform betonen, dass Loxone jede Form des architektonischen "Klotzens" vermeiden wollte. Stattdessen ging es trotz der Größe des Campus um die Schaffung einer verträglichen Symbiose zwischen Landschaft, Ort und Architektur. Und genau diese Symbiose generiert hier, bedenkt man die aktuellen Diskussionen zum Landschaftsverbrauch und zur Klimanachhaltigkeit, das zeitgemäße Markenzeichen.

Dynamisch bewegte Form

Unmittelbar fällt die dynamisch bewegte Form des Gesamtgebäudes auf. Mehrere, scheinbar unabhängig zueinander gestellte Gebäudespangen gruppieren sich um Innenhöfe und aufwendig gestaltete Freibereiche. Diese schaffen durch ihre bewegte Topographie einen fließenden Übergang zur umliegenden Landschaft. Das insgesamt niedrig gehaltene Gebäude wirkt wie organisch eingebettet in den Landschaftsfluss. Es wird zu einem Teil desselben. Die vielfältigen visuellen Verbindungen zwischen dem Inneren und der Umgebung unterstreichen den Wunsch, den Gebäudekomplex und die hier geleistete Arbeit intensiv mit dem Umfeld zu verbinden. Der abwechslungsreiche, dynamische Grundriss schafft einerseits die Differenzierung und Ablesbarkeit einzelner Abteilungen und Funktionen. Andererseits gelingt es, die verschiedenen Funktionsbereiche in einen zusammenhängenden Bauorganismus zu überführen, der die Betriebsabläufe unterstützt.

Architektur als Landschaft
Innen: natürliche Materialien in klarer Linienführung Bild: Foto Stoebich e.U.

Und auch für den Grundgedanken, das Gebäude mit der Landschaft zu verbinden, bietet die dynamische Aufgliederung des Campus einen idealen Lösungsansatz. Abgeschrägte Fassadenabschnitte, die aufwendige Begrünung aller Dachflächen und die fein abgestimmte Bepflanzung der Freiräume lassen das Gebäude fast als eigenständige Hügellandschaft erscheinen. Dem Firmenzweck entsprechend, ist der gesamte Campus energietechnisch optimiert.

Bleibt als einziger Wermutstropfen, dass Kollerschlag keinen Bahnhof hat. Angesichts der gestalterischen und funktionalen Ambitionen, die von Arkform und Tomhimmelgrün verwirklicht werden konnten, ein Manko, das kaum ins Gewicht fällt.

Datenblatt

  • Architektur: Arkform (Klaus Landerl, Marcel Amrhein, Roland Landerl)
  • Landschaftsarchitektur: Tomhimmelgrün (Thomas Huemer)
  • Bauherrschaft: Loxone Campus GmbH
  • Funktion: Mischnutzung
  • Planung: 01/2019 /
  • Ausführung: 10/2020 bis 06/2023
  • Bebaute Fläche: 13.655 m² / Nutzfläche: 17.898 m²
  • Bauweise: Massivbau (Stahlbeton)
  • Nachhaltigkeit: Smarte Energieoptimierung, Photovoltaik, begrünte Dächer etc.
Autor
Georg Wilbertz
Georg Wilbertz
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3  Kommentare
3  Kommentare
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transalp (11.219 Kommentare)
am 28.07.2024 15:07

GRATULATION!
So sollte heute überall gebaut werden wenn möglich!
🍀👍🍀👍

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KlebothDollnig (1 Kommentare)
am 28.07.2024 12:00

Ein eigenartiges, ja ärgerliches Fazit: Natürlich ist die Frage des Standorts eines Unternehmens (noch dazu mit vielen hochspezialisierten Mitarbeiter: innen) essentiell. Wenn also Loxone die neue Zentrale weit ab von einem hochwertigen öffentlichen Verkehr situiert und damit in Kauf nimmt, dass ein Großteil der Belegschaft für den Weg zur Arbeit aufs Auto angewiesen ist, sollte aus meiner Sicht das gesamte Projekt hinterfragt werden.

Wir stecken im Städtebau und der Raumplanung gerade mitten im Diskurs , wie eine Gesellschaft auch ohne oder mit wesentlich weniger Autoverkehr funktionieren kann. Da ist ein dermaßen isolierter Standort trotz der eindrucksvollen Architektur sehr wohl ein "Manko, das ins Gewicht fällt". Wir sollten diesbezüglich vor allem auch in Oberösterreich ein stärkeres Bewusstsein entwickeln. Dafür eine Grundlage zu schaffen, wäre auch Aufgabe dieser Architekturblogs.

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erwin1 (51 Kommentare)
am 28.07.2024 13:40

ihren Ausführungen zu Folge wäre es besser, Firmen im urbanen Raum anzusiedeln und folglich dort auch Wohnraum für die Bediensteten zu schaffen, also die klassischen Speckgürtel weiter auszubauen?

die ländlichen Gebiete mit ihren so zahlreichen Wohnhäusern , welche an-um-erweiterungsfähig sind ohne jeglichen zusätzlichen Flächenverbrauch dem stillen Siechtum Preis zu geben wie in so vielen Regionen der Welt?

ich kann zwar ihre Argumentation bezüglich Autoverkehr nachvollziehen, so wie man bei jedem Thema irgend wo ein für und wider finden wird, doch per Saldo ist eine Entscheidung für Standorte am Land jedenfalls begrüßenswert und auch gesellschaftlich sinnvoll.

zu Loxone selber, die ich auch kenne muss doch anerkennend gesagt werden, dass hier doch sehr vieles richtig gemacht worden sein muss speziell in Marketing und Verkauf, um so viele Partnerbetriebe weltweit für eine so junge Firma zu gewinnen.

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