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Klasse statt Masse: Regionalität muss etwas kosten dürfen

Von Josef Schuldenzucker, 17. November 2016, 00:04 Uhr
Klasse statt Masse: Regionalität muss etwas kosten dürfen
Die Arbeit am Hof macht Karl Freund auch mit 69 Jahren nochimmer Spass. Fotos Furtner (4) Bild: Furtner

INNVIERTEL. 1971 hat der Lambrechtner Karl Freund als Bauer angefangen. Der heutige Nationalrat außer Dienst hat viele Höhen und Tiefen in der Landwirtschaft mitgemacht. 2007 hat er den Betrieb an Sohn Wolfgang übergeben. Trotz Preisverfall bei Milch, Fleisch und Getreide sieht er nach wie vor Chancen für die Innviertler Bauern.

Wie war die Situation in der Landwirtschaft, als Sie den Betrieb vor 45 Jahren übernommen haben?

Freund: Die Größenordnungen waren ganz anders. Damals hatten wir elf, zwölf Kühe, ein paar Zucht- und Mastschweine. Die Höfe waren in schlechtem Zustand. Anfang der 70er Jahre wurde vieles modernisiert. Auch der Maschinenpark wurde bei vielen Bauern erneuert. Wir haben uns eine Motorsäge geleistet. Das war damals Luxus pur. Geackert wurde mit einem Zweischarerpflug. Die Traktoren hatten zwischen 30 und höchstens 40 PS.

Wie waren damals die Preise für Milch und Fleisch?

Vor 30 Jahren waren die Preise höher als heute. Eine Veränderung nach oben hat es schon damals nur selten gegeben.

Regionalität und Bio: Mehr als nur ein Trend?

Regionale Produkte sind für die Bevölkerung ganz wichtig. Allerdings funktioniert das nur, wenn auch der Konsument bereit ist, mitzumachen. In den Regalen gibt es heute Produkte aus der ganzen Welt. Wir müssen uns beim Einkaufen bewusst sein, dass da ganze Existenzen dranhängen, auch die Pflege unserer schönen Innviertler Landschaft. Auch wenn es ein wenig teurer ist, sollten wir bewusst zu Produkten unserer Bauern greifen und auf österreichische Qualität setzen.

Der Milchpreis befindet sich im freien Fall nach unten. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Der Milchpreis ist um fast zehn Cent pro Liter gesunken. Das ist für die Bauern fatal. Der Handel hat den Preis für den Konsumenten aber erhöht. Der Bauer kriegt von der Erhöhung einen Cent. Da fehlt in meinen Augen das Gefühl. Solche Aktionen sind für die Bauernschaft demotivierend.

In Deutschland gibt es riesige landwirtschaftliche Industriebetriebe. Ein Trend, der auch bei uns nicht aufzuhalten ist?

In Norddeutschland liegt der Preis für Milch unter 20 Cent. Wenn ein Produkt ständig ganz billig ist, halten das nicht alle über einen längeren Zeitraum aus. Das hat sich auch in Deutschland schon gezeigt. Ich bin überzeugt, dass wir im Innviertel gegen Krisen sicher besser gewappnet sind als viele Industriebetriebe in Deutschland. Je größer desto schwieriger, auch da geht sich die Rechnung oft nicht aus.

Haben die Betriebe bei uns auch in den nächsten Generation eine Überlebenschance?

Natürlich gibt es viele Gründe, warum die nächste Generation vielleicht den Betrieb der Eltern nicht mehr übernehmen will. Ein Bauer muss heute sehr kreativ sein. Das macht den Job auch interessant. Wenn der Familienzusammenhalt passt, gibt es auch in 20 Jahren noch viele Bauern bei uns.

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