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"Wir sind Gastgeber und keine Polizisten"

Von Gabriel Egger   21.Oktober 2020

Den gleichen "kleinen Braunen" wie jeden Tag. Dafür, sagt der Herr mit den grau melierten Haaren, brauche er doch diesen Zettel nicht. "Kennst mich ja eh." Die Diskussion in einem kleinen Linzer Kaffeehaus dauert nicht lange. Dann sind die Platzhalter für Namen, Telefonnummer und Adresse doch ausgefüllt. "E-Mail hab ich keine", sagt der Herr.

Es ist der erste Tag der verpflichtenden Gästeregistrierung in Oberösterreich. 6000 Wirte und 1000 Hotels mit angeschlossener Gastronomie müssen seit gestern die Daten ihrer Gäste erfassen. "Der Großteil zeigt Verständnis und akzeptiert es", sagt Wirt Robert Seeber. Sein Promenadenhof ist gestern Mittag gut besucht, "obwohl es natürlich schon einmal voller war".

Start für Gäste-Registrierung in Lokalen

"Durchwachsen" war der erste Tag der verpflichtenden Gästelisten in der Gastronomie.

"Ein Wulst an Papierkram"

Immer wenn neue Maßnahmen verkündet werden, sagt Seeber, schlage sich das sofort bei der Auslastung nieder. "Aber wenn wir damit zur Eindämmung des Virus beitragen können, dann machen wir das." Als Spartenobmann der Wirtschaftskammer für Tourismus und Freizeitwirtschaft hat Seeber auch guten Kontakt zu seinen Wirtekollegen. "Wir alle tragen das mit, aber ohne ist das für uns nicht. Es entsteht ein Wulst an Papierkram, da kommen Hunderte Ordner zusammen", sagt er. Er wünsche sich, wie der oberösterreichische Wirte-Sprecher Thomas Mayr-Stockinger, eine einheitliche digitale Lösung. "Die muss dann auch vom Gesundheitsministerium zertifiziert sein", sagt Seeber.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat Johannes Eidenberger diese digitale Lösung bereits umgesetzt. Auf den Tischen in seinem Restaurant "Cook" ist ein sogenannter QR-Code angebracht. Mittels Smartphone-App lässt sich der Code scannen, das Gästeblatt erscheint am Handy und kann dort ausgefüllt werden. "Es funktioniert mit einer beliebigen Scanner-App und wird von 90 Prozent der Gäste gut angenommen", sagt Eidenberger. Jene, die kein Smartphone haben, bekommen eben den Zettel. "Ich spüre derzeit keine Auswirkungen und mich stört es auch nicht unbedingt", sagt Eidenberger. Im Linzer Kaffeehaus "Traxlmayr" haben gestern viele Besucher den Gastgarten vorgezogen. Wegen der Herbstsonne, nicht weil die Registrierungspflicht dort entfällt. "Bei uns hat sich noch niemand beschwert. Wir haben auf den Tischen QR-Codes, wer das nicht kann, bekommt einen Zettel", sagt Oberkellnerin Tatiana Gura. Die Erklärungen würden viel Zeit kosten, "aber das wird sich bald einpendeln".

Keine Kontrolle?

Doch wer kontrolliert die Angaben auf den Zetteln? "Alles punktgenau zu kontrollieren ist für uns undurchführbar. Außerdem sind wir Gastgeber und keine Polizisten", sagt Seeber. Ganz ohne Kontrolle dürfen sich die Wirte aber wohl nicht aus der Affäre ziehen, erklärt Thomas Riesz, Rechtsanwalt in der Kanzlei Haslinger/Nagele: "Der Inhaber hat dafür Sorge zu tragen, dass die Verordnung umgesetzt wird", sagt er.

Wenn sich ein Herr Maier als Herr Huber ausgibt, dann treffe den Wirt keine Schuld. Wenn Herr Huber aber angibt, er sei Donald Duck aus Entenhausen, dann stehe der Wirt schon in der Verantwortung. Und diese Verantwortung kann teuer werden. Gastronomen, die die Registrierungspflicht nicht umsetzen, droht eine Verwaltungsstrafe von bis zu 3600 Euro. Gäste, die sich widersetzen, müssen bis zu 500 Euro Strafe zahlen.

Vier Wochen lang muss der Wirt die Daten der Gäste in elektronischer Form oder auf Papier aufbewahren. Danach muss er sie vernichten. Die Registrierungspflicht gilt in allen Betriebsstätten mit geschlossenen Räumlichkeiten. Würstel- oder Kebabstand müssen also die Daten ihrer Kunden nicht erfassen. Wer sein Essen nur im Lokal abholt, muss seine Daten ebenfalls nicht bekannt geben.

Im Gegensatz zu den Verordnungen in Wien oder Niederösterreich gilt jene in Oberösterreich erstmal zeitlich unbegrenzt. Für Jurist Riesz ist das Modell in Niederösterreich das sinnvollste: "Dort hat man die Registrierungspflicht an die Corona-Ampel gekoppelt. Sie gilt, sobald die Ampel in einem Bezirk auf Orange steht."

Umfrage

Seit gestern gilt die Registrierungspflicht in der oberösterreichischen Gastronomie. Manche Wirte befürchten von dem Verwaltungsaufwand, den die Verordnung mit sich bringt, erdrückt zu werden. Andere greifen zu digitalen Hilfsmitteln, um den Arbeitsaufwand möglichst gering zu halten. Die Gäste zeigten am ersten Tag größtenteils Verständnis dafür, dass sie ihre Daten beim Wirtshausbesuch nun angeben müssen.

„Wenn es der Gesundheit dient, werden wir das machen. Den meisten Wirten ist diese Regelung auch lieber als eine Vorverlegung der Sperrstunde. Ich befürchte nur eine Papierflut von 100.000 bis 200.000 Zetteln pro Tag. Das muss im 21. Jahrhundert digital funktionieren. Und zwar einheitlich“.
Thomas Mayr-Stockinger, Wirtesprecher Oberösterreich

„Wir arbeiten bei der Gästeregistrierung digital und mit den vorgeschriebenen Zetteln. Es braucht natürlich Zeit, um den Gästen das System zu erklären, aber das wird sich in den nächsten Tagen wahrscheinlich einpendeln. Niemand hat sich bei uns beschwert und gesagt: „Das mach’ ich nicht.“
Tatiana Gura, Oberkellnerin Café Traxlmayr Linz

„Die Verordnung in Oberösterreich unterscheidet sich von jenen in Wien und Niederösterreich. In Niederösterreich ist die Registrierungspflicht an die Corona-Ampel gekoppelt und in Wien endet die Registrierungspflicht in der Gastronomie mit Ende des Jahres. In Oberösterreich hat die Dauer der Verordnung kein festgeschriebenes Ende.“
Thomas Riesz, Rechtsanwalt

„In unserem Lokal haben wir QR-Codes an den Tischen befestigt. Sie lassen sich mit einer App am Smartphone scannen und der Gast kann seine Daten digital eintragen. Das spart die Zettelwirtschaft zu einem großen Teil aus. Ich spüre am ersten Tag keine Auswirkungen und es stört mich auch nicht sonderlich.“
Johannes Eidenberger, Eigentümer Restaurant „Cook“

„Der Großteil der Gäste zeigt Verständnis und akzeptiert die neuen Regelungen. Für die Wirte ist der Aufwand aber nicht ohne. Da kommen mit der Zeit Hunderte Ordner voll Zettel zusammen. Wir können das auch nicht punktgenau kontrollieren, das ist für uns nicht durchführbar.“
Robert Seeber, Wirt und Spartenobmann der Wirtschaftskammer Oberösterreich

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