"Wir dürfen unsere Kernaufgabe, die Einsätze, nicht aus den Augen verlieren"
OBERÖSTERREICH. Führungskräfte klagen: "Zu viel Zeit muss in die Beschaffung von Geld investiert werden".
Ehrenamt ist Arbeit, die unbezahlbar ist. Mit 94.000 Mitgliedern ist das Feuerwehrwesen in Oberösterreich eine Bastion der Hilfsbereitschaft. Immer noch, obwohl sich die Anforderungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten gehörig verändert haben. Die Herausforderungen für Mitglieder und vor allem auch für Funktionäre steigen. 2,7 Millionen freiwillig geleistete Arbeitsstunden wurden etwa im Vorjahr erbracht, und auch heuer fällt die Bilanz ähnlich aus. Ob bei den Sturmeinsätzen im Juni, beim Waldbrand im Rax-Gebiet oder bei der laufenden Bewältigung der Corona-Logistik: Die Männer und Frauen sind zur Stelle, wenn man sie braucht.
Der Druck steigt stetig
Zwar gehört für viele der individuelle Beitrag zum allgemeinen Wohl unverzichtbar zu einem sinnerfüllten Leben, die Anforderungen an den Einzelnen steigen dabei aber. Die Tatsache, dass das System auf Freiwilligkeit basiert, rechtfertigt keine Abstriche an die Qualität. Nicht zuletzt deswegen bemüht man sich seitens des Landes-Feuerwehrverbandes um ein professionelles Freiwilligen-Management.
Verantwortlich dafür ist Brandrat Markus Voglhuber: "Ein wesentliches Kernthema ist die Motivation der Mitglieder. Da gibt es einerseits das ‚normale‘ Mitglied. Da ist ein wesentliches Motivationskriterium das gemeinsame Tun", sagt Voglhuber. "Im Prinzip kann eine Arbeit nicht so schwer oder schmutzig sein, dass sie nicht zusammenschweißt", weiß der erfahrene Feuerwehr-Offizier. Die zweite Ebene betrifft die Führungskräfte, und hier wird das Spiel schon heikler: "Wir brauchen für unsere mehr als 900 Dienststellen Führungskräfte. Dabei dürfen wir unsere Kernaufgaben nicht aus den Augen verlieren – das sind nun einmal unsere Einsätze, die Ausbildung, die Jugendarbeit und vieles mehr, was das System am Laufen hält", sagt Voglhuber.
Man müsse mittlerweile achtgeben, dass die Zeit zur Mittelbeschaffung nicht überhandnehme. Voglhuber erinnert an die ganz klare Aufteilung der Aufgaben: "Die Finanzierung des Feuerwehrwesens obliegt der Gemeinde und dem Land. Das ist ganz klar geregelt." Es könne nicht sein, dass jene, die ohnehin schon gratis arbeiten, immer noch mehr Finanzmittel aufstellen, um sich ihre Ausrüstung zu finanzieren. "Diese Kritik hören wir von unseren Führungskräften immer öfter. Das beschäftigt unsere Kassenführer und Kommandanten ganz massiv."
Miteinander gestalten
Es gibt klarerweise viele Gemeinden, in denen sehr gut zusammengearbeitet wird. "Wir wollen diesen gemeinsamen Weg nicht verlassen, müssen aber doch auch darauf pochen, das System nicht zu überhitzen", sagt der Freiwilligen-Manager. Immer noch mehr Geld aufzustellen zu müssen, um damit etwa Einsatzmittel finanzieren zu können, sei einfach der falsche Weg.
Für die Zukunft sichern
Ein flächendeckendes Feuerwehrwesen auf ehrenamtlicher Basis zu sichern, ist die wesentliche Zukunftsaufgabe: den Menschen bewusst zu machen und bewusst zu erhalten, dass für ihre Sicherheit Menschen zu jeder Tages- und Nachtzeit ihre privaten Aktivitäten hintanstellen, ausrücken und sich oft auch selbst für andere in Gefahr begeben – alles aus persönlichem und gemeinsamem Antrieb, aus Begeisterung und mit Emotion. Die Zukunftsherausforderung ist es, diese Emotion, die Kameradschaft als Triebfeder und die Rahmenbedingungen dazu zu sichern.
Die Freiwilligen Feuerwehren leisten Großartiges und sind als System unverzichtbar. Dennoch ist es längst an der Zeit, um auch dieses System zu reformieren und die Kräfte zu bündeln. Besser als eine von den Geldgebern (Land, Gemeinden und Steuerzahler) aufgezwungene Reform wäre allerdings eine, die von der Spitze der Organisation und den Verbandsmitgliedern selbst ausgearbeitet und getragen wird.
Selbstverständlich darf dabei auch die Zusammenlegung von Standorten kein Tabu sein. Schließlich werden heutzutage die Einsatzorte nicht mehr mit Pferdefuhrwerken angefahren. Auf der anderen Seite braucht es modernes und teures Gerät, das in Minutenschnelle vor Ort gebracht werden muss.
Eine innere Reform könnte größeren Finanzspielraum schaffen als das Schielen auf neue Einnahmequellen.
bin absolut bei dir, dass es in der organisation potenzial zur optimierung gibt. derzeit herrscht aber noch immer bewahrermentalität und kantönligeist, obwohl es schon viel besser geworden ist.
intern traut man sich ja nicht einmal zu sagen, dass es große und kleine feuerwehren gibt - sorry, das ist realität genauso wie die tatsache, dass es feuerwehren gibt, die untertägig nicht einsatzfähig sind, weil die Männer und Frauen außer orts arbeiten.
es wird stück für stück an kleinen stellschrauben gedreht - wohlwissend, dass man nicht alles auf einmal verändern kann. aber auch sehenden auges, dass diese veränderungen zu langsam gehen und man auf zu viele befindlichkeiten der funktionärsschicht rücksicht nimmt.
mit wäre es lieber wir würden eine richtige reform vorantreiben als von außen reformiert zu werden. würde übrigens bei unserer Gemeindestruktur in OÖ auch mal sinn machen, sich da ein paar gedanken zu machen ...
Das Fusionieren ist eine ganz heikle Angelegenheit, die man nicht unterschätzen darf. Ich kenne einen FF-Mann einer Feuerwehr (in dieser Gemeinde gibt es 5 Feuerwehre), der sehr aktiv und nach meiner Einschätzung grundsätzlich ein Mann mit sehr vernünftigen Ansichten ist. Als er mir einmal wieder vom hohen Zeitaufwand erzählte, der seine Aufgabe als Zeugwart mit sich bringt und gleichzeitig klagte, dass sich zu wenige aktiv engagieren würden, fragte ich nur so nebenbei, ob feuerwehrintern das Thema "Fusion" schon einmal angesprochen wurde, antwortete er spontan: wenn unsere Wehr mit einer anderen zusammengelegt wird, trete ich sofort aus der Feuerwehr aus. Ich fürchte dass dieser Feuerwehrmann nicht allein diese Ansicht vertritt.
Es ist naiv zu glauben dass man aus 3 Feuerwehren mit jeweils 100 Mann dann eine mit 300 Mann machen kann. Die meisten würden den Helm drauf schmeißen und von ursprünglich 300 bleiben nur mehr 120 über.
Von dem abgesehen dass es genug Feuerwehren - inklusive meiner - gibt, die sich autark finanzieren können, nämlich dank starker Veranstaltungen.