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Wie Kinder gut durch Krisen kommen

Von Gerhild Niedoba, 20. November 2020, 00:04 Uhr
(Symbolfoto) Bild: Alexander Schwarzl

LINZ. Anlässlich des heutigen Internationalen Tages der Kinderrechte luden die OÖNachrichten zu einer hochkarätig besetzten Diskussion.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern Menschen mit eigenen Bedürfnissen und Ansprüchen, sagte Kinder- und Jugendbuchautor Thomas Brezina bei der OÖN-Diskussion anlässlich des heutigen Internationalen Tages der Kinderrechte. Wie die Jüngsten der Gesellschaft in Zeiten von Corona, Terroranschlägen und Klimawandel gestärkt werden können, darüber diskutierte er mit Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SP), Christine Winkler-Kirchberger (Kinder- und Jugendanwältin des Landes OÖ), Barbara Buchegger (Pädagogische Leiterin der Initiative Saferinternet.at) sowie Sonja Farkas (Leiterin des Kinderschutzzentrums Steyr).

Können und sollen Kinder und Jugendliche vor Krisen bewahrt werden?

Dass es unmöglich ist, Kinder und Jugendliche vor Krisen abzuschirmen und zu schützen, darüber waren sich alle Diskutanten einig. Es gelte aber, Kindern "eine Stimme zu geben", sagte UNICEF-Botschafter Thomas Brezina: Gerade in Bezug auf die Schulschließungen müssten die, die diese Maßnahme unmittelbar betreffe – nämlich die Schüler selbst –, nach ihren Bedürfnissen befragt werden. Es gelte aber auch, mit ihnen über die Geschehnisse zu sprechen, und zwar in einer "kindgerechten Sprache", sagte Birgit Gerstorfer. "Damit sie sich einstellen können, wie sie die nächsten Monate ihr Leben ausgestalten können."

Wie kann in bewegten Zeiten sichergestellt werden, dass sich die unter 18-Jährigen dennoch gut entwickeln?

Es brauche zuerst einmal den "Mut, auch zu sehen, dass wir in einer sich ändernden Situation sind", sagte Internetexpertin Barbara Buchegger. Dazu komme, dass die Kinder gestärkt werden müssten, um etwa mit den Bildern von Terroranschlägen umzugehen. Und dafür seien Erwachsene wichtig, die ihnen zuhören und sich für die Welt der Kinder interessieren, waren sich alle Diskutanten einig. Gerstorfer sprach sich dafür aus, Kinder ernst zu nehmen und sie "mit Interesse" zu unterstützen. Sie bräuchten Bezugspersonen, die ihnen das Gefühl vermitteln, dass es immer Lösungen gebe. "Ein Kind von heute ist mehr der Situation ausgesetzt als einer gesellschaftlichen Krise", sagte Gerstorfer. Daher sei es wichtig, ihnen Vertrauen entgegenzubringen und die für sie nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu zähle, ihnen im derzeit beengten Lebensraum einen geeigneten Ort für das Homeschooling zu schaffen.

Vor der Gefahr, dass die Corona-Krise andere innerfamiliäre Konflikte überschatten könnte, warnte Kinder- und Jugendanwältin Winkler-Kirchberger. Es liege auch an Außenstehenden, bei jeder Auffälligkeit hin- anstatt wegzusehen.

Welche Rolle spielt bei den Jüngeren die Onlinewelt?

Ein weiterer Diskussionspunkt betraf die Wichtigkeit des "virtuellen Raumes", wie Internetexpertin Buchegger deutlich machte: Gerade jetzt, wo aufgrund der Schulschließungen die Kontakte mit Freunden und Schulkollegen wegfielen, sei der Gebrauch von Onlinespielen und sozialen Netzwerken für die unter 18-Jährigen besonders wichtig. Dies seien "gute Orte, um sich miteinander auszutauschen, Freunde aufeinander aufpassen zu lassen und miteinander zu spielen".

Und davon könnten auch die Eltern profitieren, ist Brezina sicher: Indem sie sich für die Onlinewelt ihrer Kinder interessieren und diese zu festgelegten Zeiten gemeinsam nutzen, anstatt diese zu "verdammen", könnte das gegenseitige Verständnis und die Kommunikation miteinander verbessert werden.

Stecken Kinder Krisen wie Armut, Krieg, Krankheit, Scheidung der Eltern besser weg als Erwachsene? Sind sie krisenfester?

Ein entschiedenes "Nein!" kommt dazu sofort von Brezina. Kinder könnten derartige Erlebnisse nicht alleine verarbeiten, diese würden stattdessen in ihnen eine Art "Schock" auslösen. Die Corona-Pandemie stelle für die gesamte Gesellschaft eine extreme Krisensituation dar, "wie es sie in den letzten 60 bis 70 Jahren nicht gegeben hat". Viel wichtiger, als täglich neue Infektionszahlen zu veröffentlichen, wären stattdessen adäquate Lösungen, sagt er.

Dazu zähle auch, den Kindern in Krisenzeiten zuzuhören, machte Winkler-Kirchberger deutlich. Kinder würden die Stimmung ihres Umfeldes genau wahrnehmen.

Farkas skizzierte in diesem Zusammenhang zwei Gruppen von Kindern: diejenigen, die "viel aushalten", und die anderen, die massiv darunter leiden. Während die einen, "unbequemen", Kinder in Notsituationen durch Stören, Unfolgsamkeit oder schlechte Leistung auffallen würden (Farkas: "Um sie mache ich mir weniger Sorgen, weil die kriegen Aufmerksamkeit"), sei die Gruppe jener Kinder, die sich angepasst verhalten, "viel ärmer dran", sagt sie: "Die denken, was ist in unserer Familie los, jetzt muss ich funktionieren, gute Noten schreiben, weil meine Eltern das nicht mehr händeln könnten, wenn auch ich noch schwierig bin."

Umso wichtiger sei daher laut Winkler-Kirchberger ein "gewaltfreies, liebevolles Umfeld". Anstatt Kinder zu kritisieren und zu demütigen, sollten diese gestärkt werden: etwa, indem man ihnen Verantwortung übertrage, wie etwa bewältigbare Aufgaben im Haushalt.

Welchen Stellenwert hat die Leistungserbringung in Zeiten wie diesen?

Auch bei dieser Frage herrschte Einigkeit, wonach jetzt nicht Noten und Erfolg bei der Arbeit, sondern die Bewältigung der Krise im Vordergrund stehe. "Eine Leistung ist es derzeit, halbwegs unbeschadet durch diese Situation zu kommen", spricht Brezina auch von einem "Hochtrapezakt für Eltern". Für Kinder stehe durch Homeschooling nicht die Beurteilung im Vordergrund, sondern "was sie aus der Distanz schaffen".

Bildung müsse weiter vermittelt werden, sagte auch Farkas, "normale Leistungen" dürften aber derzeit nicht erwartet werden. Stattdessen sei es bedeutender, anstatt auf Wissen auf die Fähigkeiten der Kinder einzugehen, sagte Winkler-Kirchberger.

Mit Greta Thunberg haben Jugendliche gelernt, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Stimmt Sie das optimistisch?

Sie sehe zuversichtlich in die Zukunft, sagte Winkler-Kirchberger. Schließlich seien es immer die Jungen gewesen, die Kraft und den Mut aufbrachten, um neue Wege aufzuzeigen.

Gerstorfer strich das Grundvertrauen in den Zusammenhalt der Gesellschaft hervor, "dass wir den Klimawandel schaffen und es soziale Sicherheit gibt".

Buchegger schloss mit einem Appell an die Erwachsenen: "Schnappen Sie sich ein Kind oder einen Jugendlichen, online oder face to face, und fragen Sie diese, was das letzte Spiel war, das sie gespielt haben. Und fragen Sie so lange nach, bis Sie verstehen, warum ihnen das Spiel so gut gefallen hat. Wenn wir Interesse an der Welt der Kinder und Jugendlichen zeigen, können wir schon einige Kinderrechte gleich umsetzen."

Die gesamte Diskussion zum Nachsehen:

OÖN-TV Talk zum Thema: Kinderrechte

Eine hochkarätig besetzte Online-Diskussion drehte sich am "Tag der Kinderrechte" am Mittwoch um die Frage: "Was stärkt Kinder und Jugendliche in diesen schwierigen Zeiten?"

Zitate der Diskussionsteilnehmer:

„Kinder brauchen ein gewaltfreies, liebevolles Umfeld, damit sie sich gut
entwickeln können.“
Christine Winkler-Kirchberger, Kinder- und Jugendanwältin des Landes OÖ

„Sich jetzt miteinander zu freuen und Spaß zu haben, mag derzeit zwar etwas anstrengend sein,
aber es lohnt sich. Das ist stärkender als alles andere.“
Thomas Brezina, Kinderbuchautor, UNICEF-Botschafter

„Der virtuelle Raum, wie etwa soziale Netzwerke, ist in der Corona-Krise für
Kinder und Jugendliche ein guter Ort, um sich zu treffen.“
Barbara Buchegger, Pädagogische Leiterin der Initiative Saferinternet.at

„Sorgen bereiten mir Kinder, die denken: ‚Ich muss funktionieren, weil die Eltern das nicht mehr händeln könnten, wenn auch ich schwierig bin.‘“
Sonja Farkas, Leiterin des Kinderschutzzentrums Steyr

„Es ist wichtig, Kinder und Jugendliche zu Wort kommen zu lassen und ihnen jetzt verständlich zu machen, was passiert ist.“
Birgit Gerstorfer, Soziallandesrätin (SP)

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Autorin
Gerhild Niedoba
stv. Leiterin Regionalressort
Gerhild Niedoba

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11  Kommentare
11  Kommentare
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( Kommentare)
am 20.11.2020 21:39

Artikel - Islamisches Posting darf nicht in den Chat - war ja wider ein armes Hascherl samt Einzelfall nur Jux - "DANKE JUSTIZ POLITK FÜR DIESE GERECHTIGKEIT"!
Würde das selbe Urteil mit dem gleichen Posting auch für gebürtige Österreicher ausfallen, oder werden sie als Rechtsradikal und Nazi eingestuft und daher besonders hart bestraft?

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JuliaHE (2 Kommentare)
am 20.11.2020 09:57

Hallo allerseits!

Ich frage mich, wohin sich Kinder wenden können?
Wo finden Kinder Hilfe?

Wie GIOVANNI1 schreibt, die Kinder haben wenig Lobby.
Wo ist die Lobby der Kinder?

Hat jemand eine Idee?

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mehlknödel (3.505 Kommentare)
am 20.11.2020 10:36

"Rat auf Draht" z. B.

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muelli (811 Kommentare)
am 20.11.2020 10:36

Sollten die roten Kinderfreunde sein. Viel gehört hat man bisher nicht von ihnen.

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lndsmdk (17.215 Kommentare)
am 20.11.2020 21:52

Kinder dürfen auch bei 133 anrufen. Normal, lernen es die Kinder in VS.

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reibungslos (14.393 Kommentare)
am 20.11.2020 07:34

Mir kommt das so vor: Das Haus ist fast niedergebrannt, man diskutiert die Wirkung von Brandschutzmassnahmen und ist guter Zuversicht, dass der Brand wenig Schaden angerichtet hat.

Und was das gewünschte gewaltfreie, liebevolle Umfeld betrifft: Eines der Hauptprinzipien unserer Gesellschaft lautet: Setze dich durch, um jeden Preis. Die Kinder können gar nicht lange in der Kuschelecke, wenn diese überhaupt existiert, verbringen, denn Spiele und Filme sind allgegenwärtig, die zeigen, dass immer der siegt, der am meisten Gewalt anwendet und am wenigsten Mitgefühl zeigt. Die Wirtschaft, das Bildungssystem und die Onlinewelt vermitteln aber auch permanent, dass man sich durchsetzen muss. Es dreht sich eigentlich alles nur darum. Man kann Kinder davor gar nicht schützen.

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( Kommentare)
am 20.11.2020 07:29

Kinder haben leider wenig Lobby (im Gegensatz zu Waffengeschäften zum Beispiel).
Das Kinderrecht auf Bildung wurde vom BK Kurz schon mehrfach entgegen fast aller Expertenmeinungen missachtet u mit Füßen getreten.
Schön ist es zu sehen, dass viele Kinder sich das Recht nehmen in die Schule zu gehen, weil sie sich dort wohl fühlen u sie dort besser lernen können.

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metschertom (8.030 Kommentare)
am 20.11.2020 06:01

Kinder haben an für sich keine Probleme um mit dieser Pandemie zu recht zu kommen. Die Erwachsenen sind die Personen die ihre Befindlichkeiten an die Kinder bewusst oder unbewusst weiter geben. Die Eltern sollten diejenigen sein die ihre Kinder unterstützen, die Vorteile aufzeigen und nicht als Weltverschwörer oder Schwarzseher auftreten. Erwachsene prägen die Kinder, das sollten wir nie vergessen!

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muelli (811 Kommentare)
am 20.11.2020 10:41

Ich gebe dir Recht, dass es zu einem großen Teil die Erwachsenen sind, die ihre Probleme mit der Pandemie an die Kinder weitergeben. Alle Kinder in meinem Bekanntenkreis haben mit der Maske genauso wenig Problem wie mit Socken, Schuhen oder einer Winterhaube. Ausgenommen die, bei denen die Eltern Verweigerer sind und den Kindern einreden, wie traumatisiert sie durch das Tragen der Maske nicht sind. Aber... und es ist ein großes Aber: Schulschließungen nehmen Kinder sehr wohl psychisch mit, weil es ihren ganzen gewohnten Rhythmus und Tagesablauf stört und umkrempelt. Vernünftige Eltern können da sicher einiges abfedern, ich kenne aber trotzdem genug, die deshalb dicke Tränen vergießen.

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felixh (4.876 Kommentare)
am 20.11.2020 11:10

Kinder haben an für sich keine Probleme um mit dieser Pandemie zu recht zu kommen. Eher die Eltern und Erwachsenen. Kinder sollten aber Kind sein dürfen!

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danube (9.663 Kommentare)
am 20.11.2020 00:32

"Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen", hat Johann Wolfgang von Goethe einmal gesagt. "Wurzeln, solange sie klein sind, und Flügel, wenn sie größer werden. In der Zeit dazwischen, da spielt sich das Abenteuer Erziehung ab."

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