"Entscheidung über Studienwahl wird immer mehr nach hinten verschoben"
WELS. Fachhochschulrektor Rabl sorgt sich um eine verunsicherte Jugend als Folge von Corona.
Fachhochschulrektor Michael Rabl wurde kürzlich für vier weitere Jahre vom Fakultätsrat in seinem Amt bestätigt. Der 52-Jährige bewährte sich in der Coronakrise als umsichtiger Manager. Bei der Schaffung einer Technischen Universität in Oberösterreich wünscht sich Rabl ein dezentrales Modell mit Welser Beteiligung.
Corona war und ist für Studierenden und Hochschulen eine riesige Herausforderung. Was waren aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen?
Gerade der Anfang war für uns extrem fordernd, weil wir bereits Ende Februar den ersten Verdachtsfall hatten – einen Austauschstudenten. Wir haben früh damit begonnen, unsere Mitarbeiter mit Laptops auszustatten. In nur fünf Tagen musste für das Distance Learning ein Onlinesystem aus dem Boden gestampft werden. Wir wurden ins kalte Wasser gestoßen.
Haben die Studierenden in der Krise Zeit verloren?
Prinzipiell haben wir durch das Umschalten keinen Zeitverlust gehabt. Die Laboreinheiten mussten vom Sommer- auf das Herbstsemester verschoben werden. Wir sind dabei auf Onlinemedien ausgewichen. Man kann auch über Streaming und Video nachbilden, was im Labor stattfindet.
Wie groß ist aktuell der Andrang auf die Welser FH?
Die Entscheidung, welches Studium man wählt, wird immer mehr nach hinten verschoben. Das kann mit der Zentralmatura zusammenhängen, die drei Wochen später stattfindet. Es gibt eine große Verunsicherung. Die jungen Leute sind besorgt, dass sie aufgrund der Corona-Situation das Studium nicht schaffen.
Wie lässt sich das entschärfen?
Wir bieten Förderunterricht, Einstiegstutorien und Brückenkurse in Physik und Mathematik an, bei denen in zehn bis 15 Einheiten wesentliche Grundlagen wiederholt werden. Auf diese Weise wollen wir den angehenden Studierenden die Angst nehmen.
Die Stadt Wels trägt jährlich 1,1 Millionen Euro zur Erhaltung des FH-Standorts bei. Was ist die Gegenleistung?
Wir bilden Fachkräfte für die Region aus, sind ein wesentlicher Lieferant von Absolventen. Große Unternehmen wie Rübig, Fronius, Kellner & Kunz, Felbermayr sind froh, dass es uns gibt. Allein bei Fronius arbeiten und forschen bis zu 20 Absolventen aus unserer FH.
Nachdem Linz vehement die geplante Digital-Uni für sich beanspruchte, ist die Diskussion um einen möglichen Standort in Wels verstummt. Ist der Zug schon abgefahren?
Eine Universität muss nicht an einem zentralen Standort liegen. Wels bietet sich an. Es wird schon bald eine Schnellbahn nach Linz geben. Mit der JKU könnte man eine wunderbare Netzwerkuniversität aufbauen – mit einem Schwerpunkt in Wels zum Thema Energie. In Anlehnung an Bundeskanzler Kurz würde ich meinen, dass man das Beste aus allen Welten in der geplanten Digital-Uni vereinen sollte.
Was planen Sie baulich?
Es ist ja kein Geheimnis, dass wir die eww-Zentrale in der Stelzhamerstraße übernehmen wollen. Künftig sollen dort alle Forschungsbereiche der FH am Campus Wels konzentriert werden.
Virtual Open House
Wer sich selbst ein Bild von einem Studium am FH OÖ Campus Wels machen will, kann dies am Freitag von 14 bis 17 Uhr im Rahmen eines Virtual Open House mit studentischen Info-Talks tun. Außerdem kann man zusätzlich jeden Mittwoch im Juni den Campus Wels und seine Laboratorien besichtigen und sich auch persönlich beraten lassen.
Die Fachhochschule bietet Einstiegstutorien für alle erstsemestrigen Studierenden. Nach einem umfassenden Angebot im September können die Tutorien-Hilfen auch während des Studiums in Anspruch genommen werden. Jährlich kommen rund 200 Studierende vor dem 1. Oktober an den Campus, um an den Brückenkursen in den Bereichen Elektrotechnik, Konstruktion, Chemie und Mathematik teilzunehmen. Infos unter www.fh-ooe.at/campus-wels