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Wird Wels zu einem zweiten Traiskirchen?

Von Erik Famler   08.Juni 2016

Vor der Wahl war alles anders: Weder ein Containerdorf bei der Hessenkaserne noch ein Asylquartier auf dem Asfinag-Gelände standen da zur Diskussion. Wie berichtet, ist nun plötzlich ein dritter Standort für ein großes Flüchtlingsprojekt im Gespräch: die ehemalige Frauenklinik. Zuletzt wurde sie viele Jahre als psychiatrisches Zentrum genutzt. Im Vorjahr ging sie in Privatbesitz über. Für das Gebäude in der Linzer Straße werden derzeit Pläne gewälzt, die Bürgermeister Andreas Rabl vor ein Dilemma stellen. Geplant sein soll ein Aufnahmezentrum, in dem die Fremdenpolizei ihre Amtshandlungen erledigt und Flüchtlinge medizinisch untersucht werden. Bis zu 100 Asylwerber am Tag könnten dort behördlich erfasst werden. Weitere 200 Flüchtlinge sollen auf dem Gelände dauerhaft wohnen.

70 Polizisten für Wels

Als Zuckerl stellt das Land 70 zusätzliche Polizisten in Aussicht. Wenn der Migrationsdruck gering ist, würde die Stadt von der erhöhten Polizeipräsenz profitieren. Die eingesetzten Beamten hätten kaum fremdenpolizeiliche Aufgaben und könnten stattdessen in Wels auf Streife gehen. Zudem würde das Innenministerium auf die geplanten Quartiere am Asfinag-Gelände und in der Hessenkaserne verzichten.

Hinter den Kulissen wird um eine Entscheidung bereits heftig gerungen. Der für Integration zuständige Landesrat Rudi Anschober macht Druck auf Rabl: "Wels hat die mit Abstand wenigsten Quartiere aller Statutarstädte und liegt damit weit unter der Richtquote von 1,5 Prozent." Das bemängelt auch Landeshauptmann Josef Pühringer (VP).

Dem blauen Bürgermeister spielt in die Karten, dass die Welser ÖVP den Plänen eine klare Absage erteilt. Rechtlich könnte ein solches Zentrum im übrigen nur mit Mühe legitimiert werden. Das Durchgriffsrecht des Bundes wäre anfechtbar, weil kein Quartier, sondern eine Behörde ins "Klinikum" einziehen würde. Außerdem muss das Land den ersten Schritt setzen und mit den Eigentümern einen Mietvertrag abschließen. Gewinnt in einem Rechtsstreit die Stadt Wels, sitzt die Landesregierung in der Falle. Für sie hätte das Areal dann keinen Nutzen. Bei einer Jahresmiete von bis zu 200.000 Euro würde der Rechnungshof auf den Plan treten. Deshalb hat Rabl vorsorglich sein Veto angekündigt.

In der Realität angekommen

Unabhängig davon ist Rabl mit seiner Partei längst in der Realität angekommen. Die Hoffnungen seiner Wählerschaft, wonach er dem Zuzug von Ausländern einen Riegel vorschiebt, sind inzwischen zerschlagen. Die FPÖ verlegt sich daher auf Schadensbegrenzung und malt zur Abschreckung den Teufel an die Wand. In einem Welser Erstaufnahmezentrum könnten eines Tages Zustände herrschen wie vor einem Jahr in Traiskirchen. Asylwerber, die ihre Identität verschleiern, würden von der Bundesbehörde kurzerhand auf die Straße gesetzt: "Dann droht Wels das Schicksal von Traiskirchen", betont Rabl unmissverständlich.

Sollten Bund und Land mit ihrem Vorhaben scheitern, wird Wels ein Flüchtlingsquartier vor der Hessenkaserne kaum verhindern können. Noch fehlt dazu der Bescheid. Deshalb setzt Rabl auf Zeit: "Ich will beides nicht. Anders als ein Aufnahmezentrum hat ein Containerdorf aber ein Ablaufdatum."

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