Welserin wagt in den USA Abenteuer ihres Lebens

Von Michaela Klinger   13.August 2018

Begonnen hat alles vergangenes Jahr mit der beiläufigen Erwähnung des Films "Wild" durch Gisella Krinzingers Schwester. In dem Streifen begibt sich eine junge Frau auf den Weg von Kalifornien nach Kanada. Seit der Veröffentlichung des Films ist die Beliebtheit des Pacific Crest Trails (PCT) gestiegen.

Auch Krinzinger wurde von der Neugier gepackt und begann, intensive Recherchen anzustellen. Im Herbst 2017 fasste sie den Entschluss, das Abenteuer zu wagen.

Einsame Reise ins Ungewisse

Ende März flog die 27-Jährige, die ihren Posten als Volksschullehrerin aufgegeben hatte, mit einem halbjährigen Visum schließlich nach Los Angeles. Krinzinger begab sich in die Wüste Kaliforniens und machte sich ohne viel Wandererfahrung auf den Weg Richtung kanadischer Grenze.

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Der Weg führt oft auch durch das Wasser.

"Anfangs war ich ganz allein", erzählt die Weitwanderin, "doch zum Glück bin ich bald auf Gleichgesinnte getroffen, denen ich mich anschließen konnte. Wir waren eine richtige Trail-Familie." An einem Punkt zählte die Gemeinschaft acht Mitglieder. Da aber jeder ein anderes Tempo hatte und viele nur Teile des Pfades zurücklegten, blieben am Ende nur Krinzinger und der US-Amerikaner Trevor übrig. Die beiden verbindet eine enge Freundschaft.

"Das meiste, was ich an Ausrüstung geschleppt habe, waren 20 Kilo", verrät die Wanderin, "nach und nach habe ich immer mehr liegen gelassen, was ich nicht gebraucht habe. Irgendwann ging ich mit kurzer Hose im Schnee und wechselte vom Buch zum Routenplaner auf dem Handy." Auch beim Proviant wägte Krinzinger stets Gewicht und Energiegehalt ab. "Ein Apfel wiegt für die paar Kalorien, die er liefert, zu viel", sagt sie lachend. So ernährte sie sich in den letzten Monaten vor allem von Proteinriegeln und entwickelte eine Vorliebe für Erdnussbutter.

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Mit einem Kollegen beim Tanz in den Sonnenuntergang

Gefährliche Situationen und Ziel

Auf der Reise drohen Gefahren wie Lebensmittel- und Wasserknappheit, die Überquerung reißender Flüsse sowie Wildtiere wie der Schwarzbär. Nicht selten waren Wasserquellen versiegt und der Pfad im Schnee nicht klar zu sehen.

In die bisher brenzligste Situation geriet die 27-Jährige auf einem Pass der Sierra Nevada. Beim Abstieg verlor sie den Halt und rutschte 20 bis 30 Meter auf der harten, festgefrorenen Schneedecke ins Tal ab. Dabei zog sie sich eine schlimme Schürfwunde am Oberschenkel zu, die unaufhörlich blutete. "In der darauffolgenden Nacht war ich am Ende meiner Kräfte und nahe dran, einfach aufzugeben", verrät Krinzinger.

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Über Stock und Stein

Doch sie machte weiter, erklomm sogar den 4421 Meter hohen Mount Whitney und erreichte nach viereinhalb Monaten und 3467 Kilometern die Kleinstadt Cascade Locks, ihr vorläufiges Ziel.

Seit zwei Wochen befindet sich die junge Abenteurerin aufgrund der Heirat ihrer Schwester in Österreich, wo sie bis Ende August für eine Verschnaufpause bleibt. Danach möchte sie mit neuer Energie die letzten 812 Kilometer zurücklegen. "Jetzt, wo ich schon so weit gekommen bin, möchte ich den Weg unbedingt vollenden", sagt die willensstarke Welserin. Ein Ziel, das nicht viele erreichen. Im Jahr 2017 bewältigten von 3934 ambitionierten Wanderern gerade einmal 491 die gesamte Distanz.

Nach der Ankunft in Kanada möchte Krinzinger bis Oktober in den USA bleiben und spielt schon jetzt mit dem Gedanken, bald die Wanderung über den 3500 Kilometer langen Appalachian Trail an der Ostküste zu wagen.

 

Abenteuer pur

Der 2659 Meilen (4279 km) lange Pacific Crest Trail (PCT) beginnt in Campo an der Staatsgrenze Mexiko/USA im Bundesstaat Kalifornien und endet in Manning Park an der Grenze USA/Kanada in der Provinz British Columbia. Mit 4009 Metern stellt der Forester Pass beim Mount Whitney den höchsten Punkt dar, der tiefste liegt in Cascade Locks mit 43 Metern Seehöhe.