Keine Kerze leuchtet schöner
13. Dezember: Kerzenziehen im Familienkreis bringt Ruhe in die hektische Vorweihnachtszeit
Julian hat einen Baumwolldocht mit einer Schlaufe auf seinem Mittelfinger hängen. Vorsichtig taucht der Fünfjährige die „Schnur“ ins heiße Bienenwachs, zieht sie heraus und wartet. Das dauert. Die Bienenwachshaut, die sich um die Kerze gelegt hat, muss auskühlen, ehe er die Kerze wieder im Wachsbad versenken kann. Eine halbe Stunde braucht er, bis er stolz verkündet: „Ich hab jetzt so eine richtig dicke Kerze. Und nichts leuchtet schöner als eine selbstgemachte Kerze.“
„Als Einstimmung auf Weihnachten ist das Kerzenziehen im Familienkreis ein Genuss der Langsamkeit, etwas, wo man zur Ruhe kommen muss. Während die Kerze auskühlt, können die Kinder mit den Eltern gemütlich Tee trinken und plaudern“, sagt die Kerzenzieherin Eva Maria Mittermair aus St. Johann am Wimberg. Nach ihrer Erfahrung haben die Kinder bei der vorweihnachtlichen Wachsarbeit mehr Geduld als die Erwachsenen. „Und Kinder, die unsicher sind, bekommen mehr Selbstsicherheit, auch hyperaktive Kinder werden rasch ruhig“, sagt Mittermair. Sie liefert den OÖNachrichten-Lesern eine Anleitung für das Kerzenmachen.
Anleitung zum Kerzenziehen
Einen alten Topf mit Wasser und eine höhere Konservendose, in der Sie das Wachs im Wasserbad schmelzen, brauchen Sie.
Bienenwachs ist am besten, weil es dickflüssiger ist und der Docht nicht so oft eingetaucht werden muss.
Den richtigen Docht dafür finden Sie zum Beispiel im Imkerhof: Zu beachten ist die Laufrichtung. Es gibt oben und unten beim Docht, wenn das nicht beachtet wird, brennt die Kerze nicht.
75 Grad Wassertemperatur ist ideal, um das Bienenwachs zu schmelzen. Das bedeutet, das Wasser ist immer knapp davor zu kochen.
Auskühlen: Der Docht wird ins Wachs getaucht, herausgezogen und muss auskühlen, bis die Wachsschicht nur noch lauwarm ist. Erst dann wieder eintauchen.
Die Geschichte der Kerzen:
Erst im 19. Jahrhundert wurde die Kerze, so wie wir sie heute kennen, verbreitet. Paraffin, Stearin und der geflochtene Docht wurden erfunden. Somit war die Kerze für jedermann erschwinglich.
Früher hatten die einfachen Leute Kienspäne, Öllampen oder Talglichter, die nicht nur fürchterlich stanken, sondern auch stark rußten.
Wohlriechende Bienenwachskerzen waren den Fürsten und Kirchen vorbehalten. Sie wurden von den Lebzeltern erzeugt. Auch einige bäuerliche Wachszieher verarbeiteten Bienenwachs und schufen Wachsstöckl. Sie bestehen aus einer langen Wachsschnur, in deren Mitte sich ein Kerzendocht befindet. Diese Wachsschnur wird frei geformt, oder über einen Holzkern (Buchform) gewickelt.