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Vergewaltigungsprozess: "Du bist so erotisch – ich kann nicht anders"

15.Jänner 2021

"Du bist so eine erotische Frau, ich kann nicht anders." Das soll der beschuldigte Schartener Bürgermeister und Landtagsabgeordnete (VP) laut Anklageschrift zu seiner Mitarbeiterin gesagt haben, als er ihre Brüste begrapscht und dann trotz Gegenwehr den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen haben soll. Das ist laut Anklage im Dezember 2015 passiert. An einem Abend im Gemeindeamt, als alle anderen schon weg waren.

Der 54-Jährige soll die Frau zwischen 2014 und 2016 zwei Mal sexuell belästigt und drei Mal vergewaltigt haben. Die Ex-Mitarbeiterin soll vermutlich daher an Depressionen leiden. Laut einem Gutachten sind diese so gravierend, dass sie den Grad einer schweren Körperverletzung erreichen. Dem Politiker drohen im Fall einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.

Der Angeklagte hat die Vorwürfe stets bestritten. Bitten der Medienvertreter um ein Statement vor Prozessbeginn lehnt er ab und zieht sich mit seinem Verteidiger, dem Strafrechtsexperten Oliver Plöckinger, zum Gespräch zurück.

Im Schwurgerichtssaal trägt die Staatsanwältin die Anklage vor: "Er hat seine berufliche Position und seine körperliche Überlegenheit ausgenutzt." Zudem habe der Angeklagte versucht, das Opfer wissentlich falsch als Verleumderin darzustellen, weshalb sich der Politiker selbst wegen Verleumdung verantworten muss.

Die Frau ist seit 2018 im Krankenstand. 2019 fand eine Gemeinderatssitzung statt, in der es darum ging, ihren Vertrag nicht mehr zu verlängern. Die Frau war damals persönlich anwesend und beschuldigte den Bürgermeister "vor den Augen der anderen Gemeinderatsmitglieder", so die Staatsanwältin. Dieser habe dann "die Flucht nach vorne ergriffen", brachte eine Klage ein und erstattete Anzeige wegen Verleumdung.

Taschentuch mit DNA-Spuren

Die Staatsanwaltschaft habe dann gegen die Frau ermittelt, und sie habe das erste Mal über die Übergriffe gesprochen. Als Beweis präsentierte das Opfer den Ermittlern ein Taschentuch mit Spermaspuren des Angeklagten, das sie aufgehoben hatte. Der Bürgermeister bestritt zunächst, dass es sich um seine DNA handelte, und verweigerte laut Anklage zunächst einen DNA-Abstrich. Erst später, als das Gutachten vorlag, sagte er, er habe das Taschentuch beim Onanieren im WC im Keller des Gemeindeamts verwendet und anschließend in einen Mistkübel geworfen. Vermutlich habe es die Mitarbeiterin aus dem Abfalleimer geholt, so der Angeklagte damals.

Der Verteidiger versucht zum Auftakt, die Glaubwürdigkeit des Opfers in Zweifel zu ziehen, indem er die zeitlichen Angaben zerpflückt. So habe es an einem der besagten Abende gar keine Sitzung gegeben, in der es um den Neubau des Gemeindeamtes ging. Auch der Architekt sei, anders als behauptet, damals nicht anwesend gewesen, so Plöckinger. Der Bürgermeister sei an diesem Abend durchgehend in Besprechungen gewesen. Dafür gebe es Zeugen.

Zudem präsentiert der Anwalt Fotos, die das mutmaßliche Opfer bei Terminen und Gemeindeausflügen zeigen. Ein Bild zeigt sie bei der 50er-Feier des Bürgermeisters. "Sie umarmt ihren angeblichen Peiniger", so der Verteidiger. "Sie hat gewissermaßen seine Nähe gesucht. Beide halten keinen Abstand, sie wirken wie ein Ehepaar."

Opferanwalt Clemens Krabatsch kontert, die Fotos seien "Momentaufnahmen, man kann meiner Mandantin nicht vorwerfen, dass sie gelacht hat." Auf Antrag der Verteidigung wird die Öffentlichkeit von der Beschuldigten-Einvernahme ausgeschlossen.

"Sie war so distanziert"

Danach kommen Zeugen zu Wort: etwa die Mutter des Opfers, die bei ihrer Tochter 2017 eine Wesensveränderung bemerkt haben will. "Trauriger und fahriger" sei sie gewesen. Eine Mandatarin der Grünen in Scharten, der sich das Opfer anvertraut hat, sagt, sie sei "verwundert" gewesen, denn die Frau habe "so sachlich und distanziert" gewirkt. Eine SP-Vertreterin sagte, für sie seien "beide Seiten glaubwürdig" gewesen. Der Bürgermeister habe sich Frauen gegenüber aber "immer korrekt" verhalten. Zur Einholung weiterer Beweise wurde der Prozess vertagt.

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20. April 2024