Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Unsere Kinder als Nichtschwimmer? "Zahl steigt rasant"

Von Herbert Schorn   18.Juni 2019

Jeder siebte tödliche Unfall bei Kindern unter 14 Jahren passiert in Österreich durch Ertrinken – die zweithäufigste Todesursache in diesem Alter. Besonders gefährlich ist der Sommer: Die Hälfte aller Schwimmunfälle mit Kindern passiert jetzt, im Juni und Juli. Das hat das Forschungszentrum für Kinderunfälle in Graz herausgefunden.

Nun warnen auch Wasserretter und Pädagogen. Denn viele Schüler können nicht schwimmen. "Der Prozentsatz an Kindern, die sich kaum über Wasser halten oder gar nicht mehr schwimmen können, wird von Jahr zu Jahr höher", sagt Martin Eberl von der oberösterreichischen Wasserrettung. Das sieht Robert Schlader ähnlich. Er ist Sportlehrer an der Neuen Mittelschule in Sierning und bildet zugleich für das Jugendrotkreuz Lehrer im Rettungsschwimmen aus: "Früher konnte jedes Kind, das aus der Volksschule zu uns kam, schwimmen. Jetzt gibt es bis zu einem Viertel Nichtschwimmer." Diese Zahl steige rasant. Laut dem Forschungszentrum für Kinderunfälle kann österreichweit sogar bis zur Hälfte der Kinder nicht schwimmen.

Doch woran liegt das? Eine Tatsache sei, dass unter den Kindern mit Migrationshintergrund die Zahl der Nichtschwimmer hoch sei, sagt Wasserretter Eberl: "Besonders bei Flüchtlingen und Asylwerbern gibt es viele Unfälle." Doch auch die heimischen Kinder würden sich heute weniger bewegen als früher, sagt Pädagoge Schlader: "Viele Kinder werden mit dem Auto bis zur Schultüre gebracht, die Freizeit verbringen sie mit dem Handy oder am Computer." Das Problem: "Je weniger Bewegungserfahrung Kinder haben, umso schlechter lernen sie neue Bewegungen." Früher seien die Kinder mit Freude ins Schulbad gegangen: "Jetzt muss man manche Kinder fast schon zwingen."

Zu wenige Hallenbäder

Doch in vielen Schulen sei Schwimmunterricht kaum noch möglich, sagt Martin Leitner, Leiter des Fachbereichs Sport an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich. Denn: "In vielen Gemeinden gibt es keine Hallenbäder mehr. Und dann wird der Aufwand einfach zu groß." Er wünscht sich gesicherte Zahlen für Oberösterreich: "Es bräuchte eine Erhebung, um exakt zu wissen, wie viele der Zehnjährigen schwimmen können. Dann könnten wir ein gezieltes Maßnahmenpaket erstellen", schlägt er vor.

Auf eines weisen alle Experten hin: Nicht schwimmen zu können, kann gefährliche Folgen haben. "Nichtschwimmer überschätzen sich leicht, vor allem wenn der Gruppenzwang dazukommt", sagt Pädagoge Schlader.

Doch was können die Eltern tun? "Wichtig ist, die Kinder von klein auf an das Wasser zu gewöhnen, Baden soll Spaß machen", sagt Schlader. Auch Schwimmkurse seien eine wichtige Hilfe. Und dann: "Schwimmen, schwimmen, schwimmen."

3 Fragen an Martin Eberl ...

... Mitarbeiter der Wasserrettung Oberösterreich, plädiert dafür, dass Kinder möglichst früh schwimmen lernen.

Warum können so viele Kinder nicht mehr schwimmen?
Die Gründe sind unterschiedlich. Zum einen sind es viele Kinder mit Migrationshintergrund, die nicht schwimmen können. Zum anderen bemerken wir, dass in den Schulen weniger ausgebildet wird, weil kaum noch Schulen Schwimmbäder haben und viele Lehrer das Unfallrisiko scheuen. Drittens bemerken wir, dass die Kinder immer unsportlicher werden und sich in der Freizeit nicht bewegen, sondern sich mit dem Handy beschäftigen.

Was sind die Folgen, wenn es viele Nichtschwimmer gibt?
Viele, die nicht schwimmen können, überschätzen sich grob. Dadurch steigt die Unfallgefahr.

Wie können die Eltern gegensteuern?
Je früher Kinder schwimmen lernen, umso sicherer sind sie. Man kann Kinder schon mit drei, vier Jahren an das Wasser gewöhnen, ihnen etwa das Tauchen zeigen. Wichtig ist, das Schwimmen spielerisch anzugehen, damit die Freude nicht verlorengeht.

Sicherer Badespaß mit Kindern

Die Risikobereiche für Kinder variieren je nach Alter: Für Kinder bis vier sind Gartenpools besonders gefährlich, für Fünf- bis Neunjährige öffentliche Schwimmbäder, für Zehn- bis 14-Jährige Seen und Flüsse.

So bleibt das Baden mit Kindern ungefährlich: Kinder dürfen beim Wasser nicht unbeaufsichtigt sein. Bei den meisten tödlichen Badeunfällen sind laut Wasserrettung die Aufsichtspersonen weniger als zehn Meter entfernt. Denn für Kleinkinder können schon geringste Wassertiefen von zehn bis 20 Zentimetern zur tödlichen Gefahr werden: Das Kind ertrinkt lautlos ohne Gegenwehr. Auch Schwimmflügerl schützen nur bedingt, weil sie leicht vom Arm rutschen. Planschbecken nach Gebrauch entleeren, Pools durch Zaun oder Abdeckung sichern.

Im Notfall Notruf absetzen, schwimmende Rettungshilfe ins Wasser mitnehmen oder Hilfe holen. Nie in strömende Gewässer nachspringen.

copyright  2024
29. März 2024