Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

"... und dann paddle ich über den Atlantik"

Von Roland Vielhaber   19.August 2019

Ein mehr als 300 Jahre altes, wunderschön renoviertes Bauernhaus in Altenberg: Hier ist Mendy Swoboda, einer der erfolgreichsten Sportler Oberösterreichs, aufgewachsen. Hier passierte auch jener Unfall, bei dem der sechsfache Para-Kanu-Weltmeister als Kind seine beiden Beine verlor: In der Bauernstube trafen die OÖN den Parade-Athleten zu einem Rückblick ohne Verbitterung, vielmehr einer Begegnung mit einem Siegertypen, den nichts so schnell aus der Ruhe bringt.

"Genau diese Ruhe schätze ich an Mendy besonders", erzählt Freundin Lisa. Seit sieben Jahren ist die Studentin der größte Goldschatz des 29-Jährigen. "Bei einer Geburtstagsparty haben wir uns kennen gelernt", erzählt Lisa, sein größter Fan an der Regattastrecke. Und seine Begleiterin in guten wie in schlechten Zeiten.

"... und dann paddle ich über den Atlantik"
Swoboda will sich das Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio sichern.

An neugierige Blicke gewöhnt

Es war der 18. Oktober 1997. Der damals siebenjährige Mendy fiel vor dem Bauernhaus in ein Loch, als er seinem Vater beim Befüllen der Hackschnitzelanlage helfen wollte. Die Förderstrecke trennte ihm beide Beine ab. Hätte der Vater nicht so schnell reagiert, hätte der Bub den Unfall vermutlich nicht überlebt.

"Es hätte noch viel tragischer ausgehen können", sagt Swoboda heute. Die Schmerzen würden sich in Grenzen halten, nicht aber die neugierigen Blicke, wenn er mit seinen Prothesen und kurzen Hosen durch die Stadt geht.

Der Sport half ihm auf dem Weg in den Alltag zurück. Als Zehnjähriger kam er durch Zufall zum Paddeln. Der Athlet von Schnecke Linz suchte dabei nicht nur im Behindertensport, sondern auch im Wettkampf mit Gleichaltrigen ohne körperliche Behinderung die Herausforderung.

Oft genug gewann Swoboda – und die Konkurrenten merkten erst auf dem Podium, dass der junge Mann mit dem dichten Haar auf Prothesen unterwegs ist. Mittlerweile hat Swoboda nicht nur sechs WM- und zehn EM-Titel bejubelt, bei den Paralympics in Rio vor drei Jahren eroberte er auch Silber. "Das Schönste ist die Holzschatulle, in der sie liegt", sagt Swoboda, steht auf und holt sie aus einer Kommode in der Bauernstube.

Natürlich hätte er schon damals am liebsten über Gold gejubelt. Doch was nicht ist, kann ja noch werden. Tokio 2020 steht ganz oben auf seiner To-do-Liste. In wenigen Tagen will er den ersten Schritt dazu setzen: Bei der Weltmeisterschaft im ungarischen Szeged geht es um die ersten Qualifikationstickets.

Dafür wird geschuftet und zwei Mal am Tag trainiert – der beträchtliche Umfang der Oberarme des jungen Mannes ist der beste Beweis dafür. Doch Training alleine reicht nicht. Auf dem Weg zu noch besseren Leistungen braucht es auch die besten Trainingspartner – und die könnte Swoboda in Dänemark finden. Wobei der Weltklasse-Athlet nicht vergisst, dem Sportland Oberösterreich zu danken: "Hier wird ausgezeichnete Arbeit geleistet und alles getan, damit wir gute Voraussetzungen finden."

Gleiches gelte für das ÖPC, das Österreichische Paralympische Comité: "Der Stellenwert des Behindertensports ist gestiegen." Man könne nun wie Swoboda Heeressportler sein und bekomme auch von der Sporthilfe die gleichen Förderungen wie nichtbehinderte Sportler.

Er, das Boot und das Meer

Wie sich Swoboda die Zeit nach Tokio 2020 vorstellt? "Mein Chemiestudium möchte ich fertig machen. Viel fehlt ja nicht mehr." Dazu hat er einen ganz großen Traum: "Und dann möchte ich über den Atlantik paddeln – von den Kanarischen Inseln bis in die Karibik." Ganz alleine. Nur er, das Boot und das Meer. 20 bis 30 Tage soll das sportliche Abenteuer dauern.

Freundin Lisa hat Zweifel daran, ob sich Swoboda diese Idee wieder ausreden lässt: "Dafür hat Mendy schon viel zu oft davon gesprochen."

copyright  2024
24. April 2024