Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Überfälle und Erpressungen: "Semmelweisbande" vor Gericht

Von René Laglstorfer, 28. Mai 2020, 09:19 Uhr
Überfälle und Erpressungen: Bande vor Gericht
Bis der Mindestabstand eingehalten werden konnte, herrschte im Saal des Linzer Landesgerichts Maskenpflicht. Bild: rela

LINZ. Prozessbeginn für sieben Junggangster am Linzer Landesgericht.

Die Angst vor diesen Jugendlichen soll riesig gewesen sein, ihr gewaltbereiter Ruf sei ihnen in Linz, Asten und Traun voraus geeilt: Mit Faustschlägen hätten sie ihre jungen Opfer traktiert und mit Schreckschusspistolen sowie Messern bedroht, um Geld zu erpressen. Und sie sollen zwei Mädchen, darunter eine 13-Jährige, zum Sex, genötigt haben.

Gestern mussten sich sieben führende Mitglieder der Linzer Semmelweisbande im Alter zwischen 15 und 17 Jahren für ihre etlichen Straftaten, die laut Staatsanwältin Renate Lachberger "ein halbes Buch füllen", vor einem Jugendschöffengericht verantworten. Ihren ungewöhnlichen Namen hat die Bande nur indirekt vom berühmten Wiener Arzt und Entdecker des Kindbettfiebers, Ignaz Semmelweis. Zwei der Junggangster, darunter auch der Bandengründer und selbsternannte "Präsi" Muhammed C. (15), wohnten in der nach Semmelweis benannten Straße im Linzer Kaplanhofviertel.

Schulabbrüche und arbeitslos

Zahlreiche Familienangehörige und Freunde der sieben Angeklagten mit türkischen Wurzeln drängten sich gestern in den großen Schwurgerichtssaal des Linzer Landesgerichts, der aber nur ein Drittel der Sitzplätze wie vor der Coronakrise bot. Richterin Margit Kreuzer griff durch und schickte etliche Personen nach draußen. Einige von ihnen drängten sich daraufhin auf den Balkon des Schwurgerichtssaals, der für Journalisten reserviert war.

Als im Saal langsam Ruhe einkehrte und der Mindestabstand gewährleistet war, erlaubte die Richterin das Abnehmen der Schutzmasken. Schon die erste Befragung der sieben Angeklagten zeichnete ein Sittenbild: Der erstangeklagte Bandenchef C. war erst im Jänner wegen Raubes und Körperverletzung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Vier weitere jugendliche Bandenmitglieder sind vorbestraft, einer steht in jungen Jahren bereits zum vierten Mal vor Gericht. Durch die Biografien der Junggangster ziehen sich Schulabbrüche und Arbeitslosigkeit. Ein Angeklagter, Achmed S., wuchs ohne Eltern auf, die in der Türkei leben. "Warum sind Sie in Österreich und nicht bei Ihren Eltern?", fragte ihn die Richterin. "Damit ich hier die Schule besuche." Aus der Pflichtschule wurde er allerdings nach einer Schlägerei ausgeschlossen. Der 17-Jährige erlebt bereits seinen dritten Prozess. Verteidiger Andreas Mauhart will ein psychiatrisches Gutachten, weil S. wegen Schizophrenie in Behandlung gewesen sei.

Pistole an Kopf gehalten

Schließlich zitierte Staatsanwältin Lachberger die elf "gravierendsten Delikte" der Jugendlichen aus ihrer 30-seitigen Anklageschrift. Im Sommer 2018 soll der damals 14-jährige "Präsi" die Semmelweisbande gegründet haben. Wer Mitglied werden wollte, habe andere "abziehen", worunter die Gangster das Umzingeln, Bedrohen und Ausrauben von oft "körperlich unterlegenen" Jugendlichen verstanden haben sollen. Im Frühling 2019 soll die Bande in Asten einen Autofahrer zum Anhalten gezwungen und mit einem Messer Geld erpresst haben. Beim Urfahraner Jahrmarkt im Oktober habe ein Bandenmitglied einem Jugendlichen eine Schreckschusspistole an den Kopf gehalten und so Geld erpresst. Anführer C. soll die Raubopfer ausgesucht und die Hälfte der Gesamtbeute von mindestens 7000 Euro behalten haben.

Als "besonders unverschämten Betrug" bezeichnete die Staatsanwältin den VIP-Ticket-"Verkauf" für ein Rapkonzert, um dann 2000 Euro "Schutzgeld" von einem Jugendlichen zu fordern. Anderen soll die Bande ihre Mopeds abgenötigt haben. Als ein Mann seinen Autoschlüssel verlor, soll dieser in den Besitz des Bandenführers gelangt sein. Der 15-Jährige soll den Wagen wie sein Eigentum benutzt und sogar einen Verkehrsunfall verursacht haben.

Ein betrunkenes Mädchen soll von einem Bandenmitglied in ein Kellerabteil gelockt und dort zum Geschlechtsverkehr genötigt worden sein. Von einem weiteren Mädchen (13) soll ein Junggangster verlangt haben, dass sie auch mit "Präsi" C. schläft, obwohl sie das ablehnte, ansonsten würden Nacktfotos von ihr online gestellt. Sie befindet sich in psychiatrischer Betreuung und fordert 5000 Euro Schmerzensgeld unter anderem für Therapien.

Heiterkeit im Landesgericht

"Die Opfer hatten so viel Angst, dass fast keiner zur Polizei ging", sagte die Staatsanwältin. Durch Zufall kamen Ennser Polizisten der Bande auf die Schliche, als sie bei einem Drogendelikt bemerkten, dass ein Opfer der Bande von ihr erpresst wird.

Vor Gericht nahm ein Beschuldigter seine Anschuldigungen gegenüber dem Anführer C. zurück. "Wir waren nur ein Zusammenschluss von Freunden, die zusammen spazieren gegangen sind", behauptete der 17-Jährige und löste damit Heiterkeit im Landesgericht aus.

Sechs Angeklagten drohen bis zu siebeneinhalb Jahre Haft, einem Beschuldigten bis zu fünf Jahre. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

mehr aus Oberösterreich

Rekord bei Öffi-Nutzung in Oberösterreich

Profisportler, DJs und Politiker am Urfahraner Markt

Krisenhilfe: Mobiles Familiencoaching wird erneut ausgebaut

Umweltanwalt fordert neues Bodenschutzgesetz für Oberösterreich

Autor
René Laglstorfer
Redakteur Land und Leute
René Laglstorfer

Interessieren Sie sich für dieses Thema?

Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.

Interessieren Sie sich für diesen Ort?

Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

Aktuelle Meldungen