Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

"TikTok": Ruhm oder Spott in 15 Sekunden

Von Gabriel Egger   18.August 2020

Jede Sekunde zählt. 60 sind das Limit, 15 sind besser. Kurz und aufmerksamkeitserregend muss es sein. Zwei junge Mädchen, die eine braun-, die andere blondhaarig, tanzen in bauchfreien Leibchen zu einem zwölf Jahre alten Song von Taylor Swift. 420.000 Menschen gefällt das. Wischen nach unten, nächstes Video. Eine Teenagerin erzählt, durch einen besonderen Filter in das rechte Licht gerückt, warum es mit den Jungs nicht immer einfach ist. 63.000 andere sind genau ihrer Meinung. Ein Klick auf das rote Herz, weiterwischen.

Ein muskulöser Bursch, Mitte zwanzig, filmt seine 90-jährige Großmutter beim Kochen. 200.000 Zusehern schmeckt das. Der Anwalt, in Hemd und Krawatte, erreicht mit seinen juristischen Tipps im Schnelldurchlauf zwei Millionen "Follower."

Das ist TikTok. Eine chinesische App für Videos, aufgenommen mit mit dem Handy, überall auf der Welt. Die einen sind hochprofessionell, mit Schnitt, Regie und sehr viel Übung. Die anderen verwackelt, banal und völlig spontan. Aber jedes einzelne kann innerhalb weniger Stunden Millionen Menschen erreichen.

Trump fordert Verbot

Die "Für Dich"-Seite, quasi die Startseite der App, ist eine unendliche Aneinanderreihung dieser Videos. Individuell von TikTok ausgewählt, anhand der Gewohnheiten des Nutzers.

TikTok gelingt es so gut wie kaum einer anderen Handy-App, die Benützer in diesen Strudel der unterschiedlichsten, mehr oder weniger interessanten Themen zu ziehen: Im Durchschnitt verbringt einer der 800 Millionen Nutzer weltweit 45 Minuten täglich damit. TikTok zählt längst zu den am stärksten wachsenden Plattformen der Welt.

Genau deswegen befasst sich nun auch US-Präsident Donald Trump damit. Er versucht, dem Betreiber der App das Geschäft in den USA zu untersagen. Es gebe glaubwürdige Hinweise, wonach "ByteDance", das chinesische Unternehmen, zu dem TikTok gehört, "die nationale Sicherheit der USA beeinträchtigt". Trump sieht in TikTok ein "Spionagewerkzeug" der chinesischen Regierung, TikTok will sich mit rechtlichen Schritten gegen das Verbot wehren. Zudem verhandelt Microsoft aktuell mit "ByteDance" über eine Übernahme des Geschäfts in den USA.

Auch in Österreich hat es TikTok bereits in die Schlagzeilen geschafft. Das liegt weniger an den durchaus erfolgreichen heimischen Akteuren – ein Vorarlberger erreicht knapp zehn Millionen Follower mit seinen Videos, eine Steyrerin immerhin knapp 250.000 –, sondern an einem erschreckenden Trend.

Mobbing und "absurde Videos"

TikTok lebt von sogenannten "Challenges", bei denen Videos zu einem speziellen Thema aufgenommen werden. "Kulikitaka" war eine davon. Dabei erschreckten Nutzer, zu einem Lied des dominikanischen Sängers Tono Rosario, Tiere – vor allem Kühe waren beliebte "Opfer". Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (VP) nannte die Videos "absurd und vollkommen unverantwortlich". Auch der Waizenkirchner Landwirt Georg Doppler machte seinem Ärger darüber in einem Video Luft. TikTok hat die Videos mittlerweile von der Plattform entfernt.

Kritik erntet TikTok vor allem auch wegen der Themen Datenschutz und Mobbing. Offiziell darf die App nicht von Personen unter 13 Jahren genutzt werden, bis zum 18. Lebensjahr braucht man zumindest die Zustimmung des Erziehungsberechtigten. Das Mindestalter spiele in der Praxis aber kaum eine Rolle, heißt es von der Initiative "Safer Internet". Zudem würden es die Nutzer nicht immer gut mit einem meinen. 15 Sekunden können Ruhm, aber auch viel Spott bringen. "Cybermobbing und Belästigung" seien ein Thema, Jüngeren wird empfohlen, die App nur im privaten Modus zu benützen.

Was Eltern über TikTok wissen müssen

Was ist TikTok?

TikTok ist eine App, mit der man bis zu einminütige Videos aufnehmen und mit anderen Nutzern teilen kann. Dazu können Musik, Effekte und Filter genutzt werden. Die Videos werden mit Hashtags (#) kategorisiert.

Gibt es eine Altersbeschränkung?

Offiziell: ja. Die App darf erst ab 13 Jahren genutzt werden, bis zum 18. Lebensjahr nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Das spielt in der Praxis aber oft keine Rolle.

Welche Risiken gibt es?

Wer TikTok im öffentlichen Modus nutzt, kann schnell auch Anfeindungen, Belästigungen oder gar Cyber-Mobbing ausgesetzt sein. Jüngeren wird empfohlen, die App nur im privaten Modus zu verwenden.

Tipps für Eltern:

Die Initiative „Safer Internet“ rät Eltern, TikTok gemeinsam mit ihren Kindern zu entdecken, um Faszination und Risiken besser einschätzen zu können. Zudem sollten Regeln vereinbart und die Privatsphäre geschützt werden. Der private Modus erlaubt es nur bestätigten Freunden, die Videos zu sehen. Das Kind soll angeregt werden, der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen – auch ohne dauernd selbst im Bild zu sein.

App für alle oder Fernost-Spionage?

Keine andere App steht derzeit so im medialen Fokus wie TikTok. Ist die App ein lustiges Spiel, oder geht von ihr eine Gefahr aus? Ein Pro & Contra lesen Sie in der Rubrik Meinung.

copyright  2024
16. April 2024