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"Weltuntergangsstimmung": Zahlreiche Feuerwehreinsätze wegen Gewitter

Von nachrichten.at (jup/mis)   30.Juni 2021

Im Vorfeld einer Kaltfront, die Oberösterreich in den Abendstunden des Dienstags erreichte, wurde die feuchte und labil geschichtete Luft aktiviert. Wie prognostiziert näherten sich die Gewitter am späten Nachmittag von Bayern kommend und erreichten zuerst das Innviertel, bevor sie über den Zentralraum ins Mühlviertel weiterzogen. 

Im Vorfeld der Front frischte der Wind merklich auf. Gegen 18 Uhr rückten im Bezirk Braunau die ersten Feuerwehren aus. Einsatzorte waren anfangs Lengau und Haigermoos, wenig später gingen die Alarmierungen wegen Überflutung und Sturmschäden im ganzen Bezirk im Minutentakt ein. In Kirchheim im Innkreis wurde die Feuerwehr zum Brand einer elektrischen Anlage gerufen.

Unwetter-Bilanz für Oberösterreich am Dienstag, 29. Juni:

  • Bis in die Nacht hinein erledigten 229 Feuerwehren insgesamt 440 Einsätze, rund 3200 Feuerwehrkräfte standen dabei im Einsatz. Hauptsächlich galt es umgestürzte Bäume zu beseitigen, beschädigte Dächer einzudecken und Wasser nach Überflutungen abzupumpen. Viele Dächer, die durch die Unwetter der vergangenen Woche bereits beschädigt und nur provisorisch mit Planen eingedeckt waren, hielten dem neuerlichen Sturm nicht stand.
  • „Aktuell gehen wir aufgrund der gestrigen Unwetter in Oberösterreich von einem Gesamtschaden in der Landwirtschaft in der Höhe von weiteren 3 Millionen Euro aus", hieß es am Mittwoch von der Österreichischen Hagelversicherung. Der Gesamtschaden inklusive der letztwöchigen Unwetter dürfte demnach 35 Millionen Euro betragen. Weiter heißt es in einer Aussendung: „Betroffen sind insbesondere die Bezirke Wels-Land und Linz-Land, geschädigt wurden auf einer Agrarfläche von rund 5.500 Hektar vor allem das Getreide und der Mais sowie Gemüse- und Obstkulturen."
Die Gewitterlinie arbeitete sich von Bayern kommend in Richtung Innviertel vor. 

Vor allem vom Inn- bis ins Waldviertel sei das Potential für heftige Gewitter mit Sturm, Starkregen und Hagel erhöht, hieß es in der Unwetterwarnung der ZAMG. Laut lokalen Wetterbeobachtern traf die Gewitterlinie gegen 19 Uhr im Innviertel ein. "Es ist mit Starkregen, Hagel, Sturmböen und zahlreichen Blitzeinschlägen zu rechnen. Das kann heftig werden", warnte die Seite "Wetter-Innviertel" auf Facebook. Sie sollte recht behalten. 

Im Seengebiet heulten gegen 18:30 Uhr die Sirenen: Im Bezirk Vöcklabruck kam es zu starken Regenfällen, auch im Bezirk Gmunden rückten die Einsatzkräfte aus. Im Bergland gingen heftige Regengüsse nieder, wie von der Webcam auf der Spitze des Schafbergs bei St. Wolfgang in Blickrichtung Zwölferhorn zu sehen ist: 

Sturm und Starkregen: Einsatzkräfte nach Unwettern im Dauereinsatz
Die Webcam am Gipfel des Schafbergs in Blickrichtung Zwölferhorn zeigt die starken Regenfälle im Bergland des Salzkammerguts.

Gegen 20 Uhr erreichte die Gewitterlinie mit Sturm, Blitz, Donner und starkem Regen die Landeshauptstadt und den übrigen Zentralraum. Zu diesem Zeitpunkt waren in ganz Oberösterreich bereits an die 90 Feuerwehren zu mehr als 140 Einsätzen alarmiert worden, Tendenz stark steigend. "Weltuntergangsstimmung", "pechschwarzer Himmel", "extremes Unwetter" meldeten OÖN-Leser unisono aus dem ganzen Bundesland via Facebook. 

Fotogalerie: Machen Sie mit und schicken Sie uns Handy-Videos oder Bilder der Unwetterlage mit Ortsangabe an online@nachrichten.at

Sturm und Starkregen: Einsatzkräfte nach Unwettern im Dauereinsatz

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Bild 1/30 Bildergalerie: Sturm und Starkregen: Einsatzkräfte nach Unwettern im Dauereinsatz

"Schaut richtig nach Weltuntergang aus"

Besonders gefordert waren die Feuerwehren im Bezirk Braunau. "Es schaut richtig nach Weltuntergang aus", sagte der Braunauer Bezirksfeuerwehrkommandant Josef Kaiser gegen 18 Uhr am OÖN-Telefon. Vom starken Wind umgeworfene Bäume stürzten auf Straßen, Kanäle konnten die Wassermassen, die innerhalb kürzester Zeit niederprasselten, nicht halten, Keller waren überflutet. "Die Feuerwehren sind zwar an vielen Orten gleichzeitig gefordert, aber die Einsätze sind bisher noch sehr handhabbar", sagte Kaiser am frühen Abend. 

Sturmböen mit bis zu 100 km/h ließen Bäume im Bezirk Braunau umstürzen. 

"Unsere Alarmierungen sind bisher sehr glimpflich ausgegangen", sagt Christoph Patsch, Kommandant der Feuerwehr Ach an der Salzach. "Es regnet halt sehr stark, und der Wind bläst ordentlich. Wir werden heute Nacht sicher noch ein paar Mal gefordert sein."

"Es regnet viel zu stark"

Von seinem Haus aus sah Johannes Enzenhofer, Bezirks-Feuerwehrkommandant von Urfahr-Umgebung, wie sich der Himmel über dem Innviertel verdunkelte. Er rechnete mit Starkregen. Die Gemeinden, die bei den letzten Unwettern stark vom Hagel betroffen waren, seien vorgewarnt worden, mehrere Mannschaften stünden in Alarmbereitschaft. "Wir wissen allerdings nicht, ob uns die Planen auf den Dächern alle halten werden", sagt Enzenhofer.

Zwei Stunden später ist das Unwetter auch bei ihm angekommen. Regenschauer und starke Windböen haben das Untere Mühlviertel fest in der Hand. "Eine komplette Breitfront zieht über unseren Bezirk", sagt Enzenhofer. "Es hat überhaupt keinen Sinn, die Planen jetzt zu richten, das wäre zu gefährlich. Es regnet viel zu stark."

Blitzeinschlag in Eidenberg

In Eidenberg dürfte der Blitz in einen Strommasten eingeschlagen haben. Der Masten stand in Brand, die Stromversorgung war gekappt. "Wir konnten das Feuer rasch unter Kontrolle bringen", sagte Markus Weixlbaumer, Kommandant der Feuerwehr Eidenberg, die mit der Feuerwehr Geng den Brand löschte.

Auch der Bezirk Rohrbach wurde schwer von den Unwettern getroffen, 22 Feuerwehren standen im Einsatz. "Unser größtes Problem ist das viele Wasser", sagt Josef Bröderbauer, Bezirksfeuerwehrkommandant von Rohrbach. "Am schlimmsten hat es Altenfelden, Neufelden und Sankt Martin erwischt."

Bis zu 100 km/h Wind

Der Durchzug der Gewitterlinie samt der – oft schon im Vorfeld der Niederschläge auftretenden – Sturmböen aus westlichen Richtungen sei von West nach Ost zwischen 18 und 22 Uhr zu erwarten, so die ZAMG. In den betroffenen Gebieten im Norden des Bundeslandes wurden verbreitet maximale Windspitzen um 80 km/h erwartet. Stellenweise seien auch Böen um 100 km/h möglich. Für ganz Oberösterreich galt zwischen 15 Uhr und Mitternacht ein Unwetterwarnung.

Die Warnkarte für Oberösterreich. Im gesamten Bundesland gilt ab dem Nachmittag eine Unwetterwarnung. Im Norden (Orange) können die Gewitzter besonders heftig ausfallen.

Fotogalerie: Schon in der Vorwoche richteten Unwetter in Oberösterreich großen Schaden an. Bilder der Verwüstung sehen Sie in dieser Galerie: 

Unwetter ziehen Spur der Verwüstung durch Oberösterreich

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Bild 1/65 Bildergalerie: Unwetter ziehen Spur der Verwüstung durch Oberösterreich

Gratis-Parken in Linz

Wegen der Hagelwarnung öffnete die Stadt Linz zwischen 16 und 18 Uhr drei städtische Parkgaragen. An der Standorten Neues Rathaus, Kunstmuseum Lentos und Solar City wurden insgesamt 650 Plätze über Nacht gratis zur Verfügung gestellt. Die Fahrzeuge können bis morgen früh am Garagenplatz stehen bleiben. Ab 8 Uhr sind wieder Gebühren zu entrichten.

Damit sollten schwere Schäden an Fahrzeugen verringert werden. Der Möglichkeit des Gratis-Parkens kamen zahlreiche Linzer nach. "Alles voll", hieß es gegen 18 Uhr von der Stadt. Erst vergangenen Donnerstag waren schwere Hagel-Niederschläge vor allem über dem Süden der Stadt niedergegangen. Bei den Gewittern wurde hoher Sachschaden, vor allem an geparkten Fahrzeugen, verursacht. Sicherheitsstadtrat Michael Raml appellierte dringend auch an die privaten Betreiber von Tiefgaragen und Parkhäusern, ihre Schranken für die Zeit des vorhergesagten Unwetters zu öffnen. 

Was Sie vor einem Gewitter tun sollten:

  • Beobachten Sie die lokale Wetterentwicklung und beachten Sie die Blitzgefahr, rechnen Sie mit raschen Entwicklungen und Änderungen der Gewitterzugbahn
  • Sichern Sie rechtzeitig bewegliche Gegenstände im Freien (wie z. B. Partyzelte, Trampoline oder Gartenmöbel)
  • Spannen Sie Sonnenschirme ab und ziehen Sie Markisen ein
  • Planen Sie Verspätungen im Straßen-, Schienen- und Flugverkehr ein
  • Schließen Sie Fenster, Türen und Garagentore sowie Dachfenster und Lichtkuppeln
  • Rechnen Sie mit vorübergehenden Stromausfällen

Was Sie tun sollten, wenn Sie bei Gewitter im Straßenverkehr unterwegs sind, hat der ARBÖ zusammengefasst:

  • Bremsweg beachten: Fuß vom Gas. Geschwindigkeit reduzieren und Abstand zum vorderen Fahrzeug halten. Der Bremsweg verlängert sich bei nasser Fahrbahn um das doppelte.
  • Sich sichtbar machen: Abblendlicht und gegebenenfalls Nebelschlussleuchte einschalten.
  • Bei Aquaplaning beide Hände aufs Lenkrad, Geschwindigkeit reduzieren, die Kupplung treten.
  • Rücksicht und Achtsamkeit: Auf weitere Verkehrsteilnehmer am Straßenrand achten und im Schritttempo vorbeifahren. 

Der heurige Juni geht mit extremer Hitze und Unwettern zu Ende. Schon in der Vorwoche waren Oberösterreichs Feuerwehren im Dauereinsatz, nachdem heftige Gewitter großen Schaden angerichtet hatten. Mehr dazu lesen Sie hier:

Abkühlung in Sicht

Nach den angekündigten Gewittern kühlt es etwas ab. Am Mittwoch ziehen mit teils lebhaftem Westwind viele Wolken durch, immer wieder sind Regenschauer dabei. Ab Mittag wird es trockener und etwas freundlicher mit längeren sonnigen Phasen. Zum Abend hin werden die Schauer vor allem in den südlichen Landesteilen wieder häufiger. Die Frühtemperaturen liegen zwischen 12 und 17 Grad, die Höchstwerte erreichen 20 bis 25 Grad.

Am Donnerstag ist es zunächst aufgelockert bewölkt und zeitweise sonnig. Ab der Mittagszeit ziehen dichtere Wolken auf, am Nachmittag ziehen vor allem in den südlichen Landesteilen teils gewittrige Regenschauer durch. Es weht lebhafter Westwind zwischen 40 und 50 km/h. Die Frühtemperaturen liegen zwischen 10 und 15 Grad, die Höchstwerte erreichen 17 bis 22 Grad.

Am Samstag scheint zeitweise die Sonne. Im Tagesverlauf breiten sich phasenweise aber auch dichtere Quellwolken aus, einzelne kurze Regenschauer sind vor allem im Bergland möglich. Der lebhafte Westwind lässt tagsüber nach. Die Höchsttemperaturen erreichen 21 bis 25 Grad.

Der Wetterbericht als Video: 

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert, sobald neue Informationen vorliegen. 

"Schlimmste Gewitterlage seit Jahrzehnten"

Die Gewitter der Vorwoche waren Unwetter, die in ihrer Intensität überraschten. Superzellen, wie sie in Österreich bislang nur selten vorkamen. Für Georg Pistotnik, Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) "die schlimmste Gewitterlage seit Jahrzehnten in Europa". Nicht zuletzt, weil sich im Südosten Tschechiens ein Tornado gebildet hatte, in dem zumindest fünf Menschen ums Leben kamen. Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb geht davon aus, dass Intensität der Gewitter durch Erwärmung von Ausnahme zur Regel wird. 

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28. März 2024