Im Ratsherrnkeller ist es wieder finster
STEYR. Die längstdienende Disco in Steyr sperrte zu. Wieder: Önder Sevcan, einer der "Six-Pack-Wirte" am Stadtplatz, hat zuvor dort mit dem umgetauften "Kamea" Schiffbruch erlitten.
Das Glück ist nicht in jedem Fall so blind, wie man ihm nachsagt: Als der Traditionsfußballklub Vorwärts Steyr im Frühjahr für die nächste Meisterschaft den Stadionnamen verloste, lag auch ein Zettel mit "TMG Gastro GmbH" im Topf, gezogen hat das Glücksengelchen aber den Privatsender "Life Radio". Für Önder Sevcan wäre es peinlich gewesen, wären am Stadioneinlass ganz groß die Buchstaben seiner TMG Gastro GmbH, der Betreiberin des traditionellen Ratsherrnkellers am Stadtplatz, gestanden. Gläubiger hätten sich daran gestoßen, dass der Gastwirt sich noch gönnerhaft eines der Lose für den Stadionnamen geleistet hat, bevor einer von ihnen Sevcan in den Privatkonkurs schicken wollte. Der am Bezirksgericht Steyr mangels Vermögen des Schuldners abgewiesen wurde. Wenige Wochen später holte sich Sevcan den Branchenkollegen Kevin Weickinger als Hälfteeinzahler des Stammkapitals in die Gesellschaft.
Finanziell hat das den Ratsherrnkeller anscheinend aber nicht auf die Beine gebracht. Der Alpenländische Kreditorenverband und der Kreditschutzverband von 1870 berichten von der Eröffnung des Konkurses über die TMG Gastro GmbH am 11. Juni. Das Verfahren beantragt hat einer der 14 Gläubiger. Die Vermögensaufstellung, wie hoch die Forderungen sind, dauert noch, den Kreditorenverbänden liegen noch keine Zahlen vor. "Er hat sich ein paar Tage Auszeit genommen", so Vedran Dujmovic vom (nicht insolvenzverfangenen) Restaurant "Jedermann’s", das ihm, Sevcan und Weickinger jeweils zu einem Drittel gehört. Ohnehin nicht mehr von Sevcan beeinflusst war die Entscheidung, ob der Ratsherrnkeller weiterläuft. Das Lokal wurde bereits zugesperrt. Der Masseverwalter hatte den Laden dichtgemacht, zwei Mitarbeiter wurden gekündigt. Für viele Steyrer Nachtschwärmer sind diese Vorkommnisse ein Déjà-vu. 2012, als der Ratsherrnkeller "Kamea" hieß, hatten Hauptgesellschafter Önder Sevcan Schulden beim Finanzamt "schlaflose Nächte" bereitet, wie er sagte. Die Firma ging in Konkurs. Weitere 9000 Euro hatte die Behebung eines Brandschadens gekostet, nachdem ein Zündler auf der Toilette Feuer gelegt hatte. Allerdings "dürften die privaten Entnahmen nicht mit den Geschäftsabschlüssen zusammengepasst haben", sagte damals Masseverwalter Wilhelm Deutschmann.
Geschäftliche Schwierigkeiten waren aber auch für das "Kamea" nicht neu. In der Vorgeschichte war bereits im September 2010 ein Konkursverfahren beantragt worden, das mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde. Laut Sevcan war dies dadurch bedingt, dass er von den Vorbesitzern beträchtliche Altlasten habe übernehmen müssen, um überhaupt aufsperren zu können. Zuletzt (2017) wies die Jahresbilanz ein Minus von 26.483,86 Euro aus. Aber der Ratsherrnkeller ist als Stehaufmännchen bekannt.