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"Ich bin jemand, der sagt: Probieren wir neue Dinge aus"

Von Gerald Winterleitner, 06. September 2021, 00:04 Uhr
SP-Spitzenkandidat Markus Vogl im Rathaus beim OÖN-Interview mit Redakteur Gerald Winterleitner 

STEYR. Markus Vogl will nach seinem Umstieg vom Wiener Parkett im Nationalrat nun Steyr für die SP absolut regieren.

Mit Markus Vogl schickt die Steyrer SP erstmals seit Jahrzehnten keinen amtierenden Bürgermeister als Spitzenkandidat in eine Gemeinderatswahl. Die bei den vergangenen Wahlen abgestraften Sozialdemokraten hoffen mit dem 50-Jährigen dennoch auf die Rückkehr in die Erfolgsspur und mit fünf Sitzen im Stadtsenat hier sogar auf die absolute Mehrheit.

Steyrer Zeitung: Wir sitzen im Vizebürgermeisterbüro im Rathaus. Fühlt sich Markus Vogl hier richtig wohl?

Markus Vogl: Ich fühle mich hier sehr wohl. Die Lage ist toll und die Aufgaben interessant. Das wird sich ein bisserl verändern, aber viele der Aufgaben als Vizebürgermeister, für die ist man als Bürgermeister auch verantwortlich.

Markus Vogl hat sechs Gegenkandidaten. Klappt die Direktwahl schon im ersten Durchgang?

Je mehr Kandidaten es gibt, desto schwieriger wird es. Wir hoffen auf den ersten Wahlgang.

Gibt es einen Lieblingsplatz in Steyr?

Der Wehrgraben ist ein Kraftplatz, der sich extrem gut entwickelt hat. Der Fachhochschul-Campus mit dem Steg, das ist ein Platz, wo man sich gerne aufhält.

Nach dem historisch schlechtesten Abschneiden bei der vergangenen Wahl: Befindet sich die SP durch den Absturz der FP wieder im Aufwind? Verliert blau, gewinnt traditionell rot.

Wir merken einen Rückenwind, hoffen, dass wir den bis zur Wahl umsetzen können. Die Entscheidung wird am Wahltag getroffen.

Markus Vogl tourt wie aufgezogen durch die Stadt, greift sich jedes Thema. Spüren Sie Erfolge?

Wer mich kennt, weiß, dass ich immer viel in Steyr unterwegs war, mit den Leuten im Gespräch bin, so kommen auch die Themen zu mir. Mein Ziel ist, da nehm ich mir sehr den Hauser Willi als Vorbild, dann auch Lösungen zu finden.

Auf der SP-Liste sind bis Platz zehn mit drei Ausnahmen – Vogl, Michael Schodermayr und Kathrin Auer, die bei der SP angestellt ist – nur Magistratsbedienstete zu finden. Ist da nicht die Unabhängigkeit der Verwaltung in Gefahr. Und warum sollte ein Arbeiter eine Magistratsliste wählen?

Erstens ist es eine sehr breite Liste. Und es ist kein Ausschlussgrund, dass man sich auch als Magistratsbediensteter für die Stadt engagieren möchte. Es sind Leute, die in der Stadt etwas bewegen möchte. Politik nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, ich habe ein Team, dass aufgrund der verschiedenen Zugänge gut die Interessen der Bürger abbilden kann.

Die drei wichtigsten Aufgaben für die Stadt nach der Wahl?

Als erstes gleich einmal das Budget für das kommenden Jahr. Das zweite Thema ist: Wie geht es mit dem Wirtschaftsstandort weiter, da gibt es viele positive Signale. Drittens: Wenn wir die Klimaziele ernst nehmen, müssen wir endlich in die Gänge kommen – mit welchen Schritten wollen wir diese Ziele dann auch erreichen.

Markus Vogl war bei MAN: Dort zittern viele um ihre Existenz, manche davon werfen Vogl Flucht vor. Wie soll es weitergehen?

Es gibt einen Investor, der ein Konzept auf den Tisch gelegt hat. Man sieht, dass alles nicht so einfach ist, wie man es im ersten Moment gedacht hat. Das sorgt bei vielen für Verunsicherung. Das ist absolut unbefriedigend. Die Signale, so wie ich sie deute, laufen darauf hinaus, dass auch in den nächsten Wochen und Monaten keine endgültige Klarheit da ist. Das Positive ist, dass es viele Interessenten für den Standort gibt und das Know How der Steyrer schätzen.

Wie kann Steyr von diesen nicht zum Zug gekommenen Interessenten profitieren, sie holen?

Das ist die Herausforderung am Herbst: Wie können wir diese nach Steyr holen? Braucht es Räume, wo sich diese Firmen echt ansiedeln können. Plus es braucht einen Überbau: Was wollen wir in der Region in Zukunft überhaupt machen. Wir merken, dass alle in den Bereich nachhaltige Logistik gehen und wir hier eine große Chance hätten, wenn wir die Kräfte bündeln. Welche Möglichkeiten gibt es, vielleicht auch größer zu denken. Die zu gründende Forschungsgesellschaft ist da sicher eine Chance.

Wenn es um Wirtschaft geht, geht es häufig auch um Straßen: Kommt die Westspange?

Es ist ein laufendes Verfahren. Wer an der Seifentruhe wohnt, oder weiß, was an der Feldstraße an Verkehr herrscht: Wir merken, dass es in diesem Bereich eine Straße braucht, eine Entlastungsstraße.

Straße ist das eine Thema, Rad und Öffis sind ein weiteres.

Wir werden mit 1. Jänner das Angebot im öffentlichen Verkehr attraktivieren, für Pendler früher losfahren, eine neue Linienführung außen ins Münichholz probieren, eine Einkaufslinie an Wochenenden, auch die Linie Bahnhof-Stadtplatz-Ennsleite wird neu. Wir können ab 2023 Teil der Leaderregion werden und ein Projekt für überregionalen Verkehr aufsetzen. Und Radverkehr ist ohnehin ein Thema, das ich mit viel Leidenschaft betreibe. Es braucht auch Durchgängigkeit, die nicht immer gegeben ist.

Apropos Bahnhof: Der ist in Steyr weiterhin eine Katastrophe.

Da gibt es Gespräche mit den ÖBB. Wir haben dort drei Knotenpunkte. Es wäre gescheit, die Busdrehscheibe von zwei auf eine zu reduzieren. Und dann geht es darum, welche Nutzung wollen wir dort, was passt hin? Wir haben die Herausforderung, dass es dort einen privaten Investor gibt, der mit seiner Liegenschaft derzeit keine Pläne hat. Gut ist, dass es Projekte für die Gebäude gegenüber der evangelischen Kirche, dem Bahnhof und entlang der Dukartstraße gibt. Es gibt einen Bebauungsplan für dieses Gebiet, der sehr spannend ist, wo weitere Projekte möglich sind. Und mit dem Steg in die Stadt hinein ist städtebaulich wirklich etwas gelungen.

Apropos Stadt: Das Zentrum wurde um drei Millionen Euro behübscht, der Konflikt Autofahrer gegen Fußgänger ist geblieben.

Es gibt nie eine Lösung, bei der man zu 100 Prozent zufrieden ist. Es ist vieles gut gelungen, der Wochenmarkt etwa, aber es gibt die Herausforderung Mobilität. In welche Richtung soll sich der Stadtplatz entwickeln? Die Frage ist, wie viel Verkaufsfläche wird es in Zukunft in einer Innenstadt geben? Und was könnten andere Nutzungen sein? Die Firma Hartlauer etwa hat die Firmenzentrale mit mehr als 100 Arbeitsplätzen hereinverlegt und hat ein sehr wegweisendes Verkehrskonzept: Jeder Mitarbeiter erhält ein E-Fahrzeug, damit man den innerstädtischen Bereich entlastet. Aber das ist nicht für jeden machbar. Leute, die hier wohnen, müssen ihre Einkäufe oder ihre Möbel in die Wohnung bringen. Und auch bei den Ärzten ist Mobilität ein Thema. Hier werden viele Patienten mit dem Auto bis zur Haustüre gebracht. Und dann gibt es noch das Thema der Belieferung. Da gehen die Interessen oft diametral auseinander.

Hat Markus Vogl neue Ideen?

Ja, ich bin auch jemand, der sagt: Dann probieren wir neue Dinge eben aus. Kann man am Wochenende probieren, die Zufahrt zum Stadtplatz einzuschränken.

Der Klimawandel ist global, aber was kann Steyr dagegen tun?

Klimaneutral werden! Wir haben Schulen, ein Rathaus, Amtsgebäude, betreiben eine Busflotte. Was braucht es, all das klimaneutral zu machen? Was braucht es, dass die Leute aufs Rad umsteigen? Und wer ist für die Infrastruktur der neuen Mobilitätsformen verantwortlich? Ist es unsere Aufgabe, die Konsumenten mit Strom zu versorgen? Oder wer macht es und was braucht es dafür an öffentlicher Unterstützung? Die Herausforderungen sind zahlreich. Ein Beispiel: Wie heizen wir unser Rathaus? Wir hätten eine Wärmepumpe überlegt, aber es scheitert schlichtweg nicht nur an den hohen Kosten, sondern auch daran, dass wir den Strom gar nicht herbekommen. Eine Riesenchance für Steyr ist die Mülldeponie. Wenn die fertig abgedeckt ist, bringen wir eine 3,3 Megawatt Photovoltaikanlage unter.

Steyr könnte in der Bauordnung vieles vorschreiben, tut es nicht.

Stimmt nicht ganz. Wir schreiben vieles bei den Verträgen im Stadtgut bereits hinein und wir haben es auch im neuen Bebauungsplan für den Tabor vorgesehen.

Apropos Tabor: Hier konzentriert sich in jüngster Zeit alles neue, was den Handel betrifft.

Hier geht es um Angebot und Nachfrage und Flächen, die sich entwickeln lassen. Das war früher beim Resthof so, und dann war das Kasernenareal ein Bereich, der für eine Neuplanung möglich war.

Die Menschen werden immer älter. Ist Steyr auf diesen demografischen Wandel vorbereitet?

Die Herausforderung ist, wie schaffen wir es, genug Junge nach Steyr zu holen. Dann bewältigen wir diesen demografischen Wandel auch gut. Die Leute werden ja anders alt als früher, sind fitter. Die Herausforderung im Bereich der Pflege bleibt. Wir haben drei sehr hochwertige Alten- und Pflegeheim. Aber die sind nur so gut wie die Leute, die dort arbeiten. Ausreichend gut qualifiziertes, motiviertes Personal zu finden, war in der Vergangenheit möglich. Aber die Anforderung steigen, jetzt kämpfen auch wir. Und es braucht ein breites Angebot: Wie kann man die Menschen in den eigenen vier Menschen unterstützen? Ich habe mit Michael Schodermayr jemanden im Team, der für dieses Thema brennt und absolut kompetent ist.

Tut Steyr genügend für Junge?

Es passiert sehr viel. Etwa was in Steyr an attraktivem Wohnraum geschaffen wurde, bei der Ausbildung ist mit Ausnahme einer Universität alles in Steyr vorhanden, wir haben spannende Unternehmen, eine extrem grüne Stadt und kurze Wege. Es ist alles da, nun müssen wir schauen, warum gelingt es trotzdem nicht in jenem Umfang wie in Linz. Was macht der Großraum Linz besser als der Großraum Steyr? Ein Schwerpunkt wird in den kommenden Jahren die Kinderbetreuung sein. Auch in der Lokalszene sind viele innovative, kreative Lösungen entstanden. Zu transportieren, dass wir für junge Familien absolut lebenswert sind, wird die Herausforderung sein.

Mit der FH schreibt Steyr eine Erfolgsgeschichte. Sollte die Stadt auch ein TU-Standort werden?

Es wird nicht die Welt untergehen, wenn wir es nicht sind. Aber die TU wäre eine absolute Bereicherung. Wir glauben dran, darum haben wir uns auch beworben, dass es möglich ist. Motto: Lokal inskribieren, global studieren – warum soll Steyr nicht ein Teil einer digitalen Uni werden können? Es wäre sinnvoll, es wäre gescheit. Was aktuell gerade passiert: Mit der FH Steyr werden wir ein Digitalisierungs-Center im Museum Arbeitswelt umsetzen. Das ist für Klein- und Mittelbetriebe extrem spannend und würde über Steyr hinaus wirken. Das soll im kommenden Jahr verwirklicht werden.

Es gibt in Steyr einen Bauboom, gleichzeitig stehen extrem viele Wohnungen leer, viele, gerade im Bereich der GWG, fallen unter substandard. Wie passt das?

Für die Stadt ist wichtig ist, ist ein attraktives Angebot. Da ist in den letzten Jahren wirklich etwas gelungen. Es ist extrem viel Geld da, das treibt die Immobilienbranche an, auch wenn es häufig um Wertanlage geht. Ich habe in meinem Team bewusst den Christian Baumgarten, weil er in diesem Bereich die Kompetenz hat. Zeitgemäßes Wohnen heute heißt etwas anderes als früher. Das ist für uns natürlich eine Herausforderung. Und das Gemeinnützigkeitsgesetz ist für uns da nicht immer hilfreich. Und es geht auch um Stadtteilentwicklung. Etwa der Resthof hat einen extrem schlechten Ruf, aber auch einer der Stadtteile, der am grünsten ist. Es ist wert, dass man hinsieht. Wie kann man etwa den Resthof besser mit dem Rad ans Zentrum anbinden.

Die Jungen ziehen ins Umland, Steyr schrumpft...

Das geben die Zahlen nicht her.Ja, wir haben Fluktuation, aber die ziehen nicht 1:1 ins Umland. Viele wollen ein Eigenheim. Steyr hat extrem viel gewidmete Fläche, aber alles in Privatbesitz und keiner verkauft diese. Und rund um Steyr entsteht gerade sehr viel. Die Frage ist: Was können wir an Angebot schaffen?

Sollte Steyr mit seinen Umlandgemeinden fusionieren?

Ein Grund spricht dafür, der Finanzausgleich. Würden wir größer als 50.000 Einwohner sein, würden wir für die Region deutlich mehr Mittel haben. Ziel sollte es schon sein, mehr Mittel in die Region zu bringen. Wichtiger wird aber mehr Zusammenarbeit sein, um die Region zu stärken. Wir haben ein ordentliches Gewicht, wenn wir uns gemeinsam auf die Waage stellen. Das beginnt beim Bahnhof, mit einer Anbindung nach Linz, die unzufriedenstellend ist, bis hin zur Verkehrsanbindung in anderen Bereichen, die auch nicht optimal ist. Mit der Powerregion ist schon einiges gelungen, aber die hört in Steyr auf und geht nicht bis Garsten weiter.

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Autor
Gerald Winterleitner
Lokalredakteur Steyr
Gerald Winterleitner
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6  Kommentare
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Helgari (495 Kommentare)
am 06.09.2021 20:55

Herr Wintersteiger meint: "Nach dem historisch schlechtesten Abschneiden bei der vergangenen Wahl: Befindet sich die SP durch den Absturz der FP wieder im Aufwind?" Faktum: Bei der Gemeinderatswahl 2015 erreichte die SPÖ in Steyr 42,09 Prozent der Wählerstimmen. Da fehlt dem Kurz im Bund noch viel auf so ein "schlechtes" Ergebnis. https://www.steyr.at/Wahlarchiv_GRW_1949-2015

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RUNGHOLT (206 Kommentare)
am 06.09.2021 18:38

Jeder Steyrer/in der diese Stadt liebt wählt auf keinen FALL Vogl!

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hoeninjo (645 Kommentare)
am 07.09.2021 08:26

dann klären sie uns doch auch mit ihrer unendlichen weisheit, wer der bessere bürgermeisterkandidat ist unter den wählbaren?

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aortner (692 Kommentare)
am 06.09.2021 09:33

Vom neuen Bürgermeister erwarte ich mir endlich mehr professionelle Gestaltung hinsichtlich Stadtentwicklung und vor allem Kultur. So fehlt leider immer noch ein Konzept für die Entwicklung von Steyr- und Ennsdorf sowie ein zeitgemäßes Kultur Zentrum für alle Kulturvereine dieser Stadt. Akku und Röda entsprechen schon lange nicht mehr den heutigen Anforderungen.

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Fenstergucker (2.386 Kommentare)
am 06.09.2021 09:11

Zusatzfragen:
- Welches Leitbild hat die Stadt Steyr?
Ist Steyr eine Schlafstadt für Pendler, eine Schulstadt, ein Industriestandort, eine Tourismusstadt, eine Kulturstadtoder oder ein Mix von Allem?
- Hat Steyr ein aktuellesVerkehrskonzept?
- Hat Steyr ein aktuelles Stadtentwicklungskonzept?
- Braucht Steyr überhaupt ein Stadtmarketing in dieser Form?
- Funktioniert in Steyr die Verwaltung sehr gut, gut, weniger gut oder schlecht?
- Wird die Bevölkerung eingebunden oder über sie brutal drübergefahren?

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 07.09.2021 00:23

Absolutistisch regieren?
Das ist eine gewagte Ansage.

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