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Franz Brunner: Das Leben ist (k)ein Wunschkonzert

23.Juni 2020

Das Leben ist (k)ein Wunschkonzert.

Das Leben ist kein Ponyhof und auch kein Wunschkonzert. Das mit dem Ponyhof, das ist mit ein wenig Fantasie halbwegs vorstellbar, ist ja ein durchaus konkreter Begriff. Deswegen bekommen viele Kinder diesen Satz im Verlauf ihres gedeihlichen Heranwachsens gelegentlich zu hören. Zum Beispiel dann, wenn ein ungewöhnlicher, meist mit Ausgaben verbundener Wunsch an den Entscheidungsträger, den pädagogisch gefinkelten Erwachsenen herangetragen wird und selbiger mit dem altbewährten Killerargument kontert. Nein, sicher kein Ponyhof. Da kann man bzw. Kind wirklich nichts einwenden. Beim Wunschkonzert sehe ich die Sache allerdings etwas anders, da gibt’s was zu erzählen und zu klären.

Wissen Sie, wann durchschnittlich freundliche Menschen sich am meisten gegenseitig was wünschen? Ohne irgendwelche Statistiken oder Google zu bemühen, bin ich mir fast sicher: es muss im Dezember sein. Beginnend im gar nicht mehr so stillen Advent hört man rundum vom Wunsch nach schönen Weihnachten, gutem Rutsch und einem guten neuen Jahr. Die Supermärkte fangen als leicht verzichtbare Trendsetter mit diesem Wunschkonzert oft schon im Oktober an, die lassen den Schnee bedenkenlos auch bei 20 Grad Plus aus den Lautsprechern rieseln. In Krisenzeiten, vor allem in der Phase der Hoffnung, dass das Schlimmste nun überstanden ist, wünscht der Mensch besonders gerne. Hören Sie mal in die Runde, was da alles gewunschen wird. Da ist der Wunsch nach Gesundheit noch der weitaus vernünftigere. Und läuft die Krise irgendwann langsam aus, werden wie gerade jetzt die Lockerungen spürbar, so werden die Wünsche deutlich abstrakter, viel unverbindlicher. Am Wochenende mehrmals gehört und daher ganz frisch im Ohr ist dabei folgende, inhaltsleere und an Dämlichkeit grenzende Phrase: "Ich wünsch dir WAS."

Na was jetzt? Was wünscht der mir? Was will der von mir? Fällt ihm wirklich nichts Gescheites ein? Vielleicht wünscht mir der Kerl sogar die Pest, einen Beinbruch, den Diebstahl meines Autos oder noch was Schlimmeres, eine böse Schwiegermutter zum Beispiel. Gott behüte, da such ich mir lieber selbst WAS aus und hätte für die Unentschlossenen umgehend ein paar Vorschläge:

Ich wünsche dir soziale Kontakte. Ich wünsche dir nette Gespräche. Ich wünsche dir Geborgenheit. Ich wünsche dir erfüllende Arbeit. Ich wünsche dir ein geregeltes Einkommen. Ich wünsche dir Zufriedenheit. Ich wünsche dir Zuversicht und Vertrauen. Ich wünsche dir erholsamen Schlaf. Ich wünsche dir, dass du dir keine Sorgen um die Zukunft machen musst. Ich wünsche dir einen Partner, auf den du dich verlassen kannst.

Haben Sie für sich was gefunden, war was dabei? Wenn nicht, sind Sie vielleicht doch gut beraten, den unverbindlichen Wunsch des WAS dankend anzunehmen, es wird wahrscheinlich nichts Besseres mehr nachkommen. Da zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, dass Wünsche wahr werden, wünsche ich mir was Vernünftiges, was richtig Brauchbares. Ich entscheide mich für Zufriedenheit. Ja, das mache ich, verbunden mit der Option, dass diese Zufriedenheit auch ohne Rücksprache mit mir sich zu Glück auswachsen darf. Apropos Glück. Wissen Sie, was Glück ist, wie es definiert wird? Hunderte, ach was Tausende Erklärungen gibt’s, doch eine aus dem alten Rom gefällt mir ganz besonders, weil ich deren Anwendbarkeit bereits mehrfach mit Erfolg prüfen durfte:

„Glück ist, wenn Gelegenheit auf Bereitschaft trifft.“

Seien Sie also bereit, eine Sache anzupacken, wenn der Zufall Sie überfallsartig herausfordert. Hilfsbereitschaft zu leben, ist eine unbeschreibliche Gelegenheit, sich im Glücklichsein zu üben. Nicht kompliziert und dennoch sehr wirkungsvoll. Sei es nun beim Roten Kreuz, beim Samariterbund, bei Caritas, Volkshilfe oder im ehrenvollen Alleingang, unabhängig von Alter, Herkunft, Konfession oder Partei-Färbung, rundum gibt es Mitmenschen, die uneigennützig Zeit und Energie opfern, um im Bedarfsfall zu helfen.

Glauben Sie's mir, es tut echt gut, ich bin schon längere Zeit mit Feuereifer dabei und bin, so munkelt sogar mein kritisches Umfeld, daran gewachsen. Jetzt wünsche ich Ihnen völlig selbstlos viel Glück bei ihrer persönlichen Glückssuche. Mögen Sie dann, wenn der Zufall Sie wie der Blitz streift, gewappnet sein für einzigartige Aufgaben und großartige Erfahrungen.

Mehr Texte unter www.franzbrunner.at

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