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Fitnessprogramme für die Automobilstadt

Von Hannes Fehringer   24.September 2021

Zunächst musste Vergangenheitsbewältigung sein, seitdem das Coronavirus in einem "Politiker-Cluster" umgeht: VP-Spitzenkandidatin Judith Ringer nannte es "sehr fahrlässig", dass die letzte Gemeinderatssitzung im Rathaussitzungssaal abgehalten wurde. Bürgerlistenchefin Michaela Frech bemängelte, dass Stadtsenatsmitglieder der SP verschwiegen hätten, dass sie fünf Tage vor der Sitzung an einer Rotkreuzfeier teilgenommen hätten, wo Covid-19-Fälle aufgetreten waren. Vizebürgermeister Markus Vogl (SP) stellte seinerseits fest, dass es kein Fehlverhalten gegeben habe, und wies im Gegenzug auf die "Test- und Impfstraßen" hin, die die Stadt gemeinsam mit dem Roten Kreuz mustergültig für das ganze Land betrieben hätten.

Wie auch immer, die Diskussion gestern vor dem Culturcontainer am Vorplatz des Museum Arbeitswelt war danach in die Zukunft gerichtet. Mehr oder weniger: Vizebürgermeister Helmut Zöttl (FP) bot sich den Wählern auch als Bewahrer an. Der Frage von Moderator OÖN-Redakteur Gerald Winterleitner, wie die Stadt der Abhängigkeit von der Automobilindustrie entkommen könne, sprach er die Berechtigung ab. "BMW baut den besten Dieselmotor der Welt. Es geht nicht, dass das Auto immer madig gemacht wird." Für Klimaschutz tue die Stadt schon genug, weshalb man den Normalbürger nicht mit noch mehr Belastungen bestrafen solle. Zöttls Haltung – "ich bin der, der ich immer war" – blieb ein Alleinstellungsmerkmal.

Alle anderen auf dem Podium, auch Vogl, der eine Vielzahl an Errungenschaften nicht unter den Scheffel stellen wollte, betonten, dass sich die Stadt verändern müsse. Für Neos-Mandatar Pit Freisais muss "Steyr ein junger urbaner Hotspot werden", um den Rückstand gegenüber dem Ballungsraum Linz-Wels aufzuholen. Smarte Umwelttechnologie, ein besserer öffentlicher Verkehr oder ein lückenloses Radwegenetz durch die Stadt gehörten dazu. Ringer sagte, dass Steyr "vielleicht gut verwaltet, aber nicht gestaltet" worden sei. Die VP habe ihr Team daher geöffnet, um sich möglichst breit für die Zukunft aufzustellen, beispielsweise sei daher auch ein Vertreter der "Radlobby" auf der Kandidatenliste an wählbare Stelle gereiht.

Marco Vanek, der die an Corona erkrankte grüne Spitzenkandidatin Ruth Pohlhammer vertrat, sagte, er müsse fast schmunzeln, wenn er höre, wie grün alle geworden seien, seitdem die Klimakrise zu spüren sei: "Wir werden ja sehen, ob in Zukunft unsere Anträge weiter abgelehnt werden." Vanek schwankte aber selbst bei der Gretchenfrage, die Winterleitner den Kandidaten stellte und die sie nur mit dem Wink mit einem "Ja-Nein-Taferl" zu beantworten hatten. Während alle dagegen aufzeigten, dass die Steyrer Stadtbetriebe schon die nächste Gemeinderatsperiode das Gaswerk zusperren und aus dem Geschäft mit dem fossilen Brennstoff aussteigen sollten, drehte er das Schild wie einen Wetterhahn. Gemeinsam mit Freisais trat er hingegen gegen den Bau der Westspange auf, diese sei nur eine weitere sinnlose Bodenversiegelung und würde zudem kostbares Ackerland zerstören.

Keine Frage für alle Wahlwerber war, dass Steyr unbedingt als Standort der Technischen Universität zum Zug kommen soll. Vogl erwähnte immer wieder Projekte, die auf dem Zukunftsweg Steyrs schon im Laufen seien – etwa ein Entwicklungskonzept für das von den anderen als Schandfleck gebrandmarkte Bahnhofsviertel. Mit einer neuen Forschungsfabrik, die etwa "AVL" im Stadtgut für die Entwicklung von Wasserstoff-Brennstoffzellen baut, sieht er im Gleichschritt damit auch die Stadt klima- und zukunftsfit gut unterwegs.

Frech versprach, sie werde jetzt mit ihrer Bürgerliste "parteifrei" und abgekoppelt von einem Wahlbündnis mit der VP, "Kontrolle ausüben". Was sie immer schon getan habe. 1997 sei sie mit der Forderung nach einem Alternativenergiekonzept noch ausgelacht worden, nun sei es höchst an der Zeit.

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