Der vergessene Kandidat des Friedensnobelpreises
ERTL. Der ehemalige Wehrmachtsoldat Stefan Matzenberger begründete "Pax Christi", Weltfriedenstag und Zivildienst.
Kein "Gaudeamus igitur" des Studenten nach der Reifeprüfung am Gymnasium Waidhofen, denn der Postbote brachte den Einberufungsbefehl zur Wehrmacht Nazi-Deutschlands ins Haus. "Wir wurden unterwiesen, wie man einen ,Feind’ mit der blanken Stichwaffe ersticht, mit dem Gewehrkolben erschlägt, im Nahkampf erschießt", schilderte Stefan Matzenberger die Ausbildung zum Soldaten, ehe er 1941 im Zweiten Weltkrieg im Zug zur Front fuhr. Der Maturant aus Ertl schwor sich, auf keinen Fall einen Menschen zu töten, worauf man ihm die Rotkreuz-Binde an den Arm heftete.
Der blinde Mann mit so viel Weitsicht mit seiner Familie.
40 Granatsplitter im Körper
Matzenberger holte Verwundete aus dem Kugelhagel, bis am 26. März 1942 beim Russlandfeldzug 40 Granatsplitter seinen Körper durchbohrten. Der Mostviertler erblindete schlagartig und schwebte wochenlang im Lazarett zwischen Leben und Tod. "Als ein Blinder wies er dann der Welt den Weg", sagt der Wolfsbacher Lehrer Josef Penzendorfer, der den Pazifisten aus dem Mostviertel im Gedächtnis bewahrt. Heuer wäre Matzenberger, der als Kriegsinvalider ein Jusstudium begann, promovierte und nach dem Krieg in Wien als Lebensunterhalt eine Trafik zugesprochen bekam, 100 Jahre alt geworden. Neben dem Verkauf von Zigaretten, Tabak und Zeitungen widmete sich Matzenberger mit seiner Ehefrau Elisabeth Kadlec unermüdlich der Friedensarbeit.
Hochzeit mit Elisabeth Kadlec
20.000 Briefe verfasst
Der Doktor iuris publizierte in 100 Zeitschriften, schrieb 20.000 Briefe an Machthaber und Würdenträger der Welt, mit dem Appell, Konflikte nicht mit Kriegen, sondern mit Güte zu lösen. Der Mann aus der Mostviertler Landgemeinde stand mit historischen Persönlichkeiten wie Robert Kennedy oder Anwar as-Sadat in Korrespondenz. Als gläubiger Katholik verwarf Matzenberger auch die Lehre eines "gerechten" Verteidigungskrieges: "Eine christliche Menschenschlächterei gibt es nicht."
Viermal wurde der Verfasser der zwei Standardwerke "Von der Friedensethik zur Friedenspolitik" und "Pazifismus im Atomzeitalter" für den Friedensnobelpreis in Stockholm vorgeschlagen und ebenso viermal vom Komitee übergangen. Matzenberger verbitterte das nicht, ihm war wichtiger, dass Papst Paul VI. 1968 den 1. Jänner als Weltfriedenstag einführte und in vielen Ländern eine gesetzliche Möglichkeit zum Zivildienst geschaffen wurde.
Stefan Matzenberger zuhause bei der Holzarbeit.
Dem Mitbegründer der christlichen Friedensbewegung "Pax Christi" widmet dessen Heimatregion ein Gedenkjahr. Der St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz zelebriert am Sonntag, 5. Mai, in der Ertler Pfarrkirche um 10 Uhr einen Festgottesdienst, am Samstag, 31. August, folgt ein Friedensmarsch den "Spuren des Bergpredigtpazifisten", und das Bildungshaus St. Benedikt in Seitenstetten widmet ihm eine Ausstellung.
Bewundwernswert. Dass er bzgl. Friedensnobelpreis übergangen wurde, muss man allerdings relativieren, andernorts wurde nämlich berichtet, dass es alleine für 2019 300 (!) Vorschläge gibt. Andererseits haette er sich den Preis sicher mehr verdient als so mancher, der ihn tatsächlich bekommen hat.
Danke, dass auch solche "nicht ausgezeichneten" Menschen vor den Vorhand geholt werden !!
Ich muss zugeben, dass ich diesen Herrn vorher nicht kannte, aber ab sofort hat er meinen vollsten Respekt für das was er er erlebt, gemacht und erreicht hat !! Einer der sich für ein Miteinander auf der Welt einsetzt und nicht für einen dumben kleingeistigen Abschottungs-Nationalismus, der noch jedes Mal in einer Katastrophe geendet hat.