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Astrid Miglar: Erzähl mir Märchen, aber lüg mich nicht an

04. Juni 2020, 11:00 Uhr
Astrid Miglar
Astrid Miglar aus Reichraming (privat)

REICHRAMING. Die Ennstalerin Astrid Miglar will heute in würzigen Worten ein wenig Zuversicht schenken. Am kommenden Dienstag wechselt das Wort wieder zu Franz Brunner.

„Erzähl‘ mir ruhig Märchen, aber lüg‘ mich nicht an!“ 

Ist es das, was grenzenlosen Lebensbejahung ausmacht? Sich einerseits in eine fantastische Traumwelt zu flüchten und andererseits zu wissen, dass man irgendwann daraus aufwachen muss? Sich trotz allen Widrigkeiten seine Zuversicht nicht rauben zu lassen?

Unser Gehirn ist Meister darin, sich selbst zu belügen, die Realität stets ein klitzekleines Bisschen zum eigenen Vorteil zu verzerren. Aber ist es falsch sich hie und da ein wenig zu betrügen, um sich das Leben oder eine finstere Situation schönzureden und sich mit Hilfe von Eigenmotivation durch anstrengende Zeiten zu manövrieren? Das hilft doch beinahe immer.

„Beinahe“ deswegen, weil wir im Laufe unseres Älterwerdens stets dazulernen. Wir wissen, dass es nicht sinnvoll ist die Augen vor unangenehmen Situationen zu verschließen. Wir wissen genau, was uns blüht, wenn wir den Kopf in den Sand stecken. Erfahrungen lehren uns ständig.

Im besten Fall lernen wir lebenslänglich, ohne dabei unter Haftbedingungen zu leiden. Wir sammeln Erkenntnisse. Wir werden zu weisen alten Frauen und Männern. Im anderen Fall, der auch nicht unbedingt der furchtbarste sein muss, werden zuerst unsere Haare weiß, bevor wir den Zustand der Weisheit erreichen. (Wie es um den Lernfähigkeitszustand jener Menschen bestellt ist, die kein Haupthaar mehr besitzen, vermag ich nicht zu beurteilen, bin aber unsicher, ob Haarmenge, Haarfarbe und Lernfähigkeit überhaupt etwas miteinander zu tun haben.)

Ich meine, dass eine zuversichtliche Herangehensweise hilfreich ist, wenn es um die Bewältigung dringlich-fieser Angelegenheiten geht. Angelegenheiten, vor denen man am liebsten Davonlaufen möchte. Sich Situationen zu stellen, kostet Überwindung, erfordert Mut, stärkt aber auch. Und wissen wir nicht alle, dass uns fiese Angelegenheiten ohnehin einholen werden, einfach weil sie flotter sind? Die Welt ist klein geworden. Corona war schneller einmal rund um den Globus als wir es wahrhaben wollten.

Die Mutmaßung, eine Bedrohung am anderen Ende der Welt sei „eh‘ weit weg“, gilt nicht mehr. Meine ungebremste Zuversicht wirft also einen ernsten Blick auf die instabile Gesamtsituation unserer Welt und meint:  „Alles wird gut. Es kann dauern. Aber wir schaffen das. Gemeinsam. Weil es uns nie an Hilfsbereitschaft gemangelt hat. Auch nicht am Willen an einem Strang zu ziehen. Zumindest den meisten Menschen mangelt es nicht daran. Ein Mensch ist dem anderen grundsätzlich wohlgesonnen.“

Die kollektive Weltuntergangsstimmung erwidert: „Fürchtest du dich nicht? Siehst du nicht was rundum passiert. Die globale Vernetzung hat uns anfällig gemacht. Wir befinden uns im Krisenmodus. Du bist gutgläubig, geradezu naiv, wenn du meinst, dass ein Mensch dem anderen grundsätzlich wohlgesonnen sei. Zehn Streitwillige unter hundert Friedliebenden genügen, um einen Krieg heraufzubeschwören.“

Ich kontere halsstarrig: „Wer sich ewig sorgt, der ändert nichts.“ Widerworte bleiben aus, was auch daran liegen mag, dass ich sie nicht hören kann, weil ich mir einfach meine Zeigefinger in die Ohren gesteckt habe. Sehr erwachsen. Ich weiß.

Dennoch, ich komme nicht umhin,…

…ganz unrecht hat er nicht, der Teufel auf meiner Schulter, der mir arglistig meinen Optimismus stehlen will. Doch er hat keine Ahnung mit wem er sich anlegt. In mir vereint sich eine ungewöhnliche Mischung aus Bonnie ohne Clyde, aus der Herzkönigin von Alice im Wunderland, aus Lara Croft, Lucy van Pelt, Salome mit Johannes‘ Haupt auf einem wunderbar ziselierten Silbertablett, Medusa und Lucy Wilde mit Lippenstiftschocker im Handtascherl. Ehrlich. Mir tut der arme Teufel fast leid, wenn er sich mit mir beschäftigen muss. Noch ehrlicher: Manches Mal fürchte ich mich auch selbst vor mir.

Übrigens, es gibt nur eine Macht, die meinen Optimismus schlagartig in Panik verwandeln kann. Wenn ich mich nämlich sorgen muss bei dringlichem Bedarf keine Toilette zur Verfügung zu haben. Stellen Sie sich vor, die letzte Tasse Kaffee hätte nicht getrunken werden dürfen. Und Sie haben nichts Besseres zu tun als blöderweise in einem mehrstündigen Stau auf einer mehrspurigen Autobahn zu stecken. Auf mittlerer Spur. Eingezwängt in eine Autolawine, die sich immer wieder unerwartet in Bewegung setzt. Rundum kein Wohnmobil in Sicht dessen Besatzung Sie um Zutritt zum wohnmobileigenen Töpfchen anflehen können. Keine Chance auf Erleichterung. Keine Werbetafel. Kein üppiger Strauch. Kein Holzstoß hinter dem Sie sich verbergen können. Da hilft nicht einmal mehr heftiges Weinen. Da geht der schönste Optimismus in die Hose. 

PS: Die wunderbare Frauengruppe, die mich in einem Ford Transit unter ihren Mitreisenden hatte, weiß wovon ich schreibe. Die wunderbare Frauengruppe weiß auch, dass in einem solchen Fall eine Kunststoffflasche und ein Trattenbacher Zauckerl wichtige Überlebenswerkzeuge sind. Mit solchen Ausrüstungsgegenständen versehen, gewappnet gegen Widrigkeiten, steigt der Zuversichtspegel rasant an, wogegen der Pegel in der Blase…

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