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Astrid Miglar: Die Liebe

16.Juli 2020

Jahrmillionen-alt, brandheiß, unerschöpflich: Die Liebe.

Es gibt Tage, die bringen mich nicht nur zum Lächeln, sondern ich grinse dann regelrecht rundum. Ganztags. Wenn es passt sogar noch länger. So ein Tag ist jener Donnerstag, an dem unerwartet eine Einladung in meinem Messenger landet. „Brrrrr“, sagt mein Messenger dazu. Und dann gleich noch einmal und ein bisserl energischer, „Brrr-brrr!“

Mein Posteingang berichtet von einer interessanten Einladung in die Barbara Karlich-Show. Das unerschöpfliche, Jahrmillionen-alte, wiederkehrend brandaktuelle Sendungsthema lautet „Monogamie und Polyamorie“. Es wäre ein Thema zu dem ich doch sicherlich eine Meinung hätte, mich gerne mit der Moderatorin und den Gästen in gemütlicher Runde austauschen möchte. Das nicht hinzugefügte „Oder?“ bleibt offen im Posteingang stehen. Mein Messenger hat dazu keine Meinung, vielleicht ist er aber auch einfach überfordert. Monogamie und Polyamorie? 

Monogamie ist mir auf Anhieb klar. Mono: Einzig und allein. Gamie: Ein Spiel namens „Einehe“. Eine exklusive Gemeinschaft zweier Wesen.

Polyamorie? Poly: Viele. Amorie: Liebe, Amore, Leidenschaft, Zuneigung… eh‘ klar. Eine offene Form der Liebe, nicht auf eine einzige Liebesbeziehung beschränkt. Alle Beteiligten wissen voneinander. Alles klar?

Meine Erläuterungen sind doch wirklich nahezu perfekt. Und „Nein. Danke!“, die exakten lateinischen Übersetzungen benötige ich nicht. Sie mögen einen Hauch korrekter sein, doch mir gefallen meine Auslegungen.

Eine Weile überlege ich und gestehe schließlich freudvoll: Auch ich gebe mich hin. Der Liebe. Ich liebe viel und hemmungslos und opulent und genüsslich und ausgiebig. Meine Gedanken zu diesem Thema, so komme ich mit mir überein, behalte ich lieber für mich und werde sie nicht in die Karlich-Show tragen. Meine Meinung soll nicht im größten TV-Wohnzimmer Österreichs breitgetreten werden. Weil aber eine Kolumne langweilig wäre, wenn Frau sich nicht gelegentlich entblättern und ein Geständnis ablegen würde, hier also mein Zugeständnis an die Vielfalt der Liebe.

Ich liebe es über Himmel und Hölle zu plaudern, einen Quälgeist in Form eines provozierenden Diskutanten am Tisch sitzen zu haben und dazu noch einen Advokaten, der mir am liebsten den Mund zuhalten würde, weil ich manchmal etwas zu viel sage. Gelegentlich hält mein Advokat aber auch Killerargumente für mich bereit. Fleißiger Advokat!

Ich liebe es die Wahrheit zu sagen und diese so, dass niemand weiß, lügt sie uns jetzt an oder hat sie das tatsächlich ernst gemeint? Ich liebe Suppe an kalten Tagen, Marillenknödel immer und sogar den Buntspecht in meinem Garten, der meinen Apfelbaum regelmäßig drangsaliert. Ich liebe Marc Chagalls wunderbare Werke. Die Bucht der Engel, die keinen Engel, sondern eine Nixe zeigt, erfreut mich so sehr, wie mich die Kirchenbilder in der kleinen englischen Kirche All Saints Church in Tudeley berührt haben. Glasbilder, die für eine früh verstorbene, junge Frau angefertigt wurden.

Ich liebe originelle Formulierungen und aufmunternde Sinnsprüche. Besonders mag ich Sprüche, wenn sie frech und verdreht sind. Ich liebe Gänseblümchen und Samstage. Ich liebe sogar die Haufen in meinem Garten, die mein grabungswilliger Maulwurf in aller Pracht und nur für mich anfertigt. Ich liebe tiefstehende Sonne am Abend, die eine Szenerie malerisch beleuchtet, dabei leider auch den Schmutz an meinen Fensterscheiben.

So gesehen bin ich also – hier folgt ein offenes Bekenntnis im Wohnzimmer der Oberösterreichischen Nachrichten – polyamourös ohne Aussicht auf ein monogames Ende. Aber man kann doch nur Menschen lieben, höre ich verdutztes Raunen. Ja natürlich, auch das ist möglich.

Es kommt vor, dass ich den Wesenszug eines Menschen derart liebenswert finde, dass es nicht mehr darauf ankommt, wie dieser Mensch aussieht. Der hat dann einfach das Pech, dass er von mir hingebungsvoll geschätzt wird. Für seine besondere Art geliebt. Das Wunderbare am menschlichen Herzen ist, wenn wir es symbolisch für die Liebe zuständig machen wollen, dass es nicht explodiert, wenn man es mit Liebe überfüllt. Im Gegenteil. Es ist immer noch Platz für ein bisserl mehr. Liebe ist großherzig und beweglich. So temperamentvoll wie vielfältig.

Polyamorie. Ich pflege also Liebesbeziehungen, die allen Betroffenen bekannt sind. Mein Partner weiß vom Maulwurf. Auch vom Specht. Er kennt die von mir regelmäßig ins Haus eingeladenen Marillenknödel persönlich. Er versteht, dass ich ihnen einfach auf den Leib rücken muss. Ich kann nicht anders.

Eines noch, dann ist Schluss für heute: Ich liebe Themenverfehlungen und die Art, wie man sich aus einer Themenverfehlung herauswinden oder sollte ich besser sagen >herausschreiben< kann.

Warum Themenverfehlung? Eigentlich ging es darum Ihnen unsere Würzige WortWechsel-Sommerpause zu verkünden. Die kurzfristige, hemmungslose Unterbrechung unserer leidenschaftlichen Schreibtätigkeit für einige Wochen. Sommer und Pause. Supersexy Sommerpause. Eine hervorragende Wortkombination, die mich derart fasziniert, dass ich schlagartig an Eis in kalorienexplodierenden Massen denken muss, an Sonnenbräune der knusprigen Art und an Füße, die sich barfuß in Wiesen verlaufen dürfen. Hierzu seufze ich, was Sie nicht hören können und strecke meine Beine unterm Tisch aus, worauf ich prompt feststelle, ich müsste wieder mal staubsaugen.

Zurück zur supersexy Sommerpause! Weil Pausen dazu da sind einen Anfang und ein Ende aufzuweisen, kündige ich gleich auch unsere Rückkehr an. Die Sommerpause ist also nur eine Schonfrist. Eine Gnadenfrist sozusagen. Oder heißt es Galgenfrist? Schöne Urlaubszeit und bleiben Sie uns – Würzige WortWechsel – treu, denn wir schreiben weiter…

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16. April 2024