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Was alles muss sich ein Bürgermeister gefallen lassen?

Von Hannes Fehringer   08.Mai 2015

Im Bürgermeisterbüro steht ein Tischchen in der Ecke, es ist mit allerlei Krimskrams vollgeräumt, vom Gartenzwerg mit einem Bekennertaferl "Wir waren’s!" bis zur Stoffblume aus einem Kindergarten. Gerald Hackl hebt gerne Geschenke auf, die er bei festlichen Anlässen und Besuchen bekommen hat und bei denen sich die Geber etwas gedacht haben. Hinter manchen Gegenständen verbergen sich auch Worte wie die Aussage einer Pensionistin, die in das Haus für betreutes Wohnen eingezogen ist: "Ich habe in meinem Leben noch nie so schön gewohnt", sagte die Frau mit feuchten Augen.

Das sind die Momente, in denen er dankbar ist, dass er Bürgermeister von Steyr sein, für die Stadt arbeiten und gestalten darf, sagte Hackl gestern bei einer Bilanzpressekonferenz seiner ersten sechs Jahre als Rathauschef. Glücksgefühle habe er auch verspürt, als er das Eis beim Land OÖ gebrochen habe, frühere Verstimmungen beendet und gemeinsam mit Landesvize Franz Hiesl (VP) das Kriegsbeil zwischen Stadt und Land für den Bau des Taborknotens begraben habe. Oder aber bei Landesrat Rudolf Anschober (G) mit einer Vorfinanzierung der Stadt doch noch die letzte Etappe für den Hochwasserschutz herausholen konnte. "Man muss da den richtigen Ton treffen, nicht brüllen und auf den Tisch hauen, nur hartnäckig dranbleiben."

Für Ehrungen wie für den Steyrer Literaten Erich Hackl schrieb der Bürgermeister die Laudatio selber, nicht nur der Namensvetternschaft wegen: "Bei solchen Anlässen will ich, dass es meine Worte sind." Pressesprecher Michael Chvatal darf höchstens Material zuliefern, für die Endfassung setzt sich der Chef vor die Tastatur.

Klagsdrohung gegen Poster

Hackl will nach bestem Wissen und Gewissen seine Arbeit tun, beteuert er. Dass das jemand bezweifelt, kränkt ihn und er schluckt seinen Ärger nicht hinunter. Wenn er auf Wutbürger zu treffen glaubt, dann gerät auch das Blut des Rathauschefs in Wallung. Gegen schimpfende Rohrspatzen in Internetforen bemühte Hackl bereits seinen Rechtsanwalt, um ihnen den Schnabel zu stutzen. Jetzt hat Hackl einem offenen Brief der Bürgerinitiative "Grüngürtel statt Westspange" mit einem E-Mail gekontert, das er seinerseits den Zeitungsredaktionen zukommen ließ. Hackl wehrte sich darin gegen "völlig abstruse persönliche Unterstellungen und Verunglimpfungen", noch nie habe er ein "derart polemisches und auch persönlich verletzendes Schreiben erhalten."

In dem offenen Brief der Westspangen-Gegner würde aber kein Medienrichter der Welt auch nur einen Satz finden, der verfänglich gewesen wäre. Vielmehr enthält das Schreiben viele Gemeinplätze und Binsenweisheiten, dass eine verantwortungsvolle Politik unsere Kinder nicht dem Feinstaub ausliefert und letzte Grünflächen zubetoniert. Natürlich schwingt da mit, dass die im Rathaus nicht ganz bei Trost sind und mit einer völlig verkehrten Verkehrspolitik die Zukunft verbocken. "Ich kann es nicht hinnehmen, dass ich und die führenden Köpfe der Stadt immer als Deppen dargestellt werden, die aus Bosheit und irrsinnigen Motiven handeln." Er respektiere die Meinung insbesondere jener Trassengegner, die die Straße vor die Häuser bekämen, zumal es bei solchen Projekten immer Leidtragende gebe, sagte Hackl. Dafür Ahnungslosigkeit und in manchen Fällen auch Käuflichkeit unterstellt zu bekommen, sei unerträglich, denn Akzeptanz habe auch seine Position verdient.

Es wäre völlig falsch, die Diktion der Bürgerinitiative "Grüngürtel statt Westspange" als Entgleisung zu skandalisieren. Auf lange Sicht ist aber zu bedenken, ob manchem verärgerten Bürger auch schon die Ehrfurcht vor dem Amt abhandengekommen ist. Der Bürgermeister ist grundsätzlich nicht irgendein Hampelmann, sondern Funktionär unserer Demokratie. Auch bei Gerald Hackl darf man davon ausgehen, dass er nach reiflicher Überlegung überzeugt ist, mit der Westspange die Stadt am besten voranzubringen. Bei allem Respekt kann man aber da in der Sache auch anderer Meinung sein.

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29. März 2024