Mit Steyrer Hilfe schlug Spar-Tanne schnell Wurzeln

Von Hannes Fehringer   09.November 2018

Vor wenigen Tagen eröffnete an der Steyrer Ennserstraße der neue "Interspar"-Hypermarkt, der um 21 Millionen Euro umgebaut wurde. Da waren die Anfänge des rot-weiß-roten Handelsriesen 1954 in Kufstein in der Zentrale des Tiroler Großhändlers Hans F. Reisch bescheidener. Eine Verkaufsgemeinschaft, zu der sich mehrere Großhändler zusammenschlossen, steckte noch in den Kinderschuhen.

Sieben Grossisten aus ganz Österreich unterzeichneten unter Reisch’ Federführung nach dem Vorbild der niederländischen "De Spar", was holländisch Tanne heißt, eine Kooperation. Diese ließ sie als Lieferanten zusammenarbeiten, damit sie ihren Greißlern bessere Preise und höhere Spannen bieten konnten.

Neben sechs weiteren Partnern setzte der Steyrer Max Wild für seine "Handelsvereinigung Traunviertel" seinen Schriftzug unter den Vertrag. Die Funktionsweise der von dem Holländer Adriaan van Well 1932 in den Niederlanden gegründeten freiwilligen Handelskette war in dem Steyrer Kontor bereits wohlbekannt. Wild hatte seinen Sohn Siegfried 1953 nach Frankfurt zur Berufspraxis nach Deutschland geschickt, dort gab es bereits den Länderableger von "De Spar". Bald prangte auf den ersten Geschäften in Steyr das Logo des grünen Tannenbaums. Auch Wilds zweiter Sohn, Maximilian, wurde nach einer Auslandslehre eingestellt, und brachte mit Neuerungen frischen Schwung.

"Unser Spar im Münichholz war der erste Selbstbedienungssupermarkt in Oberösterreich", sagt Maximilian Wild nicht ohne gewissen Stolz. Das Risiko war belohnt worden: "Die Kunden haben sich so gut wie gar nicht beschwert", erinnert sich Wild, "im Gegenteil: die Hausfrauen waren froh, dass sie auf keine Bedienung warten mussten und vor allem war es ihnen lieber, dass nach dem Einkauf mehr Geld im Börsel blieb."

Hindernisse für die Selbstbedienung, die sich dann durchsetzte und einen Siegeszug antrat, stellte eher die Konsumgüterindustrie in den Weg. Grieß, Salz oder Mehl gab es nur zum offenen Verkauf. "Also mussten wir die Ware selber einwägen und in Einzelverpackungen füllen", erklärt Wild.

Erfolgreiche Rabattmarken

Der Kaufmann aus Steyr war überzeugt, mit "Spar" auf dem richtigen Kurs zu steuern. "Das war damals einfach richtig modern", sagt Wild. Die meisten Greißler waren hochverschuldet, weil die Kundschaft bei ihnen anschreiben ließ. Rabattmarken waren die Lösung für die Spar-Kaufleute. Kunden, die ihren Einkauf gleich an der Kasse bar bezahlten, erhielten drei Prozent Ermäßigung. Waren die Sammelkarten vollgeklebt, wurden die Gutschriften ausbezahlt. Der Handel in Österreich war damals überschaubar. Man kannte einander. "Ich erinnere mich, wie Karl Wlaschek immer wieder nach Steyr zu seiner ersten Billa-Filiale kam und vor den Stapeln von Waschpulver stand", sagt Wild mit einem Lachen. Der Billa-Gründer hatte die Devise, nur keinen Groschen sinnlos auszugeben, Die Waren wurden daher meistens vom Fußboden an gestapelt, weil man sich die Mehrheit schenkte, sie in Regale zu räumen.

Der große Warenspeicher an der Blumauerstraße war viele Jahre die Zentrale für die Liefer-Lkw von Spar Oberösterreich. In dem Industriebau, der einzigartigerweise mit einem Flachdach versehen ist, duftete es jeden Donnerstag nach frischen Kaffee, weil in dem Schuppen die Bohnen geröstet wurden und unter der Eigenmarke "Wikrami" (Wild’s kräftige Mischung) abgepackt wurden. 1958 entschieden die österreichweit tätigen Großhändler, es mit einer eigenen Kaffeemischung bleiben zu lassen und fortan fertig abgepackten "Spar-Regio-Kaffee" anzubieten, in den auch so manches Plastikspielzeug in das Pulver versteckt werden konnte.

1971 war dann das Ende für Wilds Traunviertler Lieferfirma gekommen, die Logistik hatte längst die überalterte Firmenstruktur überholt. "Wir haben dann 1973 die Spar AG gegründet", sagt Maximilian Wild, aber nicht nur als Aktionär sei man weiterhin mit der Kette eng verbunden.