"Menschheitszukunft": Blümelhubers prophetisches Werk ist zurück in Steyr
STEYR. HTL-Direktor Franz Reithuber erhielt dank des Alumni-Beirates Kunstwerke als Leihgabe.
"Plötzlich hat mir Dietmar Loy auf die Schulter geklopft", erzählt Franz Reithuber, Direktor der altehrwürdigen, 1874 gegründeten HTL Steyr, von der vergangenen Jahressitzung des Alumni-Beirates der Schule. Diesem gehören internationale Größen wie der ehemalige Lufthansa-Boss Wolfgang Mayrhuber, Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, Europa-Parlamentarier Paul Rübig, Helmuth Gsöllpointner, ehemaliger Rektor der Kunstuni Linz, SKF Steyr-Direktor Franz Hammelmüller oder eben Dietmar Loy, Inhaber von Loytec electronics, an. Und dann habe Loy zu ihm ganz spontan gesagt: "Das machen wir!"
Hilfe vom Stadtarchivar
Gemeint war der Ankauf von weltweit einzigartigen Kunstwerken des in Steyr tätigen Bildhauers, Stahlschnittmeisters und Schriftstellers Michael Blümelhuber. "Diese Werke haben in die Gemäldesammlung von Leonhard Helbich-Poschauer einfach nicht gepasst", sagt Reithuber, der durch die Vermittlung von Stadtarchivar Raimund Locicnik in Kontakt mit dem Unternehmer kam. "Aber er wollte diese Kunstwerke zu unserem Glück unbedingt am Ort der Entstehung wissen."
Reithuber musste nur noch Fotos der Kunstwerke – die visionäre Metallplastik "Menschheitszukunft" und ein fein gearbeitetes Messer- und Scheren-Set – im Alumni-Beirat präsentieren und stieß sofort auf Begeisterung. "Loy war einer meiner ersten Schüler", erinnert sich Reithuber, und sei einer jener, die nun an den Hebeln sitzen und über ihr Engagement im Beirat der "Schule etwas für ihre ausgezeichnete Ausbildung zurückgeben" wollen: "Für uns wäre es unmöglich gewesen, diese Kunstwerke aus dem Schulbudget anzukaufen." Als Leihgabe können diese nun in der Schule oder bei diversen Ausstellungen bestaunt werden.
Vor allem Blümelhubers "Menschheitszukunft" zieht den Betrachter sofort in seinen Bann. Im Jahr 1922 wurde es vom Meister aus einem 3,5 Kilogramm schweren, rund 12,5 Zentimeter hohen Manganstahlblock geschnitten. Nur wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges zeigt es ein Kind, das den Riss der Welt schließen will.
Selbst Experten rätseln
Dieser Riss zeigt sich exakt an der Grenze von Deutschland und Frankreich und gipfelte 17 Jahre später im Zweiten Weltkrieg. Die Metallplastik ruht auf zwölf kunstvoll gearbeiteten Säulen mit einer Bodenrosette, die den innenliegenden Hohlraum abschließt. "Unsere Experten suchen gerade nach einer Erklärung, wie es Blümelhuber geschafft haben kann, den Innenraum so perfekt herauszuarbeiten", sagt Reithuber. "Blümelhuber war ein Visionär und ,Seher‘", sagt Locicnik, "er hat von 1920 bis zu seinem Tod 1936 zahlreiche symbolträchtige Kunstwerke mit fast hellsichtigen Titeln geschaffen." Neben der "Menschheitszukunft" die großartigen Werke "Evangelium", "Der Baum der Erkenntnis" oder "Mutter Erde und ihre Kinder", dazwischen sein wohl bekanntestes Werk, den Schlüssel für den neuen Linzer Dom. Reithuber: "Man versinkt in Ehrfurcht, wenn man es sieht." Blümelhubers Umgang mit Eisen sei weltweit einzigartig.
Sorgen, dass die Qualität der Ausbildung an der HTL Steyr in Zukunft sinken könnte, muss niemand haben: Mit Christian Pramesberger und Martin Strolz, vor wenigen Jahren in den USA als bester Graveur der Welt ausgezeichnet, unterrichten zwei Meister ihres Fachs in den Ateliers der Blümelhuber-Villa.