Kerzen, Gedichte und schon auch ein bisschen Politik
Angeblich hielten Privatbetroffene eine Gedenkfeier für die ermordete Michelle F. Fäden im Hintergrund zogen Rechtsextreme.
Eine Kerze für Steyr" nannte sich eine Facebookgruppe und gutgläubig mochte man mutmaßen, dass die Zivilgesellschaft zum stillen Gedenken an die 16-jährige Michelle F. auf den Steyrer Stadtplatz aufgerufen hätte, die von einem Teenager, einem Asylanten aus Afghanistan, mit zwei Messerstichen ermordet worden war. Es hatte den Anschein, dass sich Bewohner der Stadt gemeinsam mit Bekannten und Verwandten mit Kerzen in der Hand versammeln würden, um die Trauer um das getötete Mädchen zu teilen. Weil aber die Facebookgruppe im Impressum niemanden konkret als Gründer deklarierte, fassten Kenner der sozialen Medien schon vorweg Verdacht. Bestärkt wurde dieser, dass der Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung Martin Sellner vorweg schon in einem Youtube-Video die Gedenkfeier am Dienstagabend beworben und seine Teilnahme angekündigt hatte. Schon Sellners Werberede hatte einen Unterton, als sei das Mädchen nicht nur von einem jugendlichen Flüchtling aus Afghanistan ermordet, sondern durch die Fahrlässigkeit der regierenden Politiker getötet worden, die bei einer "Massenzuwanderung" auch Mörder ins Land gelassen hätten, denen die Gewalttätigkeit im Blut liege.
Der Steyrer Stadtpolizeikommandant Christian Moser blieb dann nach einem friedlichen Verlauf der von laut Polizei 220 Menschen besuchten Kundgebung bei einem Interview gegenüber dem Lokalfernsehsender "RTV" dabei, dass "es eine persönliche Mahnwache war, würde ich sagen. Es waren viele aus dem Münichholz hier, auch Verwandte und Bekannte des ermordeten Mädchens."
Inmitten der vielen Grablichter, die von den Teilnehmern als Zeichen des Mitgefühls auf das Plaster gestellt wurden, befand sich auch der Teddybär aus Michelles Jugendzimmer. Die Schwester des ermordeten Mädchens hatte über Facebook eine Danksagung für die Anteilnahme gepostet.
Doch die Veranstaltung war schon in der Vorbereitung nicht bloß privat. Angemeldet hat die Kundgebung kein Steyrer, sondern ein Auswärtiger, nämlich Patrick W. aus Linz. Der traf bei der Kundgebung auch den "Identitären"-Chef Sellner an, der sich aber im Hintergrund hielt und nicht das Wort ergriff. Sellner kann Patrick W. kein Fremder sein: Auf seinem Facebook-Account führt der Linzer die "Reconquista Oberösterreich" an, eine Plattform, die mit den "Identitären" verbandelt ist. Und nur aus Mitgefühl mit dem Mordopfer war der Anmelder von "Eine Kerze für Steyr" auch nicht auf dem Platz, sondern als politischer Kopf, als der er sich outet. Patrick W. führt unter seinen "Gefällt mir" weiters auch den Deutschen Baldur Landogart an, der im Bundesvorstand der NPD sitzt.
Wenn auch der Sprecher der "Identitären Bewegung" Martin Sellner am Steyrer Stadtplatz vor dem Lichtertümpel von 220 Sympathisanten nichts sagte, so fielen doch zwei Redner mit niederbayerischen Dialekt auf - ihren Ausführungen zufolge mutmaßlich Mitglieder der "Identitären Bewegung" Landesgruppe Bayern. Ein Mädchen sagte: "Michelle, viele von uns kannten dich nicht. Aber wir kennen die Sorte Mensch, der du letztendlich zum Opfer gefallen bist und wir kennen die Verantwortlichen, vor denen wir seit Jahren warnen. Wir warnen, dass die Verantwortlichen in Politik und Medien so lange ihre falschen Taten tun, bis es immer mehr Opfer, auch Mordopfer geben wird."
Der jetzigen Bundesregierung wurde bescheinigt, wenigstens richtige Dinge versprochen zu haben, die nun einzulösen wären.
In Internetforen wuchs indes das Missfallen, dass das Totengedenken an Michelle F. vor einen politischen Karren gespannt worden sei. Der Eindruck, dass rechtsextreme Gruppierungen versuchen, die Beziehungstat im Steyrer Münichholz zu instrumentalisieren, weil sie von einem jungen Afghanen verübt worden war, lässt sich tatsächlich schwer von der Hand weisen. "Die Veranstalter" der Gedenkfeier haben bereits für Mitte Jänner eine weitere Kundgebung in Steyr angekündigt, wenn das Leben für die leidgeprüfte Familie wenngleich schwer so doch schon weitergehen müsste.
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Es hat nichts mit nichts zu tun und Feigheit ist eine Tugend.
Danke für diesen Artikel!!! Ich bin froh, dass die OÖN hier nun darüber berichtet haben. Ich finde es schade, dass es doch einige gibt, die sich von diesen Rechtsradikalen vor den Karren spannen lassen haben.
Sehr viel sinnvoller ist es, die Trauer still auszudrücken.
Verhetzung und Hass schüren und diesen Mord politisch zu instrumentalisieren will Krieg. Das hilft niemandem.
Das brauchen wir nirgends!
Das ist dasselbe wie in Leipzig, Chemnitz und Dresden. Angebliche "Trauerfeiern" werden zu politischen Kundgebungen umgestaltet.
Das brauchen wir in Steyr nicht!