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Jenseits des Virtuellen

Von Gastautor Till Mairhofer   06.Juli 2017

Was und warum schreibt jemand im 21. Jahrhundert Gedichte, die tief verankert sind in einer lyrischen Tradition nach 1945? Wohl weil er festgehalten haben will, was auch heute nicht verloren gegangen sein soll. Natur, die inzwischen in ihrer Ursprünglichkeit (verglichen mit vor vierzig oder mehr Jahren) gefährdet ist, vor allem als Erlebnisraum aus der Sicht einer Generation, die als Kinder und Jugendliche ihre Freizeit im Freien verbrachten und daraus Kraft schöpften, aber auch Ruhe und Kreativität.

Wie sonst wäre der genaue Blick zu erklären, mit dem der Bad Haller Klaus Wieser betrachtet. "wo zwischen teefarbenen tümpeln / rotholz zerfällt und verrottet / durchstößt rostiges gekrächze / die schütteren kronen" oder "aber mitten im frostmond schon / steigen die säfte in den bäumen". Ebenso wie des Autors Reiselust, mittlerweile altersgemäß ironisiert, wenn "das motto für den neuen tag / enthüllt die flaschenpost / gefischt aus dem kaffee".

Ein weiterer Abschnitt des Gedichtbandes porträtiert Wiesers Freunde: originelle Gedichte über unverwüstliche Originale. Berührend die Gedichte der Abschnitte III und IV, in denen das lyrische Ich den Dialog mit dem Leben fortzusetzen wünscht, auch wenn Brücken sich zuweilen als Hindernisse entpuppen.

Viele der hier vorgelegten Gedichte wissen allerdings nicht nur darum, nicht zu einer digital dementen Generation vordringen zu können, sondern diagnostizieren auch selbstkritisch die Grenzen ihrer eigenen Erkenntnismöglichkeit. "vorgedrungen / wie kaum zuvor / und dennoch / still gestanden". Selbst Nietzsche, Heidegger, Wittgenstein oder Sartre stehen nur Pate für(s) Nichts.

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20. April 2024