Familie zockte alte Männer ab: Schwere Vorwürfe gegen "gewalttätigen Vater"

Von Hannes Fehringer   15.Februar 2018

Der Strafprozess am Landesgericht Steyr mit Angeklagten aus dem Milieu fahrender Händler, Alteisensammler und Messerschleifer hat seine ersten Urteile. Von der Familie, die über Liebesdienste und vorgegaukelter Beziehungen der Mutter ältere Herren um insgesamt 300.000 Euro betrogen haben soll, wurde die 21-jährige Tochter zu drei Monaten bedingter Haft und die Großmutter zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Die beiden Familienmitglieder hatten mit Lügengeschichten beigetragen, dass die schon meist betagten Herren für "Begräbnisse" und "Gehirnoperationen" ihre Bankkonten öffneten.

Die Tochter ist strebsam, arbeitet fleißig in der Industrie, will weg von dem "Zigeunerumfeld", wie es aus ihr vor Richter Christoph Mayer hervorbrach.

Mayer wachte darüber, dass die geschilderten Lebensumstände Vorurteilen gegen eine Volksgruppe oder fahrende Händler nicht Vorschub leisteten. Für die Schöffen tat sich ein Blick in eine Familie auf, bei der der Alkoholkonsum immer zugegen war wie ein Hang zur Kriminalität.

Fragte sich nur, bei wem der Beteiligten. Für den Familienvater Alberto B. sind die Dinge so gelagert, dass seine Frau auf krumme Touren geht, und er - "teilschuldig", wie er sich bekannte - hat das gedeckt, damit die Familie mit vier Kindern nicht zerfällt, während seine Frau der Trunksucht verfiel und Wochen lang zu betrügerischen Liebesbeschichten und Heiratssachen verschwand. Der Mann mit streng gestutztem Oberlippenbart trinkt auch gelegentlich über den Durst, das hat ihm auch schon Verurteilungen wegen Körperverletzungen eingebracht.

Für Verteidiger Hubert Niedermayr ist der Vater Alberto B. Drahtzieher der Machenschaften genauso wie der Grund aller Tragik in der Familie. Seine Frau, Floretta P., die Hauptangeklagte, sei eigentlich das größte Opfer, weil sie ihr Lebensgefährte zu den Gaunereien regelrecht geprügelt habe.

Zwei Zeugen aus Deutschland, Roman St. und dessen Tochter Ronja St., hatten das bei der Polizei in Windischgarsten bestätigt. Sie gingen aus freien Stücken auf den Posten um über Alberto B. auszupacken. Er habe Floretta P. die Haare büschelweise ausgerissen und seinen Sohn, den er mit Ronja verkuppeln habe wollen, krankenhausreif geschlagen. Auch er selber, gab Roland St. bei der Polizei zu Protokoll, sei von Alberto B. bedroht worden, dass ihn dieser von Jugoslawen oder Russen beseitigen lasse, wenn er auch nur ein Wort verrate. Staatsanwalt Hans-Jörg Rauch hat dazu ein Verfahren wegen gefährlicher Drohung unter Vorbehalt vorerst eingestellt. Roland und Ronja St. wird er wegen Verleumdung anklagen, nachdem sie gestern ihre Aussagen widerriefen, die sie vor der Polizei gemacht hatten. Niedermayr sagte, er habe noch nie eine "solche Niederschrift von Todesangst" gelesen wie in dem Polizeiprotokoll. Alberto B. schüttelt dazu nur den Kopf, wie einer, der bei völlig absurden Vorwürfen aus allen Wolken fällt. Heute wird fortgesetzt und am Nachmittag das Urteil über die beiden Lebenspartner Alberto B. und Floretta P. gefällt.