„Es ist der beste Moment zu gehen“: Amstettens Stadtchef sagt Lebewohl

Als Baustelle war und das Bürgermeisterbüro neu möbliert werden sollte, zauderte der hemdärmelige Chef ganz merkwürdig: Die Einrichtung habe noch ein Jahr Zeit. Vorahnungen machten daraufhin in den Gängen die Runde. Herbert Katzengruber hatte schon vor der vergangenen Gemeinderatswahl nicht verhehlt, letztmalig und mit Ablaufdatum zu kandidieren. Gestern nach 23 Amtsjahren war es kein Gerücht mehr: „Amstetten steht gut da, die Wirtschaft läuft und die Gemeindefinanzen sind in Ordnung: Es ist der beste Moment ,Adieu‘ zu sagen“. Auf der Tribüne des Fußballklubs SKU Amstetten, der in der Regionalliga Ost die Amateure von Rapid empfängt, klingt am 30. September sein letzter Arbeitstag aus.

Puchebner als Nachfolgerin

Der SP-Vorstand hat sich Dienstagabend einstimmig für Vizebürgermeisterin Ursula Puchebner als Nachfolgerin ausgesprochen. Anders als in Oberösterreich werden die Bürgermeister unter der Enns nicht direkt gewählt, sondern vom Gemeinderat, der am 16. September zusammentritt. Katzengruber betonte, dass Puchebner seine Wunschkandidatin ist, für deren Kür er sich zuvor schon in Vier-Augengesprächen mit den SP-Stadträten und Ortsvorstehern verständigt hatte. Im Rathaus als auch in der Partei war man überrascht, dass der Nachfolgeplan so rasch aus der Schublade gezogen wurde.

Katzengruber nannte als Beweggrund einen Familienrat während des Urlaubs. Sein 30-jähriger Sohn habe ihm geraten „Mach’s gleich!“, worauf sich der Vater mit dem Gedanken an die Pension anfreundete. Katzengruber wird mit 30. September auch als SP-Bezirksgeschäftsführer über Altersteilzeit in Ruhestand treten, die Agenden übernimmt seine rechte Hand Siegfried Köhsler. „Ich werde es am 1. Oktober genießen, am Morgen keine Krawatte mehr umbinden zu müssen und nicht Tennistermine wie bisher absagen zu müssen“, sagte der Rathauschef, der für die SP das Zugpferd gewesen ist, als diese ihre absolute Rathausmehrheit zuletzt noch ausbaute. Puchebner wird die erste Bürgermeisterin in der Geschichte Amstettens sein. Katzengruber: „Sie wird ihre eigene Spur ziehen“.

Pölz politischer Ziehvater

Katzengruber begann seine berufliche Laufbahn bei der Krankenkasse und verdonnerte als frisch von der Handelsschule gekommener Neuling gleich einmal die Stadtgemeinde Amstetten zu 70.000 Schilling Strafzahlung, weil eine Partie Eisenbahner im Pfusch Wege herstellten. Den damaligen roten Übervater, Bürgermeister und SP-Nationalrat Johann Pölz hörte man daraufhin schon von Weitem im Stiegenhaus brüllen. Wochen später bot Pölz Katzengruber einen Job in der Partei an. Der 26-jährige Jungspund hatte einen Redewettbewerb der Sozialistischen Jugend gewonnen und war hochrangigen Genossen aufgefallen. Spätere Angebote, ins Parlament zu gehen oder nach dem Abgang von Ex-Innenminister Karl Schlögl die Landespartei zu übernehmen, lehnte der Vollblut-Kommunalpolitiker ab. „Die richtige Entscheidung“, sagte Katzengruber nach 23 Jahren.