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Ein Werk, das nicht mehr vergessen lässt, was war

Von Kurt Daucher   24.Oktober 2013

Morgen, Freitag, 25. Oktober, wird der „Stollen der Erinnerung“ eröffnet. Das in dieser Form einzigartige Museum widmet sich der Geschichte der Häftlinge im KZ-Nebenlager, die eben auch den Luftschutzstollen an der Steyr graben mussten. Karl Ramsmaier, der Vorsitzende des Mauthausen Komitee Steyr, freut sich schon jetzt über großes Interesse.

 

OÖN: Morgen wird der Stollen der Erinnerung eröffnet. An einer musealen Einrichtung wie dieser arbeiten Sie schon sehr lange ...

Ramsmaier: Ich arbeite an diesem Projekt seit 2003, seit zehn Jahren also. Irgendwann ist die Idee gekommen, dass man in diesem Stollen etwas machen könnte. Zuvor sind wir in den Forschungen draufgekommen, dass der Stollen von Häftlingen gebaut worden ist. Seit dieser Zeit bemüht sich das Mauthausen Komitee um die Realisierung dieses Projekts.

Ist der Stollen die Fortsetzung jener Idee, die ursprünglich in der KZ-Baracke Münichholz umgesetzt werden sollte?

Es ist im Grunde dieselbe Idee. 1993 ist die Baracke aber illegal abgerissen worden. Da hat es keine Genehmigung dafür gegeben. Das Projekt war dann also dort nicht mehr durchführbar. Zwischendurch hat es neben dem Museum Arbeitswelt die sogenannte Zeitwerkstatt gegeben. Die musste aber dem Bau der Fachhochschule weichen.

Gegenüber der Baracke in Münichholz hat der Stollen jetzt sogar einige Standortvorteile.

Beide sind authentische Orte, die Baracke und der Stollen. Der Stollen befindet sich aber im Zentrum, direkt am Weg zum Museum Arbeitswelt. Damit wird auch gezeigt, dass die Häftlinge nicht nur irgendwo versteckt an der Peripherie der Stadt gearbeitet haben. Sie waren hier in der Stadt als Häftlinge sichtbar.

Und niemand kann sagen, er hätte nichts gesehen.

Genau. Es ist damals sogar eine eigene Rampe gebaut worden auf die Brücke über die Steyr, um das Aushubmaterial direkt in den Fluss zu entsorgen.

Ist der Stollen dann tatsächlich auch als Luftschutzbunker verwendet worden?

Der ist als Luftschutzbunker verwendet worden. Er ist im Sommer, Herbst 1943 gebaut worden. 1944, im Februar und April, sind die Bombenangriffe gekommen. Das sind sie benutzt worden.

Gibt es ein Verzeichnis, wie viele KZ-Häftlinge zum Bau des Stollens eingesetzt waren?

Das gibt es ganz genaue Arbeitsaufzeichnungen, weil die Stadt Steyr dem KZ Mauthausen die Arbeitszeit abgelten musste. Ich kenne die Zahlen nicht auswendig. Es werden aber an die 50 Leute hier gearbeitet haben. Mehr waren es nicht, weil es ja recht eng war im Stollen.

Der Stollen ist, wie Sie sagen, räumlich sehr eng. Dadurch werden auf emotionaler Ebene die Aussagen der Ausstellung noch unterstrichen.

Die Ausstellung ist so angelegt, dass sie mit dem Jahr 1938 und den politischen Veränderungen beginnt, mit diesem Anschluss kommt man in ein politisches System der Enge und der Angst. Damit geht man in die Ausstellung hinein. Mit dem Jahr 1945 und der Befreiung kommt man wieder heraus in die Freiheit sozusagen. Die Enge des Systems damals soll hier im Stollen wieder erlebbar werden.

Sie beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit einem der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Wie ist es dazu gekommen?

Das hat verschiedene Gründe. Als Theologiestudent habe ich meine Diplomarbeit über den evangelischen Widerstandskämpfer Dietrich Bonhöfer geschrieben. Dann bin ich 1988 beruflich nach Steyr gekommen, da war dieses Gedenkjahr „50 Jahre Anschluss“. Da hat es einige Vorträge gegeben. Und es ist die Frage aufgetaucht, was war denn eigentlich mit den Steyrer Juden. Dass ich mich mit diesem Thema beschäftige, war aber nicht so geplant. Es hat sich einiges ergeben.

Sie spüren dieser Geschichte vor allem auf lokaler Ebene nach, vor der eigenen Haustür sozusagen. Warum ist Ihnen gerade das so wichtig?

Das ist mir deswegen so wichtig, weil ich 1988 draufgekommen bin, dass das eigentlich fehlt. Was mit den Juden in Steyr war oder was sich im KZ in Steyr abgespielt hat, war unerforscht. Der andere Grund ist ein pädagogischer: Den Menschen, auch den Jugendlichen, wird die große Geschichte klar, wenn sie die Lokalgeschichte kennen. Was vor der eigenen Haustür passiert ist, ist oft leichter zu verstehen und einzuordnen. Damit versteht man auch ein Stück der größeren Geschichte.

Wann ist der „Stollen der Erinnerung“ aus Ihrer Sicht ein Erfolg?

Er ist jetzt schon ein Erfolg. Wir haben das Thema im Zentrum der Stadt positionieren können. Die Ausstellung selbst ist überaus gelungen. Und wir spüren ein ganz starkes Interesse daran. Wir können die Bevölkerung jetzt besser ansprechen mit diesem Museum.

 

Infos

Im Stollen der Erinnerung ist die Geschichte des KZ-Nebenlagers Steyr-Münichholz aufgearbeitet, ebenso das Thema NS-Zwangsarbeit in der Region Steyr. Als Ausstellungsgestalter war Bernhard Denkinger im Einsatz. Er hat die zahlreichen Text- und Bildinformationen eindrucksvoll in den Raum eingefügt. Objekte gibt es – nicht zuletzt aufgrund der Luftfeuchtigkeit – nur sehr wenige, darunter einen Alu-Löffel, aus dem KZ Steyr-Münichholz.

Besuch: Gruppen, die sich für einen Besuch im Stollen interessieren, wenden sich an das Museum Arbeitswelt, Tel. (07252) 77351. Für Einzelbesucher wird der Stollen an Tagen wie etwa dem Tag des Denkmals geöffnet.

Die Eröffnung findet morgen, Freitag, 25. Oktober, um 18 Uhr statt. Am Samstag, 26. Oktober, findet von 10 bis 16 Uhr ein Tag der offenen Tür statt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, die Ausstellung zu besuchen.

Die Ausstellung geht auf eine Initiative des Mauthausen-Komitees Steyr zurück. Seit 1990 bereits hat der Religionslehrer Karl Ramsmaier den Vorsitz in dem Verein inne. Der Garstner ist 52 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder.

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