Der Landgasthof der Mayrs könnte der älteste Familienbetrieb Österreichs sein

Von Hannes Fehringer   24.März 2014

Vor der Haustüre prangt ein hölzernes Kreuz, das mit Hunderten Eisenkappen geschmückt ist. Als noch Begeisterung herrschte, sich für Kaiser und Vaterland ins Kanonenfeuer zu werfen, schlugen die Untertanen an der Heimatfront Schusternägel in das Brett, je nach Großzügigkeit der Spende für die Kriegsopfer einen größeren Stift. Die russischen Besatzungssoldaten wollten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Relikt aus dem Winter 1914/1915 aus der Wand sprengen, weil sie es für das Wehrmachtskreuz hielten. Aber der Gastwirt Josef Mayr III. wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Zerstörung. "Dann wurde das Kreuz als Kompromiss mit einem Leintuch verhängt", erzählt Josef Mayr IV., der jetzige Seniorchef.

Die Nummerierung der Vornamen ist bei den Mayrs nötig wie bei einem Adelsgeschlecht, wenngleich die Vorfahren Bauern sind. Der Familienstammbaum lässt sich nämlich bis zu einem Michael "Mayr zu Sand Ulreich" zurückverfolgen, der in einer Urkunde aus dem Jahr 1410 als Hausherr auf dem Hof neben der Kirche erwähnt wird. Weil das Urbar der Styraburg im Jahr 1313 aber bereits an besagter Stelle ebenfalls ein Anwesen nennt, ist anzunehmen, dass dort bereits ein Vorfahre von Michael Mayr gelebt hat. Damit wäre der jetzige Landgasthof, der 1864 aus dem Bauernhof hervorging, der älteste Familienbetrieb in ganz Österreich, eine Ehre, die bislang dem Metzger und Hotelier Fritz Gmachl aus Elixhausen bei Salzburg zuteil wird. Einem Steuerbuch des Klosters Nonntal zufolge haben die Vorfahren der Gmachls schon im Jahr 1334 von den anderen Bauern den Zehent an den Lehensherrn eingetrieben.

"Örtliche Historiker und Chronisten haben uns sehr geholfen, unsere Familiengeschichte so weit zurückzuverfolgen", sagt Gastwirt Christian Mayr – übrigens "der Erste", weil es in den Dutzenden Generationen vor ihm noch nie einen Christian gab. Die Erkenntnis, dass die Hauschronik bis ins Jahr 1313 zurückreicht, ist noch so neu, dass die Wirtefamilie die 700-Jahr-Feier verpasst hat. Die Zelebration wird jetzt am 5. April nachgeholt, wo die gesamte Familie in St. Ulrich versammelt wird. Pest, Türkenbelagerung, Napoleon und zwei Weltkriege hat der Hof die Jahrhunderte hindurch überstanden. Die Mayrs waren immer welche, die im Ort etwas zu sagen hatten. Viele Vorfahren waren Bürgermeister.

 

Familienbetrieb mit mehr als 20 Generationen

Michael Mayr ist der Ahnherr der St. Ulricher Wirtefamilie. Sein Name wird 1425 und 1410 urkundlich erwähnt.

Bis 1863 Bauernhof Die große Wende in der Hauschronik führte Josef Mayr II. herbei, der 1864 auf Gastwirt umsattelte.
Bürgermeister Als einer der Bürgermeister der Familie war Josef Mayr III. eine prägende Gestalt. Anfangs von den Nazis überzeugt, war er in der Hitlerzeit Bürgermeister, nach dem Krieg in Glasenbach interniert. 1950 wurde Mayr als VP-Kandidat gewählt und blieb 23 Jahre im Amt.