Als man den Einkauf erstmals per Selbstbedienung erledigen durfte
Das Jubiläum "100 Jahre Supermarkt" wird dieser Tage gefeiert. Was sich in den USA schnell etablierte und Einkaufsalltag wurde, kam in Europa freilich erst mit deutlicher Verspätung an. In Steyr im Jahr 1957.
"Wir waren aber der erste Selbstbedienungsmarkt in Oberösterreich", sagt Max Wild, der dem Spar-Geschäft im Haus Punzerstraße 34 als Marktleiter vorstand. Auf 70 Quadratmetern Verkaufsfläche ließen sich die Kunden nicht mehr über die Budel hinweg bedienen. Sie stellten sich ihren Einkauf selbst zusammen.
Diebin kam mit der Kanne
Die Schwierigkeiten, mit denen sich Wild anfangs konfrontiert sah, gingen nicht von den Kunden aus. Die machten von der neuen Möglichkeit des schnellen Einkaufs eifrig Gebrauch. "Mit den Lieferanten war es aber nicht so leicht", so der heute 82-Jährige. Vieles von dem, was in den Regalen zum Kauf angeboten wurde, musste erst abgepackt werden – Zucker, Mehl, Grieß und ähnliches mehr. "Das haben wir kiloweise oder halbkiloweise in Sackerl abgefüllt und händisch beschriftet." Für das Abpacken seien zwei Mitarbeiter abgestellt gewesen.
Noch schlimmer war es mit der Milch. "Da bin ich jeden Tag nach Garsten gefahren, um sie in der Molkerei in Flaschen abzufüllen", sagt Wild. Es habe mehrere Wochen lang gedauert, bis die Molkerei selbst in der Lage war, Flaschenmilch zu liefern.
Der erste Steyrer Mini-Supermarkt hat schnell auch eine Dame angelockt, die das Wort Selbstbedienung etwas zu wörtlich genommen hat. Wild: "Wir haben gewusst, diese Frau stiehlt bei uns, wir sind ihr aber lange nicht auf die Schliche gekommen." Erst nach einer längeren Serie habe man ihr das Handwerk legen können. "Sie hat sich ihre Milch immer in eine Kanne abgefüllt. Da hat sie auch andere Sachen drinnen versenkt."
Wild hat den Sparmarkt in Münichholz einige Jahre lang geführt. Ursprünglich hätte er im Großhandel eingesetzt werden sollen. "Ich habe für die Selbstbedienung aber extra eine Ausbildung in Deutschland gemacht. Dort hat es eine Schule dafür gegeben."
Wilds Vater hatte Spar nach Österreich geholt. Sein erstes Geschäft war an der Blumauergasse angesiedelt. Die Spar-Tanne in ihrer ursprünglichen Form ist am Haus Nummer 11/13 auch heute noch aufgemalt.
Im Münichholzer Selbstbedienungs-Spar hatte es zwei Kassen gegeben. Die zweite wurde an Freitagen und Samstagen – wenn besonders viel Andrang herrschte – aufgemacht.