Als die Mannen im Boxring erkannten, dass auch Oper eine Art von Kunst ist

Von Kurt Daucher   10.August 2018

Die Bühne: ein echter Boxring. Darin ein Tenor, der sich während seiner Arie mit einem echten Boxer matcht. Ein anderer Sänger hat zuvor eine schweißtreibend schnelle Serie von Liegestützen gezeigt – während des Singens. Und in der Rolle des mächtigen Herrschers Bassa Selim betätigt sich eine Frau – mit einem Männer-Harem: So hat Anna Katharina Bernreitner die Mozart-Oper "Die Entführung aus dem Serail" inszeniert – und massive Begeisterung damit ausgelöst. Die fünf Aufführungen, die im alten Bene-Fabriksgebäude gespielt wurden, waren allesamt ausverkauft und frenetisch beklatscht. Nächstes Jahr soll in Waidhofen wieder ein Projekt der Initiative "Oper rund um" auf die Beine gestellt werden.

Gefragt und gefeiert

Bernreitner: Die Regisseurin ist erst 32 Jahre alt, hat in der Szene aber vor einiger Zeit schon Fuß gefasst. Ihre erste Inszenierung im Theater an der Wien – "Wir befreien Eurydike" – wurde um eine weitere Spielserie verlängert. Soeben hat sie ein Operncamp bei den Salzburger Festspielen geleitet – und mit Jugendlichen im Alter von zehn bis 15 Jahren "Pique Dame" einstudiert. Im Herbst inszeniert sie bei der Jeunesse Wien. In der Folge wird sie am Theater für Niedersachsen, Hildesheim, aktiv.

Als die Mannen im Boxring erkannten, dass auch Oper eine Art von Kunst ist
Anna Katharina Bernreitner

Anna Katharina Bernreitner 

Dass sie Regisseurin wurde, sei fast zufällig passiert, erzählt Bernreitner im Gespräch mit der Steyrer Zeitung. Als Jugendliche – aufgewachsen ist sie in Waidhofen – habe sie noch keine ausgeprägte Affinität zur Oper und zum Musiktheater gehabt. Mit einigen Praktika, die sie während ihres Studiums an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst absolvierte, sei aber das Interesse dafür intensiv geweckt worden.

Was sich Bernreitner als Mitbegründerin von "Oper rund um" ebenfalls auf ihre Fahnen heften kann: Das Projekt, das seit einigen Jahren schon am Laufen ist und mit Opernproduktionen an ungewöhnlichen Orten aufwartet, besteht auch finanziell. Musiktheater ist nämlich personalintensiv und deswegen auch finanziell eine Herausforderung. "Es ist sich dank Förderungen immer wieder ausgegangen – knapp, aber doch."

Die Arbeit mit den Boxern als Statisten sei unerwartet erfreulich verlaufen: "Zunächst haben sie mich noch gefragt, welche Musik da aufgelegt wird, während sie boxen. Im Lauf der Zusammenarbeit haben sie mir aber bestätigt, dass auch Oper eine Art von Kunst ist, nicht nur Boxen." Nach den letzten intensiven Proben hätten die Mannen aus dem Boxclub Greinsfurt wirklich Feuer gefangen für die gemeinsame Sache – auch deswegen, weil die Sänger so intensiv das Boxen trainiert haben. Die Sänger und Sängerinnen, die Bernreitner zusammen mit Raphael Schluesselberg, dem musikalischen Leiter, engagierte, kennt sie zum Teil noch von Studienzeiten. "Wir haben aber auch ein Vorsingen gemacht." Als Orchester war das Vienna Ensemble bei der "Entführung aus dem Serail" mit dabei.

 

Anna Katharina Bernreitner ist 32 Jahre alt und als Musiktheater-Regisseurin aktiv. Aufgewachsen ist sie in Waidhofen. Ihren Beruf hat sie an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst erlernt. Ihr Projekt „Oper rund um“ ist seit 2011 am Laufen. Ihr Regiedebüt am Theater an der Wien feierte Bernreitner 2017 – mit großem Erfolg und zusätzlichen Vorstellungen.

„Oper rund um“ ist eine Initiative, die Opernproduktionen an ungewöhnlichen Orten und mit außergewöhnlichen (Regie-)Konzepten in Szene setzt. 2011 erfolgte der Start mit „Doktor und Apotheker“ (vor der Apotheke in Aschbach). Es folgten unter anderem „Der Barbier von Sevilla“ und „La Bohème“. Im Vorjahr wurde im Hof des Waidhofner Schlosses Rothschild „Don Giovanni“ gezeigt.