"Habe meinen Vater umgebracht" - 18 Jahre Haft
STEYR. Weil er am Faschingsdienstag seinen 78-jährigen Vater in Enns (Bezirk Linz-Land) erwürgt haben soll, musste sich am Dienstag im Landesgericht Steyr der Sohn wegen Mordes verantworten. Das Urteil: 18 Jahre Haft.
Der 43-Jährige bekannte sich nicht schuldig im Sinne der Anklage, sondern nur wegen Totschlags. Vorsätzlich erwürgt habe er den Senior nicht, meinte er. Gegen 17.50 Uhr fällte am Dienstag das Geschworenengericht das einstimmige Urteil: 18 Jahre Haft. Mildernd wertete das Gericht die Unbescholtenheit des Angeklagten und den Umstand, dass sich der Angeklagte selbst gestellt hat, erschwerend die Tat gegen einen Angehörigen.
Der Angeklagte erhob unmittelbar nach der Urteilsverkündung Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung, der öffentliche Ankläger meldete Strafberufung an. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.
Was am 25. Februar passierte
Am 25. Februar dürfte es über die medizinische Pflege der dementen Mutter wieder einmal Unstimmigkeiten gegeben haben. Der Sohn kam am Abend aus Linz in das elterliche Wohnhaus nach Enns. Als der Vater sich von ihm weggedreht habe, "fasste er ihn an der Schulter, drehte ihn zu sich und drückte zu", beschrieb Staatsanwalt Andreas Pechatschek. "Die Kehlkopfhörner wurden gebrochen und es kam zu Staublutungen in den Augen", zitierte er aus dem gerichtsmedizinischen Gutachten. Der Sohn wandte "massive, erhebliche Gewalt an".
Erst im Nachhinein habe er die Tötungsabsicht geleugnet, so Pechatschek. Doch für den Ankläger stand ein Mord außer Streit: "Hätten Sie mit bloßen Händen ihren leiblichen Vater getötet, nur weil es Unstimmigkeiten wegen der Betreuung geben hat?", fragte er die Geschworenen.
Vater als Tyrannen beschrieben
Verteidiger Karl Puchmayr, ein Bekannter der Familie, malte ein ganz anderes Bild. Er beschrieb den Vater als Tyrannen, unter dem vor allem die Mutter und der Angeklagte jahrelang gelitten haben. Am frühen Abend des Faschingsdienstages habe er von seinem Mandanten eine Nachricht aufs Handy erhalten, dass er sich bitte dringend melden solle, was er jedoch nicht getan habe. Wenig später kam die Nachricht: "Habe meinen Vater umgebracht".
Der Angeklagte meinte dann am Dienstag vor Gericht, "ich habe ihn nicht erwürgt". Er habe "im berauschten Zustand" massiv mit dem Ellenbogen eine Attacke des Vaters abgewehrt. Er sei zuerst von diesem angegriffen worden, weshalb der damals 42-Jährige in Rage geraten sei. Dann habe er sich "solange gewehrt, bis der Vater sich nicht mehr gerührt hat", schilderte er den Tathergang. "Heute erzählen sie uns eine ganz andere Geschichte", meinte Richterin Christina Forstner.
"Er hat nur Autos geliebt"
Seit 2011 habe sich nach seinem Burnout das Verhältnis zum Vater weiter verschlechtert, Unterhaltsforderungen wurden vor Gericht ausgestritten, holte der Angeklagte aus. Der Sohn habe auch versucht, sich mit einem Medikamentencocktail das Leben zu nehmen, machte eine Therapie. Eigentlich habe er nur "einen wertschätzenden Umgang von seinem narzisstischen Vater gefordert" - auch seiner Mutter gegenüber. Doch dieser habe nur "Autos geliebt".
In all den Jahren will der Sohn den Eindruck gewonnen haben, dass der Senior "die Mutter bewusst krank machen wollte, damit er sie bald los habe", erhob er schwere Vorwürfe. Mitleid oder Reue wegen der Tat am Faschingsdienstag zeigte der Angeklagte nicht, der laut psychiatrischen Gutachten zurechnungsfähig war. Ein Urteil ist für den Abend geplant.
Kastner attestierte Zurechnungsfähigkeit
Bevor sich am Nachmittag im Mordprozess im Landesgericht Steyr die Geschworenen zur Urteilsfindung zurückzogen, war noch der Gerichtsmediziner Harald Meyer am Wort. Angesichts der vielen massiven Verletzungen am Hals sei das Opfer "mit ganz erheblicher Intensität gewürgt worden". Laut dem Grad von Einblutungen sei "über eine lange Zeit mit zunehmender Gewalt" mit den Händen zugedrückt worden, stellte er klar.
Die Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner stellte bei dem Angeklagten ein narzisstisches Verhalten fest. Er würde die Schuld immer bei anderen suchen. Seine depressiven Stimmungen würden daher rühren, dass eine Diskrepanz zwischen persönlicher Erwartungshaltung und dem im Leben Erreichten bestehe, so Kastner. Zurechnungsfähig sei er jedoch zum Zeitpunkt der Tat gewesen.