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Semmelweis-Bande: "Wir waren doch nur spazieren"

01.Juli 2020

Mit Handschellen, gesenktem Haupt und Gesichtsmasken standen sie gestern vor dem Schöffensenat am Landesgericht. Monatelang sollen die sieben Jugendlichen mit türkischen Wurzeln in Linz, Asten und Traun Angst und Schrecken verbreitet haben, die OÖN berichteten. Äußerst brutal sollen sie vorgegangen sein, vor Gericht glänzten sie gestern mit Erinnerungslücken.

"Wir waren doch immer nur spazieren", lautete die Antwort der Jugendlichen auf die Verlesung der Anklagepunkte. "Dass die Burschen zwischen 15 und 17 Jahren aber unter ,spazieren’ etwas ganz anderes verstehen, stellte sich erst im Laufe der Verhandlungen heraus", sagte Staatsanwältin Renate Lachberger in ihrem Plädoyer. "Für die Angeklagten bedeutet ,spazieren’, Schwächere mit vorgehaltenem Messer zu bedrängen und auszunehmen."

Zeuge festgenommen

Der Terror, den die Burschen, allen voran ihr Anführer, "Präsi" Muhammed C. (15) , verbreitet haben sollen, hallte auch im Gerichtssaal nach. Zeugen widerriefen ihre Aussagen, behaupteten, dass sich die Vorfälle nicht wie zuvor beschrieben abgespielt hatten, und konnten sich an nichts mehr erinnern.

"Ich komme mir vor wie in einem amerikanischen Gangster-Film, in dem die Angeklagten mit allen Mitteln versuchen, die Zeugen mundtot zu machen", sagte Lachberger. Für einen der Zeugen klickten im Gerichtssaal sogar die Handschellen. Er hatte die Anschuldigungen, die er bei der Polizei gegen einen der Angeklagten erhoben hatte, vor Gericht zurückgenommen. In der Zwischenzeit hatte der Beschuldigte die Taten allerdings schon gestanden. Gegen den Zeugen wird nun wegen des Verdachts auf Falschaussage ermittelt.

Auf ihre Bande angesprochen – der Name Semmelweis-Bande rührt von der Linzer Semmelweissstraße her, in der zwei der Junggangster wohnten –, gaben die Angeklagten an, nichts von einer Bande zu wissen. Sie seien bloß ein paar Freunde. "Es gab auch keinen Chef. Ich bin mein eigener Chef, bei uns hat niemand Druck gemacht", sagte einer der Jugendlichen. Der Anführer Muhammed C. soll zudem eine 13-Jährige zu sexuellen Handlungen auf einer öffentlichen Toilette gezwungen haben. Anfangs seien die Handlungen noch einvernehmlich gewesen, doch dann habe er sie laut Anklage auch gezwungen, mit einem anderen Bandenmitglied zu schlafen. Ansonsten würde er Nacktfotos und ein Video von ihr veröffentlichen – vom Video fehlte zu Prozessbeginn jede Spur.

Die Verteidigung der sieben Angeklagten bat um ein mildes Urteil. Es sei nicht möglich, dass 15- bis 17-jährige Burschen so viel Angst und Schrecken verbreiten. Zudem hätten sie nicht die Absicht gehabt, eine kriminelle Vereinigung zu gründen. Nach der stundenlangen Verhandlung zogen sich die Schöffen gestern Nachmittag zurück. Bei Redaktionsschluss war noch kein Urteil bekannt. (mis)

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25. April 2024